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Bad Kissingen
AfD-Kandidatin Lippold-Eggen: Lieber Höcke als Meuthen
Freia Lippold-Eggen kandidiert für die AfD. Sie glaubt nicht, dass sie es nach Berlin schafft. Warum sie sich trotzdem engagiert – und warum sie afghanische Flüchtlinge aufnehmen würde:
Freia Lippold-Eggen in den Bad Kissinger Kuranlagen. Sie kandidiert für die AfD im Bundestagswahlkreis Bad Kissingen.
Foto: Susanne Will | Freia Lippold-Eggen in den Bad Kissinger Kuranlagen. Sie kandidiert für die AfD im Bundestagswahlkreis Bad Kissingen.
Susanne Will
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:07 Uhr

„Deutschland. Aber normal.“ – mit dem Wahlkampfslogan ihrer Partei, der AfD, kann Freia Lippold-Eggen nichts anfangen. Sie winkt ab. „Was heißt denn schon normal? Und wer bestimmt das denn?“ Auch andere Antworten lassen darauf schließen, dass mit dieser Kandidatin eine Frau in den Bundestag einziehen möchte, die ihrer Partei nicht unkritisch gegenübersteht.

„Aber ich glaube nicht, dass ich es schaffen werde, in den Bundestag einzuziehen“, ist sie ehrlich. Dennoch engagiere sie sich, „weil ich mich den Wählern verpflichtet fühle, die uns in Bayern knapp elf Prozent bei der Landtagswahl beschert haben“. 66 Jahre alt ist die sportliche Frau, mit ihrem Mann Peter Eggen sitzt sie im Bad Kissinger Stadtrat und im Kreisrat für die AfD. „Anfangs waren die Kollegen freundlich, skeptisch, zurückhalten, mittlerweile arbeiten wir bis auf wenige Ausnahmen gut zusammen“, so beschreibt sie die Situation für sich im Stadtrat als Mitglied einer umstrittenen Partei.

Diffenzierter Blick auf eigene Partei

Eine Partei, die sie differenziert zu sehen scheint. Stichwort Klimawandel: Während die Spitze der AfD entgegen dem wissenschaftlichen Konsens behauptet, der Klimawandel sei nicht menschengemacht, spricht sie davon, dass sich das Klima „seit der Industrialisierung stark verändert hat“. Stichwort Flüchtlingspolitik: Aus ihrer Haltung zum Klimawandel ist für Freia Lippold-Eggen offensichtlich, dass es in Zukunft mehr Klimaflüchtlinge geben wird: „Sollen wir die verdursten, verhungern, ersaufen lassen? Es wird Landstriche geben, auf denen nichts mehr wächst – da muss das Weltforum eine Lösung finden.“ Für sie habe jeder das Recht, dort leben zu können, wo er möchte, „jeder, der sich gesellschaftskonform verhält – allerdings muss es sozialverträglich für die Einwohner des Landes sein.“

An der Wiedereinrichtung von Landesgrenzen hält sie fest: „Ich muss doch wissen, wer ins Land kommt – allein schon wegen Corona.“ „Ich teile einige Ansätze des AfD-Parteiprogramms wie eine reglementierte Einwanderung. Aber dass Innenminister Horst Seehofer einen Abschiebestopp nach Afghanistan verfügt hat, ist ein Akt der Menschlichkeit. Ebenso können wir die Afghanen, die unser Heer beim Einsatz dort unterstützt haben, nicht allein lassen – diese Menschen sind verbrannt, die Taliban haben sie im Visier – da sind wir verantwortlich.“

Ein anderes Bild von Björn Höcke

Dass ihr Parteikollege Björn Höcke – zentrale Figur des als rechtsextremistisch eingestuften „Flügels“ der AfD – öffentlich als Rechtsextremist bezeichnet werden darf, heißt sie nicht gut: „Ich habe ihn so nie erlebt.“ Er liebe sein Land „und will nicht, dass es sich verändert – das ist jedermanns Recht. Das heißt aber nicht, dass ich persönlich mich nicht öffnen kann.“ Vor die Wahl gestellt, würde sie sich für Höcke und nicht für den als gemäßigt geltenden Parteivorsitzenden Jörg Meuthen aussprechen. Trotz ihres Bekenntnisses für Höcke, der bei Corona-Demos mit Mitgliedern von Neo-Nazi-Parteien wie der NPD oder dem „Dritten Weg“ auftritt, sieht sie die Außendarstellung ihrer Partei oft kritisch.

Ob sie sich schäme, wenn sie ihre Spitzenkandidatin Alice Weidel oder die Vize-Bundessprecherin Beatrix von Storch im Bundestag beobachte? „Bei Frau Weidel nicht, bei Frau von Storch ja. Aber es gibt andere, die sehr gut vorbereitet zur Sitzung kommen und einen guten Ton pflegen.“ Im 270 Seiten umfassenden Parteiprogramm ist zu lesen, dass die AfD raus aus der EU möchte. Wie soll das funktionieren? Lippold-Eggen zuckt mit den Schultern: „In England hat es auch geklappt“. Die AfD will rund 150 Milliarden Steuern einsparen. Wie finanziert sich dann der Staat? Lippold-Eggen: „Unnötige Subventionen müssen dafür wegfallen“. Allerdings, räumt sie ein, kenne sie das Programm nicht so gut, als dass sie hier adäquat antworten könne.

Sympathie für schwedischen Weg

Auch in Bad Kissingen war Freia Lippold-Eggen Gast bei Querdenker-Demonstrationen. „Ich war auch in Berlin und Leipzig“, allerdings als „Beobachterin“, wie sie sagt. Sie fühle sich als Bürgerin nach zwei Lockdowns, Masken-Affaire und „unlogischen Maßnahmen wie die Schließung der Gastronomie und der Friseure trotz Hygienekonzept verunsichert“. „Der schwedische Weg hätte mir gefallen, der auf Freiwilligkeit und Rücksichtnahme ausgerichtet ist.“

Wofür sie sich einsetzen würde: eine sichere und ausreichende Rente für die, die 45 Jahre eingezahlt haben. "Es kann nicht sein, dass es Menschen gibt, die von der Rente nicht leben können". Daneben streitet sie für eine bessere Bildungspolitik und mehr Lehrer, für mehr Polizisten. „Und ich glaube“, fügt sie an, „wenn die AfD die Kurve kriegt, können wir in der Opposition gut auf andere Parteien einwirken.“

Zur Person

Name (Partei): Freia Lippold-Eggen (AfD)
Geburtsdatum: 16.02.1955
Wohnort: Bad Kissingen
Familienstand: verheiratet
Erlernter Beruf: Betriebswirtin für mittelständische Unternehmen
Hobbys: Kochen, Malen, Lesen
Bezahlte Posten außerhalb der Politik: keine
sw
 
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  • G. Z.
    von Björn Höcke, die Figur des als rechtsextremistisch eingestuften „Flügels“ der AfD; darf man öffentlich Rechtsextremist nennen und die Dame meint: „Ich habe ihn so nie erlebt."Höcke ist ein Mann, der von Mitgliedern anderer Parteien regelmäßig als Nazi bezeichnet wird. Der laut Urteil des Verwaltungsgericht Meiningen als Faschist bezeichnet werden darf, weil dieses „Werturteil nicht aus der Luft gegriffen ist, sondern auf einer überprüfbaren Tatsachengrundlage beruht“. Das ZDF hat zwei Zitate von Höcke den eigenen AfD-Mitglieder zum beurteilen gegeben, ob diese von Hitler oder von Höcke stammen. Einer meinte von Hitler die übrigen, konnten sich nicht entscheiden. Wer von bevorstehenden Volkstod durch Bevölkerungsaustausch schreibt und von Politologen Hajo Funke als "radikaler Vertreter eines ethnisch reinen Deutschlands" beschrieben wird, den kann man nicht in Schutz nehmen. Die dargestellte kritische Einstellung gegenüber der eigenen Partei ist reine Bauernfängerei!
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  • M. S.
    Selten ein peinlicheres Porträt einer Kandidatin für den Bundestag gelesen! Und das schreibe ich nicht weil es sich um eine Kandidatin der AfD handelt. Das würde ich auch schreiben wenn eine Kandidatin der Grünen, CSU, SPD etc. derart schwach argumentiert, ihre eigenen Parteifreunde öffentlich schlecht redet und nicht die grundlegenden Positionen der Partei vertritt für die sie antritt. Ja nicht einmal das eigene Wahlprogramm scheint dieser Dame bekannt zu sein.
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