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Abzocke am Telefon: Hörer auflegen ist die beste Reaktion
Ein Wechselbad der Gefühle erlebte Helena B. , als sie einem Betrüger auf den Leim ging, der sie abzocken und ihren Computer sabotieren wollte. Was war seine Masche?
Bei Anruf Sabotage: Betrüger versuchen, Zugriff auf die Computer ihrer Opfer zu bekommen.
Foto: Jochen Lübke/dpa | Bei Anruf Sabotage: Betrüger versuchen, Zugriff auf die Computer ihrer Opfer zu bekommen.
Martina Harasim
Martina Harasim
 |  aktualisiert: 15.07.2024 08:52 Uhr

Ein Wechselbad der Gefühle erlebte Helena B. , als sie einem Betrüger auf den Leim ging, der sich als Mitarbeiter von Microsoft ausgab. Es reichte von "Oh Gott, mein Computer ist kaputt" bis hin zu "Mann, bin ich doof". In einem Gespräch mit dieser Redaktion erzählt sie, wie der Betrüger sich ihr Vertrauen erschlichen hat. 

Helena B., die im richtige Leben anders heißt, fehlt es nicht an gesundem Menschenverstand. Deshalb hatte sie auch ein komische Gefühl, als sie kürzlich spätnachmittags auf ihrem Festnetz von einem Mann angerufen wurde, der sich in einem Kauderwelsch aus Englisch und Deutsch als Mitarbeiter von Microsoft ausgab und behauptete, dass ihr Computer Viren-verseucht sei und er ihr bei der Reparatur helfen könne.

Sie hatte ein mulmiges Gefühl

Mit einem etwas unguten Gefühl ging sie auf das Angebot ein, fuhr den Rechner hoch, setzte den Haken und gestattete dem mutmaßliche Microsoft-Experten so, auf ihren Computer zuzugreifen. Und was dann passierte, erschreckte die 44-Jährige: Erst wurde der Bildschirm schwarz, dann öffneten sich Seiten mit knallroten Symbolen, die wohl die Virenverseuchung vortäuschen sollten.  "Ich habe gedacht, 'oh Gott, mein Computer ist kaputt'", erzählt sie. Der Betrüger wird sich wahrscheinlich gedacht haben, "oh Gott, ich hab' sie am Haken" und schlug vor, das Problem zu beheben - gegen Bezahlung natürlich. "Ich habe ihm gesagt, ich will eine Rechnung, er hat gesagt, er will i-Tunes Gutscheincodes." Also setzte sie sich ins Auto, um welche zu besorgen.

Kaum saß Helena B. hinterm Steuer, meldete sich ihr gesunder Menschenverstand zurück. Per Handy rief sie beim Microsoft-Kundenservice an. Die Dame am anderen Ende der Leitung versicherte ihr, dass es unter gar keinen Umständen ein Microsoft-Mitarbeiter sein könne, der sich gerade an ihrem Computer zu schaffen machte. Helena B. wendete ihr Auto, fuhr zurück, stürmte in die Wohnung und zog den Stecker.

Rückruf auf dem Festnetz

"Wenige Augenblicke später klingelte schon das Festnetz. Der Mann hat mich angefahren, was mir einfällt, den Computer auszuschalten", berichtet sie. Sie legte auf. Noch zweimal versuchte der falsche Microsoft-Mann anzurufen, Helena B. hob nicht mehr ab, aber sie erstattete Anzeige bei der Polizei. 

Im Nachhinein kann Helena B. nicht erklären, wieso sie sich so hat einwickeln lassen. Ihr Humor hat sie trotz dieser schlechten Erfahrungen nicht verlassen. "Wieso habe ich nicht auf mein Bauchgefühl gehört? Mann, bin ich doof", sagt sie rückblickend selbstironisch. Die 44-Jährige geht mit ihren Erlebnissen an die Öffentlichkeit, damit andere Menschen davor bewahrt werden, den gleichen Fehler zu machen.

Offenbar ist es dem mutmaßlichen Betrüger nicht gelungen, den Computer seines Opfers zu sabotieren. Helena B. hat alle Passwörter zurückgesetzt, weil sie nicht weiß, welche Informationen der Betrüger von ihrer Festplatte gezogen hat. Ein Fachmann wird den Rechner unter die Lupe nehmen. Die Staatsanwaltschaft jedenfalls hat das Verfahren eingestellt, weil kein Schaden entstanden ist. 

Die Masche hat System

Dieses Glück hatten andere Betroffene nicht. Erst vergangene Woche erhielt ein Mann aus Unsleben einen ähnlichen Anruf. Er ließ sich auf das Angebot ein und bezahlte die Hilfe in Form von i-Tune-Gutscheincodes, die er bereitwillig an den Anrufer übermittelte. Da der angebliche Servicemitarbeiter noch weitere Gutscheincodes forderte, beendete der Geschädigte das Telefongespräch. Sein Rechner ist seitdem nicht mehr nutzbar und muss zur Reparatur gegeben werden, da offensichtlich das Betriebssystem verändert und Schadsoftware installiert wurde.

Tausende Beschwerden monatlich

Microsoft erhielt laut einer Pressemitteilung vergangenes Jahr monatlich rund 11 000 Beschwerden weltweit über entsprechende Betrugsversuche. Das Unternehmen kontaktiere generell keine Nutzer telefonisch. Bei solchen Anrufen sollten die Nutzer das Gespräch so schnell wie möglich beenden und keinesfalls auf unerwünschte Pop-up-Fenster am Rechner klicken. Auf der Homepage des Unternehmens kann man solche Berugsversuche melden.

Einfach den Hörer auflegen, diesen Tipp gibt auch das Polizeipräsidium Unterfranken. Die Polizei rät, niemals persönliche Informationen wie  Telefonnummern und Adressen, Kontodaten, Bankleitzahlen oder Kreditkartennummern weiterzugeben. Auf gar keinen Fall dürfe man dem unbekannten Anrufer  Zugriff auf den eigenen Rechner - beispielsweise mit der Installation einer Fernwartungssoftware - ermöglichen. Wer Zweifel hat, könne sich jederzeit an die nächste Polizeidienststelle wenden. 

Was tun, wenn's passiert ist?

Ist man dem Betrug aufgesessen, rät die Polizei, den Rechner vom Internet zu trennen, ihn herunterzufahren und ihn von einem Fachmann überprüfen zu lassen. Darüber hinaus sollte der Betroffene Anzeige bei der Polizei erstatten. Wichtig sei, über einen nicht infizierten Rechner Passwörter zu ändern und Kontakt zu den Zahlungsdiensten und Unternehmen aufzunehmen, deren Zugangsdaten in den Besitz der Täter gelangt sind. 

 
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