
Elf Gemeinden, eine Prämisse: „Gemeinsam sind wir stark.“ In der Auftaktveranstaltung zur Ausgestaltung der Streutal-Allianz am Mittwochabend in der Mellrichstädter Mittelschule galt es, das Wir-Gefühl zu stärken. „Gemeinsam wollen wir Probleme lösen, die jeder für sich nicht lösen kann“, sagte Mellrichstadts Bürgermeister Eberhard Streit und freute sich, dass zahlreiche Bürger mit im Boot waren, um den Allianzgedanken mit Leben zu füllen.
Es sollte eine Arbeitssitzung werden, daran ließen die Verantwortlichen gleich zu Beginn keinen Zweifel aufkommen. Was zu tun ist, sollte „der Blick von außen“ aufzeigen. In einer Präsentation stellten die Stadtplaner Johannes Klüpfel vom Büro Schirmer aus Würzburg und Sigrid Ziesel (WGF-Nürnberg) eine Zusammenfassung ihrer Vor-Ort-Untersuchungen und Ergebnisse der Bürgermeister-Gespräche vor. Eine Reihe von Bildern zeigte auf, womit die Region punkten kann – das malerische Streutal hat einiges zu bieten, was zum Beispiel beim Tourismus eine größere Rolle spielen könnte. Doch es wurde auch deutlich, wo Probleme und Handlungsfelder liegen: In den Ortskernen stehen viele Häuser leer, und der demografische Wandel ist wohl die größte Herausforderung, der sich die Allianzgemeinden stellen müssen.
Dass die Streutal-Allianz nicht in der Lage sein wird, alle Wünsche und Erwartungen, die möglicherweise in sie gesetzt werden, zu erfüllen, das steht wohl außer Frage, machte Eberhard Streit als Sprecher der Allianzgemeinden deutlich. „Die Frage ist, wie schaffen wir es, unsere Gemeinden gut aufzustellen und fit für die Zukunft zu machen?“
Die Wertschöpfung der Region und die Vielfalt der Möglichkeiten wurden von den Planern anschaulich aufgezeigt – viele Attraktionen, die für die hier lebende Bevölkerung selbstverständlich sind, könnten wohl aber besser vermarktet werden. Beispielsweise die Kirchenburg in Ostheim, das Rhön-Zügle des Freilandmuseums oder die reizvolle Landschaft der Vorrhön, die etwa über Angebote für Radfahrer besser erschlossen werden könnte, so die Fachleute.
In der Allianz sind elf Kommunen mit 43 Ortsteilen zusammengefasst. Jede davon hat unterschiedliche Entwicklungspotenziale, aber es gibt auch Problemfelder, die für alle mehr oder weniger gleich sind, machte Johannes Klüpfel deutlich.
Ein Jahr lang sind nun die Bürger am Zug, um ein Konzept für die Region mitzuerarbeiten, wie etwa dem Bevölkerungsrückgang begegnet werden kann, der Daseinsfürsorge für die immer älter werdende Bevölkerung und wie die Ortskerne wieder mit Leben gefüllt werden können.
Vier Arbeitskreise wurden gebildet, um folgende Themen zu beackern: 1. Wohnen, Soziales, Versorgung und Bildung, 2. Arbeit, Wirtschaft, Verkehr und Infrastruktur, 3. Freizeit, Tourismus und Kulturlandschaft sowie 4. Land- und Forstwirtschaft, Flurwege und Energie. Mit auf den Weg gegeben wurde den Gruppen dazu, welche Möglichkeiten der Tourismus bieten könnte, das Stichwort Wohnen im Grünen und das Leben in historischem Kontext in den Rhöner Dörfern. Ebenfalls im Blick: die Verkehrsanbindung zu den umliegenden Zentren, Perspektiven für neue Arbeitsplätze, etwa durch das Rhön-Klinikum, und die Stärkung des Handwerks in der Region. 5800 Arbeitsplätze, so die Planer, gibt es im Übrigen im Allianzgebiet – in Mellrichstadt, Ostheim, Fladungen, Hausen, Nordheim, Sondheim/Rhön, Willmars, Bastheim, Stockheim, Oberstreu und Hendungen.
„So, nun sind Ihre Ideen gefragt“, gab Klüpfel den Gruppenmitgliedern mit auf den Weg. „Fragen Sie sich stets: Ist schon alles ausgeschöpft oder gibt es noch Möglichkeiten?“ Dann zogen sich die Gruppen zur Klausur in vier Klassenzimmer zurück, und alle 20 Minuten begann die Reise nach Jerusalem: Die Teilnehmer zogen in einen anderen Raum um und beackerten ein neues Themenfeld – im Fokus dabei die Stärken und Schwächen, ebenso die Chancen und Risiken, die sich in allen Bereichen bieten.
Es wurde diskutiert, Vorschläge wurden aufgenommen, manche wieder verworfen, andere von verschiedenen Seiten beleuchtet. Was die elf Bürgermeister der Allianzgemeinden aber allesamt froh stimmte, war die rege Bürgerbeteiligung, die erkennen ließ, dass die Entwicklung des Streutals vielen Menschen am Herzen liegt. Auf großen Plakaten wurde notiert, wo die Bürger der Schuh drückt, und mit roten Punkten durften die Teilnehmer Akzente setzen, was ihnen besonders wichtig erscheint.
Sabine Scharfenberger, Sprecherin des Arbeitskreises Wohnen, Soziales, Versorgung und Bildung, fasste am Ende zusammen, was besonders dringlich erscheint: die medizinische Versorgung in der Region, Ärzte, die auch mobil im Einsatz sind und das Wohnangebot für Senioren, etwa betreutes Wohnen oder das Angebot von Mehrgenerationenhäusern. Schulische Ausbildung und das Stützen des Handwerks stand ebenfalls ganz oben auf der Liste. Klaus Mültner, Sprecher des Kreises Arbeit, Wirtschaft, Verkehr und Infrastruktur, verwies auf die Schaffung von Arbeitsplätzen für hochqualifizierte Kräfte, Verbesserungen im öffentlichen Personennahverkehr und die Möglichkeiten, die Gewerbegebiete an der B 285 mit guter Anbindung an die A 71 bieten können.
Walter Geier, Sprecher des Kreises Freizeit, Tourismus und Kulturlandschaft, sprach einen gewichtigen Aspekt an: Bei Angeboten für die Jugend sieht man großen Nachholbedarf, und zwar in allen Bereichen. Zudem könnte ein einheitlicher Web-Auftritt und ein professionelles Marketing das Streutal ins Rampenlicht der Tourismusangebote rücken. Michael Türk, Sprecher des Arbeitskreises Land- und Forstwirtschaft, Flurwege und Energie, sprach den wichtigen Punkt der Direktvermarktung an – es gelte, eine Anlaufstelle zu schaffen, wo Erzeuger ihre Produkte anbieten können.
Und auch vom Sternenpark verspreche man sich Anreize, um für die Rhön zu werben.
Bastheims Bürgermeisterin Anja Seufert, die nach einem viereinhalbstündigen Marathon die Teilnehmer um 22.30 Uhr in den Feierabend entließ, wirkte zufrieden. „Es war schön, mitzuerleben, wie engagiert die Bürger bei der Sache waren und Ideen für ihre Heimat gesucht haben“, freute sie sich. Sie forderte die Frauen und Männer auf, Werbung für die nächsten Termine zu machen, denn es werden viele Bürger gebraucht, um den Allianzgedanken zu verwirklichen. Denn: „Gemeinsam sind wir stärker.“

