Wenn Toni Hillenbrand, Simon und Wilhelm Söder sowie Willi Wolf von der Zeit der 1960er Jahre berichten, kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Damals hieß die Musikkapelle noch St. Cäcilia Waldberg. Erst einige Jahre später wurde sie in Rhönmusikanten umbenannt.
Schmunzelnd erzählt Vorsitzender Edmund Bühner, dass nicht nur die Waldberger Musikanten vor 200 Jahre gegründet wurden, sondern auch der Rosenmontagszug in Köln erstmals 1823 stattfand. Am 18. März 1823 war es, dass der Lehrer Franz Xaver Ziegler mit Unterstützung der Gemeinde Waldberg einen Musikantenchor mit 21 Mitgliedern aus der Taufe hob. Man schloss sogar einen Vertrag mit der Gemeinde. Dieser Vertrag in akkurater altdeutscher Schrift ist heute noch vorhanden. Wie es die Statuten des Vertrags von 1823 sagen, werden bis heute kirchliche und weltliche Feste und Feiern begleitet.
"Waldberg war und ist als Pflegestätte edler Volks- und Unterhaltungsmusik und über den heimatlichen Raum hinaus bekannt," sagt Zweiter Vorsitzender Christian Krapf. Vorsitzender Edmund Bühner erinnert an die Nachkriegszeit, als es mit Unterstützung der erfahrenen Musiker Ludwig Hillenbrand, Erhard Söder und Rudolf Bühner gelang, Jungmusikern zu begeistern. Alfons und Oswald Arnold, Anton Metz, Eugen Ziegler, Wilhelm Krebs, Ottmar, Siegfried und Eduard Bühner, Otto Weisenseel, Ludwig Seufert, Emil Hacker verhalfen der Kapelle zu neuem Glanz.
Promusica-Plakette und Goldmedaille
1961 entstand unter Simon Söder aus den 13 Musikern eine Kapelle, die in den kommenden Jahren weithin bekannt wurde und 1974 mit der Promusica-Plakette des Nordbayerischen Musikbundes ebenso erhielt wie die Goldmedaille am weiß-blauen Band.
Doch zurück zu den Anfängen: Bereits beim Durchlesen des Vertrags ist fast eine gewisse Schlitzohrigkeit der Waldberger zu entdecken, wenn es heißt: "Sollte ein musikalisches Mitglied mit dem Tode abgehen, so ist das sämtliche Musikantenchor hiermit verpflichtet, den Leichnam des abgelebten Mitgliedes unentgeltlich in das Grab zu spielen, wo jedoch nach dem Begräbnis von den Eltern oder Freunden des Verstorbenen 1 Maß Branntwein und 1 Laib Kornbrot in das Musikantenchor zu verabfolgen ist."
Geprobt wurde in der Anfangszeit meist zu Hause beim Dirigenten. Erst in den späteren Jahren verlegte man die Proben in den Schulraum, sagt der heute 88-jährige Simon Söder. Toni Hillenbrand weiß noch, dass man nicht im Sitzen, sondern im Stehen probte. Die Erklärung lieferte Wilhelm Söder: "Da standen ja die alten Schulbänke und da konnte man nicht im Sitzen spielen, deshalb standen wir neben den Bänken." Die Waldberger kamen schon damals weit herum. So war man beim Wertungsspiel in Zirndorf, spielte in Bergrheinfeld oder auch im Hessischen. Gefahren wurde mit einem Bus "und ohne Navi", lachen die Waldberger. Die Route musste der Busfahrer wissen.
Ernst Rehn spielte Schlagzeug und fuhr den Bus
Der Name Ernst Rehn kommt ins Spiel, der in der Kapelle das Schlagzeug spielte, und der dann immer den Bus fuhr. "Wir waren mit dem Bus in Hintertux und haben nicht bemerkt, dass man hier gar nicht mit dem großen Bus rauffahren darf." Die Geschichte vom Frankfurter Flughafen kommt ins Gedächtnis, als man im Kreisverkehr fuhr und immer wieder die Ausfahrt verpasste. Jedes Jahr gab's am Vatertag den gemeinsamen Ausflug, der führte meist nach Österreich.
Die Musiker hatten teils aber auch Stress, denn viele spielten in der örtlichen Fußballmannschaft. "Beim Massenchor waren wir dann nicht mehr dabei, weil wir ja zum Fußballspiel mussten." Was durch die Busfahrten belebt wurde, war nicht nur die gute Kameradschaft, sondern auch das Volkslied. "Was haben wir im Bus alles gesungen, Lieder, die die Jugend heute gar nicht mehr kennen wie ,Unter Erlen, meine Heimat' und was es so alles gab,"
Ehefrauen der Musikanten alle aus Waldberg
Auch wenn die Waldberger viel unterwegs waren, die Ehefrauen kamen allesamt aus Waldberg. "Wir hatten ja gar keine Zeit, andere Mädchen kennenzulernen, weil wir nach dem Musikspiel gemeinsam nach Hause fuhren und in der Kapelle gab's damals keine Frauen", lacht Willi Wolf. Simon Söder, heute 88 Jahre, war ein musikalisches Allroundtalent, denn er dirigierte nicht nur die Waldberger, sondern spielte auch die Orgel in der Ortskirche. Auch wenn es tags zuvor oft früh wurde, fehlte er nie auf der Orgelbank," sagt Christian Krapf.
Die Waldberger waren übrigens die erste Musikkapelle, die mit einem Gesangsduo, Theo Kirchner und Gertrud Wehner aus Stangenroth, auftraten. Diese Auftritte waren musikalische Höhepunkte in der Geschichte der Rhönmusikanten. "Sogar gejodelt wurde bei uns," wirft Simon Söder lachend ein.
Nach wie vor sind die Waldberger noch eigenständig und mussten sich nicht aus Nachwuchsmangel mit anderen zusammenschließen. Das dürfte auch am Dirigenten Markus Arnold liegen, der bei größeren Auftritten andere, ihm bekannte Musikanten dazu nehmen kann.
Bis heute ist es aber die Kameradschaft, die die Waldberger Musikanten zusammenhält. Sie sind fest im Dorfleben integriert und so ist es für sie kein Problem, ein großes Fest auszurichten. "Da helfen dann alle im Dorf zusammen." Übrigens ein Höhepunkt des Festes war die Einladung zum Bayerischen Rundfunk in die Sendung BR-Heimat, die man mit den Interviews als Podcast noch nachhören kann.