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Bad Königshofen
Artenvielfalt bewahren und Sortenarmut bekämpfen
Einkorn und Emmer baut Ökolandwirt Armin Knauf an, er hatte auch Linsen sowie Gelbmehlweizen und Rotkornweizen mitgebracht. Im Hintergrund stehen für die Diskussion bereit (von rechts) Projektmanagerin Corinna Ullrich, Fachberater Bernhard Schwab und Öko-Bauer Gerd Jugenheimer.
Foto: Regina Vossenkaul | Einkorn und Emmer baut Ökolandwirt Armin Knauf an, er hatte auch Linsen sowie Gelbmehlweizen und Rotkornweizen mitgebracht.
Regina Vossenkaul
Regina Vossenkaul
 |  aktualisiert: 14.01.2019 02:19 Uhr

 Bestens besucht war die Filmvorführung "Unser Saatgut - Wir ernten, was wir säen", zu der die Ökomodellregion Rhön-Grabfeld mit Projektmanagerin Corinna Ullrich ins Kino in Bad Königshofen eingeladen hatte. Sie begrüßte dazu auch Landrat Thomas Habermann und Bernhard Schwab, Fachberater für Ökolandbau vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

Der Landrat bedankte sich bei der Familie Hahn, dass die Vorführung dieses besonderen Films in ihrem Kino möglich ist und bei Projektmanagerin Ullrich, die die Ökomodellregion mit Leben erfüllt. Artenvielfalt sei existenziell, so der Landrat. Es sei jedes Mal wie ein Wunder, wenn aus einem kleinen Samenkorn eine neue Pflanze entsteht. Er dankte allen Landwirten, die sich für den Erhalt der Artenvielfalt einsetzen.

Im Film wechselten sich wunderschöne Naturaufnahmen mit erschreckenden Bilanzen ab. Von 158 Sorten Blumenkohl gibt es noch neun, von 34 Sorten Artischocken noch zwei. "Diversität ist wie ein Schutzwall zwischen dem Menschen und einer Hungersnot", hieß es im Filmtext. Am Beispiel der extremen Hungersnot in Irland aufgrund von Missernten bei einer bevorzugten Kartoffelsorte, ist das nachzuvollziehen. Neuere Beispiele sind Landwirte in Südamerika und Indien, die sich für den Erwerb der mehr Ertrag versprechenden Hybridsamen verschuldeten und nach Missernten Suizid begingen, weil sie ruiniert waren. Aufgezeigt wurde im Film, wie überlebenswichtig Saatenbanken sind und wie sehr regional erzeugte Samen den örtlichen Bedingungen angepasst sind. Da wachsen sogar Kürbisse in Wüstengegenden und bestimmte Maissorten kommen mit sehr wenig Niederschlag aus.

Es waren Bauern, Wissenschaftler, Anwälte und südamerikanische Ureinwohner zu sehen, die sich gegen Biotech-Konzerne wie Syngenta und Bayer/Monsanto und deren genetisch verändertes Saatgut stemmen und sich mit ganzer Kraft für die Samenvielfalt einsetzen. Gezeigt wurde auch die Enttäuschung eines Biobauern, dessen Felder durch den Anbau von genveränderten Pflanzen in der Nachbarschaft kontaminiert wurden. "Es können Genveränderungen vorgenommen, aber nicht mehr gestoppt werden", war die einleuchtende Botschaft und viele der Anwesenden dachten an dieser Stelle wohl an den eigenen Landkreis, der sich "gentechnikfrei" nennen darf.

In der sich anschließenden Diskussion berichtete Ökolandwirt Armin Knauf aus Bad Rodach von seinem Anbau der alten Getreidesorten Emmer und Einkorn. Er sieht sich als Hüter der Pflanzen und Tiere und baut seit 35 Jahren seltene Sorten an. Als Neujahrsgeschenk überreichte er dem Landrat eine Tüte mit Bio-Linsen, die einerseits Geld bedeuten und andererseits der Gesundheit dienen.

Landwirt Gerd Jugenheimer aus Bad Rodach befasst sich auf seinem Hof mit Erbsen und Dinkelsorten sowie alten Weizensorten, der Hoffnung vieler Menschen, die gegen Gluten allergisch sind und diese Sorten besser vertragen. Es sei allerdings schwierig, Bäcker zu finden, die sich darauf einlassen, so Jugenheimer. Karl-Heinrich Weber, Bio-Bauer aus Wülfershausen, berichtete, dass das Problem Sortenarmut die Viehbestände ebenfalls treffe. Er sucht momentan vergeblich nach einem Gelbvieh-Zuchtbullen. Im Gegensatz zu den Zuständen in Südamerika habe man hier noch relativ viel Freiheit anzubauen was man will, gab er zu bedenken. Jeder sollte sich einbringen und möglichst viele alte Sorten erhalten.

Fachberater Schwab bedauerte, dass der Film den europäischen Raum nicht behandelt. Man erlebe hier ebenso den Schwund an Vielfalt und auch an Menschen, die sich dagegenstemmen. Er sieht aber gute Ansätze, die Biodiversität wieder voranzubringen. Was kann der Einzelne tun? Eva Maria Warmuth riet dazu, sich zu vernetzen, zum Beispiel mit der Bingenheimer Saatgutgemeinschaft. Die noch vorhandenen Obstbaumsorten sollten erhalten bleiben, meinte Ullrich. Auch die Gartenbesitzer sollten samenfeste Gemüse- und Blumensorten verwenden, hieß es. Eingeladen wurden alle Anwesenden, sich an dem Volksbegehren "Artenvielfalt-Rettet die Bienen" zu beteiligen.

Die Filmvorführung wird im Kino Bad Königshofen am 15. Januar, 20.15 Uhr, ohne Rahmenprogramm wiederholt.

 
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