Wenn er von den Hohenröther Seen, der Lehmgrube in Unsleben oder vom HaWeGe-Teich spricht, dann könnte man meinen, er wäre nie weggewesen. Doch den Bad Neustädter Prof. Dr. med. Jens Waschke zog es nach München. Sein Spezialgebiet ist die Anatomie des Menschen. Warum ist das für ihn so spannend und warum sollte jeder Mensch eine Kfz-Lehre machen? In seinem neuen Buch geht er diesen Themen auf den Grund.
Zum Alltag von Jens Waschke gehören Zellkontakte und epitheliale Barrieren, die Regulation der Endothelbarriere sowie die Pathogenese des Pemphigus und die Zelladhasion in Kardiomyozyten. Einfacher gesagt: Die Anatomie des menschlichen Körpers und die Lehre vom inneren Bau der Organismen. Als Spezialist auf diesem Gebiet lehrt er als Professor an der LMU München und erhielt für seine Publikationen zahlreiche Auszeichnungen. Um dieses komplexe, aber auch für jeden Menschen "natürliche" Thema der Anatomie zugänglicher und verständlicher zu machen, veröffentlichte Waschke nun ein Buch. Unterhaltsam, einfach und begreifbar.
Ein echter "Neuschter"
Der Grundstein für die steile Karriere von Jens Waschke wurde in der Rhön gelegt. Von der dritten Klasse an bis zum Abitur lebte der heute 45-Jährige in Bad Neustadt und bezeichnet sich selbst heute noch als "Neuschter". "Immer wieder zog es mich als Kind an die Hohenröther Seen und den HaWeGe-Teich. Dort suchte ich Ringelnattern und Frösche – beschäftigte mich mit den Tieren." Nach seinem Abitur 1994 ging es dann für das Medizinstudium und darüber hinaus für 17 Jahre nach Würzburg, wo er auch promovierte. Seit 2011 ist er Vorstand des Lehrstuhls der anatomischen Anstalt der LMU in München.
Anatomie zwischen Locke und Socke
Medizinische Bestseller wie "Darm mit Charme" oder "Die Leber wächst mit ihren Aufgaben" veranlassten Waschke, die menschliche Anatomie, zugänglicher zu machen und sein Wissen selbst in einem Buch weiterzugeben. Nicht nur an die Mitarbeiter des Lehrstuhls oder an die Studierenden. "Um wirklich überleben zu können, sollte eigentlich jeder Mensch eine KFZ-Ausbildung, eine Banklehre und ein Medizinstudium absolvieren", sagt Waschke nicht ganz ernst gemeint. "Natürlich ist mir bewusst, dass das nicht geht, aber bei diesen Themen ist man immer auf die Beratung anderer angewiesen und hat selbst eigentlich keine Ahnung. Deshalb habe ich mein Buch 'Mensch - einfach genial: Die Anatomie zwischen Locke und Socke' veröffentlicht. Ich will, dass die Menschen ihren eigenen Körper besser verstehen und sich selbst Gedanken machen können, wo die Ursache für etwaige Krankheiten und Schmerzen liegen kann. Wenn man weiß, wie viele Nieren man im Körper hat und wo die Leber sitzt, kann man das ein oder andere schon ausschließen, zumindest aber vielleicht ein bisschen nachvollziehen warum und wo es gerade zwickt."
Deshalb hat Waschke die wichtigsten Krankheiten aufgelistet wie in einem Anatomiebuch. Jedoch nicht staubtrocken, sondern unterhaltsam und lehrreich zugleich. "Mir war es wichtig, die Allgemeinheit über den menschlichen Körper aufklären, Krankheiten zu verstehen, und zu zeigen, was die Anatomie eigentlich tut. Ich will auf einfache Art und Weise zu einer gewissen Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung beitragen und einen Gesamtüberblick über den Körper geben. Nicht nur Darm, Haut oder Hirn betreffend, sondern den Körper komplett – auf 346 Seiten."
Glashaus-Partys sind Pflicht
Wenngleich für Professor Waschke, berufsbedingt durch seine Spezialisierung und die Bindung an Unistädte, eine Arbeit (etwa am Campus in Bad Neustadt) nicht möglich ist, hat er seine Heimat in bester Erinnerung. "Ich habe in der Rhön meine Eltern, meine Schwiegereltern und auch noch meinen Zweitwohnsitz. Mit meiner Familie komme ich mehrmals im Jahr zurück nach Neustadt und die Glashaus-Partys am ersten Weihnachtsfeiertag sind für mich, meine Freunde und Mit-Abiturienten jedes Jahr Pflicht. Das Schönste ist bei meiner Rückkehr in die Heimat aber, dass ich mit meinen zwei Söhnen die Rhöner Natur an den Hohenröther Seen und der Lehmgrube in Unsleben erleben darf. Da kommen für mich Kindheitserinnerungen hoch und meine eigenen Kinder können das gleiche Landleben wie ich erfahren, welches in München in dieser Form einfach nicht möglich ist."
Der Rhöner ist nicht groß, aber schön
Bei der Frage, ob denn der klassische Rhöner auch irgendwelche anatomischen Besonderheiten habe, muss Waschke schmunzeln. "Ich würde sagen, dass der Rhöner an sich nicht gerade groß gewachsen ist, eher kleiner. Keine heroische Erscheinung. Ich will nicht sagen untersetzt. Dafür sieht er aber wahnsinnig gut aus", sagt Waschke lachend. "Aber das liegt ja dann nicht mehr in meinem wissenschaftlichen Aufgabenbereich, sondern im Auge des Betrachters."