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BAD NEUSTADT
Ärger über die EU-Regulierungswut
Reiner Türk, Hendrik Freund und Markus Merz sind trotz des schwierigen Umfelds zufrieden mit der Geschäftsentwicklung.
Foto: Herbert | Reiner Türk, Hendrik Freund und Markus Merz sind trotz des schwierigen Umfelds zufrieden mit der Geschäftsentwicklung.
Hubert Herbert
Hubert Herbert
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:01 Uhr

Die drei Banker wirken eigentlich völlig entspannt. Kein Wunder, schließlich haben Markus Merz, Reiner Türk und Hendrik Freund für die Genossenschaftsbanken im Landkreis gute Zahlen für 2015 zu verkünden. Und das trotz anhaltender Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Doch es dauert nicht lange, bis klar wird, was dem Kreisvorsitzenden der Genossenschaftsbanken sowie den Vorstandsvorsitzenden der Volksbank Raiffeisenbank Rhön-Grabfeld und der Raiffeisenbank im Grabfeld gehörig auf die Nerven geht.

Es sind nicht so sehr die niedrigen Zinsen. „Natürlich macht uns auch das Zinsniveau zu schaffen“, sagt Freund. „Doch wir als kleine, wendige Genossenschaftsbanken können damit umgehen.“ Was ihn und seine beiden Bankkollegen aufregt, ist die überbordende Regulierungswut, die von der EU auf die Banken niederprasselt. Freund führt als Beispiel den Kredit für einen Hausbau an. Noch bevor ein Häuslebauer überhaupt einen Kreditvertrag unterschrieben hat, werde er mit rund 100 Seiten an Info- und Aufklärungsmaterial bombardiert. Begründet werde das mit dem Verbraucherschutz, erklärt Türk. Bei 100 Seiten, die noch dazu tatsächlich in gedruckter Form ausgehändigt werden müssen, könne man schon die Frage stellen, was das noch mit Verbraucherschutz zu tun habe.

Weil Regulierungswut und Dokumentationszwang in vielen Bereichen die Arbeit hemme und Personal binde, kann sich Kreisverbandsvorsitzender Merz sogar einen „Streik“ vorstellen. Ein oder zwei Tage die Banken schließen, um auf die von der EU produzierten Probleme aufmerksam zu machen. Diplomatische Bemühungen hätten nur wenig Erfolg gebracht.

Dass das Anlagevolumen der Kunden 2015 trotz niedrigster Zinsen um 2,6 Prozent auf rund 1,46 Milliarden Euro stieg, ist beachtlich. Auch wenn immer weniger Bankprodukte für Anlagen nachgefragt würden, sondern mehr Fondsanlagen, zeigt sich nach Ansicht der drei Banker doch, dass die Kunden bei den Genossenschaftsbanken zufrieden sind, wenn sie keine Minuszinsen zahlen müssen. Das sei auch nicht geplant, wenn die Rhön-Grabfelder Genossenschaftsbanken für Gelder, die sie bei ihrer Zentralbank aufnehmen, ab Juli 0,2 Prozent Minuszinsen zahlen müssen.

Nicht ganz so stark hat das Kreditvolumen zugenommen. Aber auch das stieg um immerhin 0,4 Prozent.

So schwierig wie derzeit war das Geschäft noch nie, macht Türk deutlich. Trotzdem sei es gelungen, das Eigenkapital aufzustocken – auf jetzt 137,4 Millionen Euro. Ein Beleg für das funktionierende Geschäftsmodell der Kreditgenossenschaften, dem im Kreis immerhin 27 922 Frauen und Männer als Mitglieder vertrauen. Gerade die Kreditgenossenschaften seien schon immer sehr wandlungsfähig gewesen und hätten sich je nach Anforderungen gut weiterentwickelt, so Türk. Jetzt gehe es darum, die Angebote für die Kunden weiterzuentwickeln – analog und digital. Und mit einem entsprechenden Filialnetz.

Dass die Kreditinstitute nicht nur Partner vor Ort sind, sondern auch wichtige Arbeitgeber, belegt die Zahl von fast 300 Arbeitsplätzen beim Kreisverband und von 23 Azubis aus der Region. Darüber hinaus treten die Institute als Spender auf. Immerhin 132 600 Euro verteilten sie im vergangenen Jahr für soziale, gemeinnützige und caritative Zwecke.

Seit der Fusion von Genobank Mellrichstadt und VR-Bank Rhön-Grabfeld besteht der Kreditgenossenschaftsverband im Landkreis nur noch aus den beiden Häusern Volksbank Raiffeisenbank Rhön-Grabfeld und der Raiffeisenbank im Grabfeld, wobei die Volksbank Raiffeisenbank Rhön-Grabfeld mit rund einer Milliarde Euro Gesamtbilanz allerdings der deutlich größere Partner ist.

Die wichtigsten Kennzahlen sind alle im Plus

Auch wenn das Umfeld nicht immer einfach war, steht bei allen wichtigen Kennzahlen der Genossenschaftsbanken im Landkreis für 2015 jeweils ein Pluszeichen voran.

So erhöhte sich die Gesamtbilanzsumme um 6,5 Millionen auf fast 1,12 Milliarden Euro (plus 0,6 Prozent).

Das Volumen der von den Kunden angelegten Gelder stieg um 37 Millionen auf fast 1,463 Milliarden Euro (plus 2,6 Prozent).

Das Kreditvolumen nahm um 2,4 Millionen Euro zu und lag bei 628,4 Millionen Euro (plus 0,4 Prozent).

Das Eigenkapital erhöhte sich um sechs Millionen auf 137,4 Millionen Euro (plus 4,5 Prozent).

Erhöht hat sich auch die Summe der Spenden, die die Genossenschaftsbanken vergaben: von 125 100 auf 132 600 Euro (plus 6 Prozent).

Gestiegen ist außerdem die Zahl der Genossenschaftsmitglieder im Landkreis – und zwar um stolze 6,8 Prozent von 26 146 auf 27 922.

 
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