
Um 5 Uhr morgens ist es noch stockdunkel. Und ziemlich frostig. Keine Menschenseele ist anscheinend an diesem Wintertag zwischen den Jahren und zu dieser Uhrzeit unterwegs. Irrtum – zu denen, die gerade jetzt aufbrechen, gehören Frauen und Männer der Aktionsgruppe "Ahrtal Fluthilfe Geckenau".
Sie machen sich an diesem Morgen auf den weiten Weg ins Ahrtal, das im Sommer 2021 von einer schweren Flutkatastrophe heimgesucht worden ist. In den beiden Lastwagen, die wieder einmal der Malteser Hilfsdienst sowie die Firma Jürgen Dorst aus Oberstreu zur Verfügung gestellt haben, befinden sich 30 Ster Brennholz, 1080 Hühnereier vom Reyersbacher Dieter Then, zahlreiche Geschenkpäckchen, Sachspenden und 5000 Euro Geldspenden aus der Region.
Das Brennholz stammt aus Oberstreu, Bastheim, Eußenhausen und wurde ebenso gestiftet wie alle anderen Hilfsgüter. Über Frankfurt, Limburg, Koblenz und vorbei am berühmten Nürburgring erreichen Wolfgang Grom mit seiner Ehefrau Kornelia, Marita Schleicher aus Hendungen, Uwe Müller aus Oberstreu, Elke Müller und Harald Seufert aus Wegfurt und Klaus-Dieter Hahn aus Bastheim das Ahrtal in der Eifel, wo sie schon sehnsüchtig erwartet werden. Bei Susi und Siggi Verdonk werden die ersten Brennholzladungen auf die Anhänger verladen.
Tiefe Dankbarkeit ist spürbar
Dankbar packen die Menschen, die in der Flutnacht Hab und Gut verloren haben und seitdem mit dem Wiederaufbau beschäftigt sind, an, um zu Hause das trockene und abgelagerte Meterholz gleich kleinzuhacken. Auch in den Weinorten Mayschoss, Dernau und Marienthal spüren die Rhöner die tiefe Dankbarkeit der Menschen über die Hilfe aus der Rhön. In Dernau berichtet ein von der Katastrophe Betroffener, dass er allein für das mehrwöchige Ausleihen der Trocknungsgeräte 17.000 Euro hat zahlen müssen. Und für die Erneuerung der Elektroinstallation in seinem Wohnhaus musste er 78.000 Euro aufbringen.

"So mancher hat unsere Notlage damals schamlos ausgenutzt.", zeigt er sich verbittert. "Aber was blieb uns anderes übrig. Wir haben ja wieder ein Dach über dem Kopf gebraucht." Auch Jahre nach der Schreckensnacht des 14. auf den 15. Juli sieht man noch deutlich die Wunden, die die Flut gerissen hat. Auch wenn überall fleißig gebaut wurde und wird. So, wie bei Hermann Gilles in Marienthal. Der werkelt auch heute noch bis in die Abendstunden an und in seinem Haus herum, das bis zum Dach im Flutwasser gestanden war. "Wir waren damals gerade im Urlaub in Holland. Als wir den Wetterbericht mit den angekündigten Regenfällen gehört haben, sind wir sofort losgefahren, konnten aber unser Heim schon nicht mehr erreichen.", erzählt er.
Hilflos musste seine Familie mit ansehen, wie alles – auch das Auto des Sohnes – in der Flut versank. In den Tagen, Wochen und Monaten danach musste er die Klinkerfassade des Wohnhauses abbrechen, die völlig durchnässte Dämmung dahinter entfernen, die Räume vom Schmutz befreien. Gerade ist er noch mit Arbeiten im Inneren beschäftigt. Außen fehlen noch Dämmung und die neuen Klinker. "Daher brauchen wir viel mehr Energie, um die Wohnräume zu beheizen."
Auch er, Frau und Sohn packen kräftig beim Abladen des Brennholzes an, obwohl es schon dunkel wird. Endlich ist alles Brennholz verteilt. Und das Team aus der Rhön müde. Doch die große Freude über die Hilfe ist den Menschen hier von den Augen abzulesen. Insgesamt elf Hilfstransporte hat die "Ahrtal Fluthilfe" schon durchgeführt und dabei unzählige Hilfsgüter, wie Bekleidung, Waschmaschinen, Kühlschränke, Spielsachen, 195 Ster Brennholz, Eier, Mehl und mehr unmittelbar zu den betroffenen Menschen gebracht. So wie auch die insgesamt 60.000 Euro, die an Spendengeldern inzwischen zusammengekommen sind. Auch diesmal konnten die Helfer damit vielen eine "nachweihnachtliche Freude" bereiten.