Es gibt eine Sache, da sind sich Michael Frank, Werkleiter von Siemens in Bad Neustadt, und Jochen Heel, Standortleiter von BSH, völlig einig. Siemens und BSH wird es auch in 25 Jahren noch in Bad Neustadt geben. 2037 wird Siemens 100-Jähriges in der Saalestadt feiern und BSH 100 Jahre Staubsaugerproduktion in Bad Neustadt.
So viel Zuversicht in die Zukunft von Siemens in Bad Neustadt demonstrieren beide in Gesprächen mit der Main-Post. Frank verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass bei Siemens ständig investiert wird, etwa in ein neues Kesselhaus in Brendlorenzen oder ein siebenstelliger Betrag für die neue Lehrlingswerkstatt. „Das tut man nicht, wenn man nicht bleiben will.“ Außerdem werden auch heuer wieder 40 neue Azubis eingestellt – eine Investition in die Zukunft. Heel hat sogar ausgerechnet, dass in 25 Jahren zwischen 120 und 130 Millionen Staubsauger in Bad Neustadt vom Band gelaufen sein werden. Er sagt: „Der Markt will Produkte aus Deutschland. Made in Germany hat einen Mehrwert.“
Großes Fest am 7. Juli
Doch jetzt wird erst einmal das 75-jährige gefeiert. Ein großes Familienfest soll es werden am Samstag, 7. Juli. Ein echter Tag der offenen Tür wird es nicht sein, sagt Frank. „Das wäre organisatorisch nicht zu bewältigen gewesen.“ Weil aber jeder der Mitarbeiter von Siemens und BSH auch noch Gäste einladen kann, werden fast 10 000 Besucher erwartet.
Da wird es dann wieder zu spüren sein, das Gefühl, Teil einer großen Familie zu sein. Das ist noch stark vorhanden, sagt Frank nicht ohne Stolz. Oft sind Opa, Vater und Enkel Siemensianer. Familienangehörige schnuppern häufig erstmals bei Ferienjobs in das Unternehmen und kommen vielleicht später wieder. Es gibt sogar einen Verein ehemaliger Siemenslehrlinge und auch das Rad-Team beim Kuppenritt stärkt das Gefühl, Teil einer großen Familie zu sein.
Derzeit arbeiten bei dieser Siemens-Familie 2300 Mitarbeiter, erklärt Frank. Davon sind alleine 110 Auszubildende und davon wiederum absolvieren 16 ein duales Studium. Den höchsten Mitarbeiterstand hatte Siemens übrigens Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Da waren es rund 3800. Im Schnitt, so Frank, lag die Beschäftigtenzahl bei 3100. Da waren dann aber auch die Mitarbeiter dabei, die jetzt bei BSH oder Gardener Denver arbeiten. BSH beschäftigt derzeit 430 Frauen und Männer, sagt Jochen Heel. Eine Zahl, die seit mehreren Jahren trotz großer Produktivitätsfortschritte stabil ist.
Dass in vielen Köpfen von Nicht-Siemensianern immer noch das Bild besteht, dass in Bad Neustadt Motoren gebaut werden, in Brendlorenzen die Staubsauger, das wissen sowohl Frank als auch Heel, und sie schmunzeln ein wenig darüber. Dabei arbeiten inzwischen in Brendlorenzen mehr Menschen für Siemens in der Motoren-Produktion als Mitarbeiter, die für BSH Staubsauger fertigen.
Dass in der Bevölkerung nicht immer so genau zwischen Siemens und BSH unterschieden wird, ist Frank und Heel bewusst. BSH-ler sehen sich nicht mehr als Siemensianer, denkt Heel. Sie sind sich nach seiner Einschätzung aber sehr wohl der gemeinsamen Tradition bewusst. Schließlich sind sie es, die eines der wichtigsten Standbeine aus der Anfangsphase von Siemens in Bad Neustadt weiterführen – die Produktion von elektrischen Kleinmotoren für Haushaltsgeräte.
Viele Berührungspunkte
Und es gibt ja auch noch genügend Berührungspunkte zwischen Siemens und BSH, wie Frank erklärt – zum Beispiel den gemeinsamen Betriebsarzt, die gemeinsame Feuerwehr oder die Instandhaltung der Maschinen von BSH durch Siemens. Und bei Bedarf werden auch einmal Mitarbeiter zur Aushilfe ausgetauscht. Eine gedeihliche Koexistenz, wie Frank und Heel versichern, bei der beide Unternehmen voneinander lernen. Übrigens ist weder BSH Mieter bei Siemens, noch umgekehrt. Beide sind Mieter von Siemens Real Estate, die alle Immobilien von Siemens verwaltet.
Dass bei BSH Staubsauger gebaut werden ist bekannt, doch wofür werden eigentlich die ganzen Motoren – drehzahlgeregelte oder Standardmotoren – gebraucht, die Siemens fertigt? Eigentlich ist das ganz einfach, antwortet Frank. Überall da, wo sich was bewegt, etwa in Werkzeug-, Dreh- oder Fräsmaschinen, die wieder in Fabriken eingesetzt werden. „Allein für einen Roboterarm werden sechs Motoren gebraucht“, erläutert der Siemens-Werkleiter. Und künftig werden Motoren für Elektroautos immer mehr Bedeutung gewinnen, blickt Frank in die Zukunft. Die sind derzeit in der Prototyp-Phase.
Was die Produktion der Staubsauger betrifft, ist vor einigen Tagen der 55 Millionste vom Band gelaufen, erklärt Heel. Inzwischen wurden in Bad Neustadt bei BSH – also seit 1996 – schon 28 Millionen Sauger produziert. Eine Million mehr als jemals bei Siemens in Bad Neustadt in 59 Jahren, von 1937 bis 1996, gefertigt wurden. Und in Bad Neustadt verlassen ausgezeichnete Staubsauger das Werk. Seit 2011 hat BSH mit Staubsaugern aus Bad Neustadt europaweit 41 Tests gewonnen, sagt Heel. Besonders stolz ist man in Bad Neustadt auf den Doppelsieg bei Stiftung Warentest. Gleich zwei Staubsauger als Testsieger, da war die Freude groß. Genauso aber auch über den Best-of-the-Best Red Dot-Design-Award für den „move on“.
Erfolge wie diese machen natürlich stolz. Aber, so das Lob von Frank und Heel: Das geht nur mit guten Mitarbeitern.
Chefs von Siemens und BSH
Michael Frank ist 53 Jahre alt. Bis 2008 war er für Siemens in China. Dann übernahm er in Bad Neustadt die Leitung des Bereichs drehzahlgeregelte Motoren. Seit Januar 2011 hat er die Gesamtleitung von Siemens in Bad Neustadt.
Jochen Heel ist 45 Jahre alt. Heel ist bereits seit 1999 bei der BSH beschäftigt. Er kam im Oktober 2011 als Werkleiter nach Bad Neustadt. Davor war er Leiter des Qualitätsmanagements im Produktbereich Herde am BSH-Standort Traunreut.