Werner Kirchner aus Rödelmaier begann 1954 eine Lehre als technischer Zeichner. 46 Jahre war er bei Preh, zuletzt als "Pianist", wie Kollege Heinz Werner schmunzelnd die Arbeiter - sich eingeschlossen - von PIA (Preh Industrie Ausrüstungen) nennt. Der Mühlbacher kam 1958 als Maschinenschlosser-Lehrling zu Preh, seit Oktober 2003 ist er in Rente.
Auto-Winker demontiert
"Ich hatte damals viel Glück gehabt, als ich unter vielen Bewerbern meinen Ausbildungsplatz bekam", erinnert sich Heinz Werner. Und daran, dass er als Stift noch Puppenformen polieren musste - "das war eine echte Strafarbeit!" Kirchner kontert: "Als erste produktive Arbeit bei Preh durfte ich aus den Lagerbeständen noch Auto-Winker demontieren." Die seien dann woanders in der Produktion verwendet worden - wirtschaftliche Notwendigkeiten in den 60er Jahren, übrig geblieben aus der Gründerzeit, als Leutnant Jakob Preh in der Kegelbahn und im Tanzsaal des "Schmitt'schen Gartens" 1919 sein Unternehmen aufbaute.
Kirchner und Werner erinnern sich noch gut an den Chef der Lehrwerkstatt, Ferdinand Rüb, auf dessen Beerdigung sie sich erst am Donnerstag getroffen haben. Aber auch an ihre Meister, vor allem an Ernst Gessner. "Das war unser Kapitän! Da hieß es immer: 'Auf mein Kommando, alle an die Schrupp-Feilen!'"
Die beiden Rentner sprechen voller Achtung von ihren Ausbildern: "Sie waren hart, aber gerecht." Respekt den Vorgesetzten gegenüber war Formsache. "Als wir am Freizeitgelände Pause machten und Agnes Preh ging im Garten spazieren, haben wir alle artig gegrüßt", erzählt Werner aus der guten, alten Zeit, in der die Werkskapelle noch einmal im Monat Mittags ein Ständchen gespielt hatte.
Die gute, alte Zeit. Neben den Produkten für die Rundfunk-Industrie, produzierte Preh auch Puppen aus Polystrol, Spielzeugmotoren und Geschicklichkeitsspiele. Dieses Teilprogramm wurde aber gestrichen, als das Fernsehen Mitte der 60er Jahre seinen Siegeszug begann. Die Beschäftigtenzahl stieg auf über 2000 (1957) und drei Jahre später auf 4500. 101 deutsche und 60 ausländische Patente hatte die Entwicklungsabteilung von Preh zwischen 1948 und 1969 erteilt bekommen. Zweigwerke wurden in Arnstein (1952), Gemünden (1958), Bischofsheim (1960), Wülfershausen (1962) und Schweinfurt (1968) errichtet.
In dieser Zeit kamen auch die ersten Gastarbeiter aus Süditalien. "Das waren kleine, tüchtige Kerle. Einen gab es, der hat alle Akkorde gebrochen und drei Maschinen gleichzeitig bedient", weiß Heinz Werner noch ganz genau. Sein Kollege Kirchner erinnert an die Zeit, als der Betrieb 69/70 ein eigenes Wohnheim für 250 Gastarbeiter errichtet hatte: "Nach den Italienern kamen die Griechen, dann die Jugoslawinnen, später fuhr Direktor Angermeier selbst in die Türkei, um dort Mitarbeiter anzuwerben - alles tüchtige Leute, die gebildet waren und schnell deutsch gelernt haben." Integrationsprobleme? Keine!
Ein Monatslohn als Prämie
Vielleicht war das auch am Betriebsfest zum 50-jährigen Jubiläum gelegen. In Gedanken daran geraten die beiden "Preh-Pianisten" noch immer ins Schwärmen. Da schütteten die Preh-Werke 2,2 Millionen Mark Jubiläumsprämie aus - je Mitarbeiter etwa einen Monatslohn. "Zum Fest ist eigens die Hähnchenbraterei vom Münchener Oktoberfest angekarrt worden und es gab immer frisches Bier", schwelgt Werner in Erinnerungen.
Aus dieser Zeit, in der bereits im Dreischicht-Betrieb gearbeitet wurde, stammen viele soziale Errungenschaften. "Die Motorrad-Fahrer bekamen einen weißen Helm mit schwarzem Preh-Logo. Bis 1978 gab es Erholungsmaßnahmen in Fuschl für die Belegschaft", erzählt Heinz Werner. Kirchner ergänzt die Familienzuwachshilfe: "Agnes Preh hat damals noch selbst geholfen, bei Geburten und Weihnachten die Päckchen für die Kinder einzupacken."
Aber es gab auch schlechte Zeiten. "Wenn die allgemeine Konjunktur schlecht war, ging es uns gut; wenn sie gut war, hatte die Firma Preh immer zu kämpfen", erzählt Werner vom Antizyklus seiner Firma. So 1982, als eine große Entlassungswelle anstand. "Wir haben danach alle ein Kreuzzeichen gemacht, dass es uns nicht getroffen hat!" Bei der zweiten Welle im Jahre 1994 habe es gute Abfindungen gegeben. "Damals war die Firma bei Altersteilzeit und Gleitzeit führend", so Kirchner.
In diesem Zusammenhang fällt im Gespräch immer wieder der Name Dr. Bonrath. Er ist beiden unter den vielen Direktoren-Namen - von Dreikorn über von der Osten-Sacken bis zu Konrad - am besten in Erinnerung. "Wenn Rosemarie Preh und Dr. Bonrath damals nicht gewesen wären, gäbe es die Firma nicht mehr", sind sich beide sicher.
Werner und Kirchner geben Preh auch gute Chancen für das 100-Jährige. "Das geistige Potenzial ist da. Die Firma hat eine eigene Entwicklungs- und Konstruktionsabteilung, einen Werkzeug- und Sondermaschinenbau - alles, was eine Zulieferfirma in der Automobilbranche braucht."
Puppenformen müssen dann wohl nicht mehr poliert werden.