Der Landkreis ist reich an Talenten. Wer daran bislang gezweifelt hatte, den werden diese Zahlen überzeugen. Gut 1000 Hersteller verkaufen laut Presseabteilung des Unternehmens ihre Produkte auf dem 2006 gegründeten Internetportal Dawanda, vier von ihnen haben im Gespräch mit der Main-Post über ihre Motivation Auskunft gegeben.
Der Name Dawanda stammt aus dem Afrikanischen und bedeutet so viel wie die „Einzigartige“. Ein Begriff, der sich allerdings nicht auf die Angebote beziehen kann. Denn eine echte Marktnische zu finden, ist bei über 230 000 Mitgliedern in Deutschland nicht ganz einfach.
Immerhin – nicht gerade an jeder Ecke findet sich der Service, den Wilfried Kahle aus Mellrichstadt anbietet. Der 67-jährige ehemalige Bundeswehrstabsfeldwebel graviert in sogenannte Liebesschlösser die Namen der Paare. „Die Idee kam von meiner Tochter“, gibt Kahle gerne zu. Wie überhaupt Tochter Christiane entschieden hatte, „dass Vater eine Beschäftigung braucht“, als der Berufssoldat im Jahre 2002 in den Ruhestand gegangen war.
Lange suchen musste Kahle nicht, denn die Graviererei betrieb er schon zu Bundeswehrzeiten. Damals aber hauptsächlich für seinen Kommandeur, der eine Vorliebe für Geschenke mit persönlicher Note hatte.
Die Tochter war es auch, die voriges Jahr den Verkaufsshop namens Gravowika auf der Dawanda-Plattform eingerichtet hat. Der erste Auftrag ließ dann auch nicht lange auf sich warten. Mittlerweile graviert Kahle mit seiner Maschine alles, was das Herz begehrt. Pokale, Messer, Deckel von Bierkrügen, Hundemarken und so weiter.
Besonders stolz ist er darauf, dass er bisher ausschließlich positive Bewertungen erhalten hat. „Dieser Preis ist unschlagbar“, lobte ein zufriedener Kunde. Kahle weiß auch, dass er eigentlich mehr Geld für seine Produkte verlangen könnte. Aber Geld ist ihm nicht das Wichtigste, wie er sagt. Und: „Das ist mehr oder weniger ein Hobby, ich muss davon ja nicht leben.“
Als echtes finanzielles Standbein begreift auch keine der drei anderen Shop-Inhaberinnen ihr Engagement. „Dazu ist Dawanda zu groß“, sagt Jutta Alexander aus Herschfeld. Und: „Ich habe mir da mehr erwartet“, gibt sie zu. Für lohnender hält sie lokale Kunsthandwerker-Märkte mit direktem Kontakt zu den Kunden. Wie jenen kleinen Markt in Aubstadt am Muttertags-Wochenende, den sie und ihr Mann zusammen mit Freunden veranstalten.
Die kaufmännische Angestellte näht Taschen, Dinkelkissen, Kakteen, Kuscheltiere und vieles mehr. Neben Bügelbrett und Nähmaschine stapeln sich in den Regalen ihres Arbeitszimmers die Stoffballen. Gut drei Stunden pro Tag ist sie mit ihrer Nebentätigkeit beschäftigt. Der kleine Enkel übernimmt die Qualitätskontrolle. „Was bei ihm überlebt, ist okay“, schmunzelt die rührige Oma, die ihren Shop Lilavila getauft hat. Immerhin 540 Verkäufe hat sie über die Internetplattform seit 2009 abgeschlossen. Päckchen gingen schon nach Dänemark, Schweden, Norwegen, England und sogar in die USA.
„Ich war schon immer eine Basteltante“, sagt Nicole Hunt, die als Kinderpflegerin im Kinderhort in Herschfeld arbeitet. Als dann die eigene Wohnung , Freunde und Bekannte irgendwann mit den kunstvoll gestalteten Schildern und Buchstaben versorgt waren, riet der Lebensgefährte: „Mach doch mal nen Shop auf.“ Gesagt, getan, im November ging es los.
Allerdings verlief der Start der Dawanda-Karriere etwas zäh. Im November und Dezember, einer Zeit, in der andere Shops wegen des nahen Weihnachtsfestes die besten Umsätze machen, lief gar nichts. Was vor allem daran liegt, dass es meist etwas dauert, bis überhaupt jemand aufmerksam wird. Diese Erfahrungen haben jedenfalls alle vier gemacht, die in diesem Artikel vorgestellt werden.
Erst im Januar trudelte die erste Bestellung ein. Bis jetzt sind es auch nicht allzu viele. Zu wenig für Nicole Hunt, um gleich ein Gewerbe für ihren knuffiduffi-Shop anzumelden, wie es die anderen getan haben. Insgeheim träumt die Kinderpflegerin sowieso davon, einmal ein eigenes Geschäft aufzumachen, mit allem, was „die moderne Bastelfrau“ zur Pflege des Hobbys so braucht.
Richtig gut zu tun hat Gerda Kruczek. 15 bis 30 Bestellungen gehen im Schnitt monatlich bei ihr ein, wie sie im Gespräch verrät. „Das, was ich mache, gibt es nicht fertig zu kaufen“, betont sie. Wärmflaschenbezüge aus Fleece, Heft-Einbände, Wimpel und mehr bietet sie unter „Gerdasstichelei“ an.
Stoffe, die sie für ihre Arbeiten braucht, kauft sie alle in Bad Neustädter Geschäften. „Ich will sie sehen und anfassen“, betont die Frau des 3. Bürgermeisters von Windshausen. Einige Stunden täglich verbringt sie mit dem Hobby, das sie begann, als ihre Kinder klein waren. „Ich schau nicht auf die Uhr“, sagt sie, „ich geh' einfach nähen.“


