
Lebenslanges Lernen, Recht auf Bildung, Chancengleichheit, Aufklärung und Menschenrechte. Mit diesen Schlagworten kann man den Auftrag und Anspruch der Volkshochschulen umschreiben. In diesem Licht sieht sich auch die Vhs Bad Neustadt und Rhön-Saale. Sie kann in diesem Jahr ihr 70. Jubiläum feiern. Vhs-Leiter Dr. Kai Uwe Tapken und sein Team hätten natürlich gerne den Geburtstag gebührend gefeiert. Leider machte ihnen aber Corona einen Strich durch die Rechnung. "Vielleicht können die Feierlichkeiten nachgeholt werden", bleibt er dennoch zuversichtlich.Grund zum Feiern hätte die Vhs allemal, sie kann auf 70 erfolgreiche Jahre zurückblicken.

Die Volkshochschule Bad Neustadt wurde am 5. März 1951 aus der Taufe gehoben. Bei der Gründungsversammlung wurde der Benediktinerpater Dr. Adelhard Kaspar, der auch den Kreisjugendring ins Leben rief, zum Vorsitzenden gewählt. Die ersten Kurse, die in den hiesigen Schulen stattfanden, drehten sich um Kurzschrift, kaufmännisches Rechnen, Buchführung, Gymnastik für Frauen, Kochen und Nähen sowie Mathematik und Algebra. Auch Sprachen - Französisch und Englisch - waren im Angebot. Zahlreiche Vorträge rundeten das Programm ab. "Das anfängliche Kurs- und Vortragsprogramm war geprägt von den Bedürfnissen nach Demokratie nach den Kriegserfahrungen und der Auflösung des Dritten Reichs", führt dazu Kai Uwe Tapken aus.
Dr. Ernst Nittner wurde neuer Vorsitzender
Im Jahr darauf wurde bei der ersten Mitgliederversammlung der Gymnasiallehrer Dr. Ernst Nittner neuer Vorsitzender. Die Geschäftsführung der Vhs wurde einem städtischen Beamten übertragen. Nicht zuletzt mit dem Ziel, der deutschen Bevölkerung demokratische Werte zu lehren, stellten die bayerischen Amerikahäuser kostenlos Referenten zur Verfügung. Ganz in diesem Sinne standen auch Vortragsreihen in den Jahren 1953 und 1956, die Ernst Nittner selbst hielt: "Von Bismarck zu Hitler" und "Die Zeit der NS-Diktatur und der Weg zum Zweiten Weltkrieg".

1962 folgte Schulrat Heinrich Hirsch auf Nittner als Vorsitzender. Eine weitere prägende Gestalt für die Vhs war Hans Söder, der den Theaterring und Studienreisen leitete. 1965 bekam die Vhs Kursräume im alten Realgymnasium im Bildhäuser Hof, wo sie heute ihren Sitz hat,von der Stadt zur Verfügung gestellt. 1972 wurde der Schulleiter des Rhön-Gymnasiums, Paul Hohmann, zum Vorsitzenden gewählt. Das Sprachangebot wurde erweitert - Spanisch kam neu ins Programm - und die Kurszahl konnte in den folgenden Jahren deutlich erhöht werden. Wurden 1972 noch 37 Kurse angeboten, so waren es drei Jahre später schon 80. 1975 wurde Hans Thienel zweiter Vorsitzender. Er machte sich das umfangreiche Vortragswesen zur Aufgabe.
Der Computer bringt Veränderungen mit sich
Das Aufkommen des Computers schlug sich bald auch im Vhs-Programm nieder. 1984 wurde registriert, dass EDV-Kurse der "Renner" sind. Das diesbezügliche Angebot und die Ausstattung wurden in den Folgejahren immer weiter ausgebaut. 1990 gab es einen weiteren Wechsel an der Spitze. Rektor Hans Rogosch wurde erster Vorsitzender und Stadträtin Giesela Sendner seine Stellvertreterin. Einschneidend war das folgende Jahr: Die Bad Neustädter Vhs erhielt mit Dr. Hans-Christoph Baigger einen hauptamtlichen Leiter. Dieser sollte für viele Jahre der Volkshochschule seinen Stempel aufdrücken. "Für die Weiterentwicklung der Vhs war es von entscheidender Bedeutung, dass die Stadt die Notwendigkeit einer hauptberuflichen Leitung gesehen hat", sagt dazu Kai Uwe Tapken rückblickend. 1992 nahm die Kleinkunstbühne Bad Neustadt ihren Betrieb auf. Im ersten Jahr wurden gleich acht Veranstaltungen angeboten.
1993 startete der Umbau des Bildhäuser Hofs für die Vhs-Arbeit und am 24. März 1995 fand die feierliche Eröffnung des umgebauten Nordflügels statt - ein "schönes und angemessenes Zuhause für die Vhs", so Tapken. Im selben Jahr gingen die Vhs und die Kulturwerkstatt Rhön-Grabfeld einen Veranstalter-Verbund ein. Als Hans Rogosch nach achtjähriger Arbeit sein Amt als Vorsitzender niederlegte, folgte ihm Studiendirektor Rudolf Manger nach. 1999 wurde der Vhs die städtische Kulturarbeit übertragen und eine zusätzliche Halbtagsstelle genehmigt.
Das Jahr 2001 erwies sich als ein Meilenstein in der Geschichte der Vhs Bad Neustadt: Auf Initiative von Hans-Christoph Baigger wurde der Marktplatzsommer ins Leben gerufen. Dieser wurde ein wahrer Publikumsmagnet. "Das war eine gigantische Idee, die sich zu einem kompletten Selbstläufer entwickelt hat", bestätigt Kai Uwe Tapken den Erfolg der Veranstaltungsreihe. 2020 wäre das 20. Jubiläum des Marktplatzsommers gewesen, das jedoch coronabedingt ausfallen musste.2002 ging es auf der kulturellen Erfolgsspur weiter, zum ersten Mal fand hoch oben über Bad Neustadt der Salzburg-Klassiker statt, der seitdem alle zwei Jahre Hunderte von Besuchern auf die Salzburg lockt. Nicht vergessen werden soll in dem Zusammenhang das Theater für Kinder, das ins 20. Jahr seines Bestehens geht.
Dr. Hans-Christoph Baigger und der Marktplatzsommer

Im Juli 2008 ging der langjährige Vhs-Leiter Hans-Christoph Baigger in den Ruhestand. Sein Nachfolger wurde Dr. Kai Uwe Tapken, der auch heute noch die Volkshochschule führt. "Hans-Christoph Baigger hat die Vhs in hervorragender Weise etabliert. Er hat sie viele Jahre lang geprägt und auf Kurs gehalten", lobt Tapken seinen Vorgänger. Der neue Vhs-Leiter legte seinen Schwerpunkt verstärkt auf die Kooperation mit hier ansässigen Firmen. So obliegt der Vhs zum Beispiel die Computer-Ausbildung für die Beschäftigten des Rhön-Klinikums. "Wir sind den Unternehmen für diese Zusammenarbeit sehr dankbar. Sie hilft uns auch in den momentanen schwierigen Zeiten", führt Tapken aus. Weitere Eckdaten sind 2008 die Einführung der Kinder-Uni auf Initiative von Petra Bieber und 2010 die Übernahme des Vorsitzes durch Franziska Burmester, die im vergangenen Jahr ihren Posten an Petra Bieber übergab. Natürlich warf auch die Corona-Pandemie ihren Schatten auf die Vhs: Erstmals in ihrer Geschichte mussten die Kurse am März 2020 aufgrund dessen abgebrochen werden.
Das schmerzte Kai Uwe Tapken sehr. "Die Vhs ist ein Ort der Begegnung. Wir bringen Menschen zusammen, die ansonsten nicht zusammen kommen." Darin sieht er neben der beruflichen Bildung eine wesentliche Aufgabe der Volkshochschulen. In den letzten Jahren habe sich die Vhs sehr entwickelt. "Es ist ein unglaubliches Potpourri entstanden." Die Vhs bediene nicht nur den Bereich Freizeit und Hobby, sondern leiste einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung und Berufsförderung. "Wir machen mehr als Malen und Sprachen." Und das alles mit einem relativ kleinen Team, Heike Blum und Carina Euring (sie löste jüngst Gertraud Hertlein ab, die in den Ruhestand ging) komplettieren das Dreiergespann, das sich ja auch noch um die Kulturarbeit der Stadt Bad Neustadt kümmert. Dieser gegenüber äußert sich Tapken sehr dankbar, zum einen für die finanzielle Unterstützung und zum anderen für das stets offene Ohr für die Belange der Vhs.