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BISCHOFSHEIM
Als Filmen noch Handarbeit war
Wie der Vater so der Sohn: Hans-Peter (links) hat mit seiner digitalen Filmkamera die Super-8-Filme seines Vaters Peter Schonder abgefilmt. Seit einigen Jahren stellt er seine Filme bei Youtube ins Internet. Die Ausrüstung von Hans-Peter passt in eine Hand, Peter Schonder braucht einen großen Koffer, um alle Bänder und Geräte unter zu bringen.
Foto: Barbara Enders | Wie der Vater so der Sohn: Hans-Peter (links) hat mit seiner digitalen Filmkamera die Super-8-Filme seines Vaters Peter Schonder abgefilmt. Seit einigen Jahren stellt er seine Filme bei Youtube ins Internet.
Von unserer Mitarbeiterin Barbara Enders
 |  aktualisiert: 26.04.2023 17:54 Uhr

Genau sieben Meter fünfzig lang und 16 Millimeter breit war das Material, aus dem Peter Schonder einst Zeitdokumente schuf. Heute sind diese teilweise im Internet auf www.youtube.de zu sehen, denn Sohn sein Hans-Peter tritt in die Fußstapfen seines Vaters.

Aber der Reihe nach! Wer dieser Tage auf der bekannten Internetplattform vorbei schaut und den Suchbegriff „Rhön“ eingibt, wird schon unter den ersten Ergebnissen wahrhaft Historisches finden: Rosenmontagsumzug in Bischofsheim von 1966.

Amüsant anzuschauen und teilweise mit großem Wiedererkennungswert! Interessant, wie die Böschemer vor einem knappen halben Jahrhundert Fasching feierten, doch wer hat solche Dinge damals im Bild festgehalten?

Hans-Peter Schonder kam als Heranwachsender mit dem Medium Film in Berührung. Ende der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts kaufte er seine erste Filmkamera beim damaligen Fotoladen Engelhardt in der Bischofsheimer Schwedenstraße. Ein teurer Spaß war das Filmen, kostete doch eine Filmrolle „Doppel-8“, die gerade einmal 7,50 Meter Länge hatte, den stolzen Preis von 13 Mark. „Da wurde nicht so einfach mal drauflosgefilmt“, berichtet Peter Schonder von seinem Hobby. „Jeder Film wurde im Voraus geplant, das Material war teuer!“

Und es reizte ihn Manches im Film festzuhalten, so auch die Rosenmontagsumzüge, bei denen er eigentlich als Elferrat auf dem Prinzenwagen mitfahren sollte, aber lieber von der hohen Mauer gegenüber des Postamtes seine Eindrücke festhielt. „Beim Kameraschwenk musste man die Belichtung noch per Hand nachregulieren“, erinnert er sich.

War eine Filmrolle voll, wurde sie zum Entwickeln ins Kopierwerk geschickt. Vor der Entwicklung besaß der Filmstreifen eine Breite von 16 Millimetern, danach maß der zugeschnittene Film noch acht Millimeter, daher leitete sich der Name „Doppel 8“ ab. Die entwickelten Filme klebte Peter Schonder mittels einer kleinen Schneidemaschine aneinander, bis sie eine Spieldauer von etwa 15 bis 20 Minuten hatten. So konnte der Preis für einen fertigen Film schon einmal 60 Mark betragen, für damalige Verhältnisse viel Geld.

Später wurde dann der erste Urlaub mit seiner Frau Leni dokumentiert. Die Filmtechnik für den Hausgebrauch entwickelte sich weiter, die bewegten Urlaubsbilder, die ursprünglich reine Stummfilme waren, konnten jetzt sogar vertont werden. Während Peter Schonder das Tonband mit dem Filmgerät koppelte, bereitete Leni Schonder die akustische Untermalung vor: „ Mit zwei Tassen schöpfte ich kräftig Wasser aus einer Schüssel und simulierte voller Eifer Meeresrauschen am Strand“! Dass sie dabei immer kräftig über den Schüsselboden kratzte, hörten die Schonders erst, als sie den Film im Familienkreise zeigten. Somit sorgen sie bei Vorführungen auch heute noch regelmäßig für Lacher, wenn sie ihre Anekdoten erzählen.

Natürlich filmten Schonders auch den Neubau des Wohnhauses oder die bayrischen Meisterschaften im Skispringen am Kreuzberg. Als dieser Filmstreifen vom Entwickeln kam, ärgerte sich Peter Schonder über seine Fahrlässigkeit, hatte er doch ein einziges Mal versäumt, vor den Filmaufnahmen die Kamera zu überprüfen. Ein schwarzer Fusel hing an der Linse und verdeckte den größten Teil des Bildes, was beim Abspielen für eine schwarze Leinwand sorgte.

Als das erste Kind zur Welt kam, schafften sich die Schonders eine bessere Kamera an, mittlerweile war der Super-8-Film auf dem Markt. Im Kindergarten filmte Peter Schonder, der seit vielen Jahren in der Verkehrswacht aktiv ist, sogar eine Lektion Verkehrserziehung im Spielhof, wobei ein Dreikäsehoch mit Kelle und Mütze als Verkehrspolizist die Stellung hält.

Doch wie kamen diese Filmchen ins Internet? „Durch die Werbung“, erklären die Schonders lächelnd. Ihre Kinder schauen sich die Filme immer wieder gerne an und als das Prospekt einer Firma mit Digitalisierungsangebot ins Haus flatterte, ergriff Sohn Hans-Peter die Initiative. Der Preis für das Umwandeln in computerfähiges Datenformat erschien ihm zu hoch und so baute er seine moderne kleine Digi-Cam neben dem alten Filmprojektor auf und filmte die Streifen einfach ab.

Der Weg ins Internet war nun nicht mehr weit, da Hans-Peter schon seit einiger Zeit seine Dokumentationen bei Youtube als User „rhoen112“ präsentiert. Mittlerweile sind 145 seiner Produktionen dort zu sehen.

Begonnen hat alles mit den Aufnahmen von Blitzen am Nachthimmel. Regelmäßig dokumentiert er im Winter den Schnee der Kreuzberger Skiabfahrten, im Sommer die Touren der „Kreuzbergritter“, Übungseinsätze der Feuerwehr oder auch mal den Einblick ins Vogelfutterhäuschen im Zeitraffer.

Einen alten Film seines Vaters stellte er seinen neu gedrehten gegenüber. Peter Schonder filmte 1966 eine Druckmaschine Baujahr 1933 in Aktion. Sohn Hans-Peter, der ebenfalls in der Familiendruckerei arbeitet, nahm die König & Bauer nach zehn Jahren Stillstand erneut in Betrieb.

Wer sich diese Kurzfilme oder andere wie etwa den diesjährigen Faschingsumzug im Zeitraffer anschauen möchte, sucht im Internet: www.youtube.com/user/rhoen112

 
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