1967 hatte das Bayerische Staatsministerium des Innern einen Wettbewerb für eine Mustersiedlung ausgeschrieben. Mellrichstadt machte das Rennen – dank der Initiative des damaligen Mellrichstädter Bürgermeisters Alfons Halbig, der Vorbereitungen durch die Baugenossenschaft und der Planungsvorschläge von Architekt Gert Schack. Insgesamt hatten sich 22 Baugenossenschaften beworben.
Die Baugenossenschaft erhielt die Zusage, dass 1968 im Stadtgebiet eine Mustersiedlung entstehen kann. Dafür bekam die Stadt 600 000 DM Zuschuss für 20 Eigenheime. 1969 sollte dieselbe Baumaßnahme mit weiteren 20 Eigenheimen und dem gleichen Staatszuschuss entstehen. Die oberste Baubehörde wollte mit dem Projekt modernes Bauen demonstrieren.
Die Grundstücksgröße lag bei etwa 700 Quadratmetern, die drei Häuser-Typen sollten zirka 95 bis 107 oder 120 Quadratmeter Wohnfläche haben. Das entsprach 65 000 DM Baukosten, mit 25 Prozent Erschließungskosten sollte die Belastung für die neuen Eigentümer zwischen 85 000 und 90 000 DM liegen – davon kann mancher Häuslebauer heutzutage nur träumen.
Eine Anlage wie aus einem Guss
Herausgestrichen wurde der Siedlungscharakter, das Wohngebiet sollte in seiner Erschließung, bei den Straßen und in seiner gärtnerischen Anlage aus einem Guss sein. Die Häuser lagen zumeist nicht direkt an der Straße, galten als eine Oase im Grünen. Vorbild dieser Siedlung war die Siedlung Siegwald bei Aschaffenburg.
Zu Beginn waren Bischofsberg und Hainberg als Standorte im Gespräch, der Hainberg setzte sich schließlich durch. Das ganze Projekt bedeutete nicht zuletzt auch für die Handwerkerschaft im gesamten Landkreis eine kräftige Konjunkturspritze.
Von Beginn an herrschte gute Gemeinschaft unter den Siedlern. Das zeigte und zeigt sich unter anderem auch darin, dass die Gemeinschaftsanteile der Anlage in mehreren Arbeitseinsätzen pro Jahr auf Vordermann gebracht werden.
Die Siedlungsbürgermeister
Zum 25. Jubiläum wurde der Geräteraum zum Clubraum umfunktioniert, wobei sich besonders Max Seifert, Erwin Kümmeth und Toni Pöhnlein verdient gemacht haben. Erster „Siedlungsbürgermeister“ war das langjährige Stadtratsmitglied Anton Bauer. Auch Max Seifert war mal „Fürstand“. Fast acht Jahre vertrat Elmar Hiltrop die Siedlung. Ab 2010 übernahm dann ein Orga-Team diese Aufgabe.
Bei verschiedenen Wettbewerben, an denen sich die Siedlung beteiligte, kam der ausgeprägte Gemeinschaftsgeist der Siedler zum Ausdruck. Bereits im zweiten Jahr nach der Fertigstellung landete die Gemeinschaft beim Landeswettbewerb „Beste Kleinsiedlung“ auf dem ersten Platz. 1976 konnte dieser Erfolg wiederholt werden. Auch am Wettbewerb „Die besten Kleinsiedlungen“ des Bayerischen Siedlerbundes gab es im Bezirk Unterfranken zweimal Platz 1 und einmal Platz 2. Die Anerkennung bezog sich nicht nur auf die attraktive und preiswürdige architektonische Gesamtkonzeption des Architekturbüros, sondern auch auf das gute Nachbarschaftsverhältnis und die gelungene gärtnerische Selbstunterhaltung.
War zu Beginn das Aussehen der Häuser und des Umfeldes stringent vorgeschrieben, hat sich das im Laufe der Zeit gelockert, nicht zuletzt auch deshalb, weil oftmals Sanierungen anstanden, manche Häuser mehrfach den Besitzer gewechselt und sich dadurch auch die Ansprüche und Vorstellungen der Eigentümer geändert haben. Aber der Siedlungscharakter ist stets erhalten geblieben.
Wie kam es zur Namensgebung?
Eine kleine Geschichte erzählte Erika Pöhnlein, die mit ihrem Mann Anton und der Familie damals zu den ersten Siedlern gehörte, zum 50-jährigen Bestehen der Bethlehem-Siedlung. Zwei weitere Familien der ersten Stunde waren Peter und Rita Bauer und Franzl und Uta Ludwig (heute Graumann-Ludwig). Es war der 15. Dezember 1969, in Mellrichstadt fand ein Pfarrfamilienabend statt. Der Schnee lag damals bis zu den Fenstern hoch. An besagtem Abend stimmte der Kaplan das Lied „Ihr Kinderlein kommet“ an, und damit hatte die neue Siedlung, auch wegen ihrer Dachformen, ihren Namen als „Bethlehem-Siedlung“ weg.
Auch nach 50 Jahren und nach manchen optischen Änderungen ist die Siedlung immer noch ein Schmuckstück, ein Kleinod am Rande der Stadt. Die Siedler wünschen sich, dass der Pioniergeist von damals und die gute Nachbarschaft – auch mit manchen neuen Besitzern – weiter bestehen bleiben.