Betriebsumstellung – ja oder nein? Und: Wie viel Bio verträgt der Landkreis? Die rund 170 Teilnehmer der Auftaktveranstaltung der Öko-Modellregion in Bastheim haben im Anschluss an den Vortrag von Agrarwissenschaftler Felix Prinz zu Löwenstein engagiert diskutiert.
Zunächst stellte Moderator Peter Will vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bad Neustadt dem Publikum die Ist-Situation im Landkreis dar: 2015 lag der Anteil an Bio-Betrieben in Rhön-Grabfeld bei rund 7,8 Prozent. Im Frühjahr 2016 seien zu den 101 bereits bestehenden Bio-Betrieben noch 14 Bio-Antragsteller hinzugekommen, „plus viele Nachfragen von umstellungs-interessierten Landwirten“.
„Sich verändern oder weichen“
Einer, der bereits seit Jahrzehnten auf Bio umgestellt hat und als Diskussionsteilnehmer auf der Bühne saß, war Michael Derleth. „Nicht wachsen oder weichen, sondern sich verändern oder weichen“, sei seine Maxime. „Klar, manchmal sieht der Acker nicht so schön aus“, verschwieg er auch Nachteile der Bio-Landwirtschaft nicht. Aber prinzipiell habe sich der „Boden mit ihm verändert“. Laut Derleth eine richtig gute Erfahrung.
Bernhard Schwab, Staatlicher Bioberater für Umstiegsinteressenten, ist überzeugt: „Der Markt für Bio ist da – und wächst.“ Potenzial gebe es im Landkreis in allen Bereichen. Der Vorteil: Im Biobereich könne man mit wesentlich stabileren Preisen kalkulieren.
Nicht zum Umstellen durchringen konnte sich bislang Eugen Hippeli, konventioneller Ackerbau-Landwirt, der sich aus dem Publikum zu Wort meldete. Einer der Hauptgründe: Ohne die Prämien, die Bio-Landwirte zusätzlich erhalten, würde sich die Umstellung nicht rechnen. Eine „Abhängigkeit“, die er scheut. Was er außerdem betont: Auch als konventioneller Landwirt könne man verantwortungsbewusst wirtschaften.
Zum Thema Verarbeitung und Vermarktung wandte sich Moderator Will an Barbara Landgraf, die als Geschäftsführerin der Dachmarke Rhön regionale Partnerbetriebe im Biosektor, aber vor allem auch im konventionellen Bereich vertritt. Größtes Hemmnis ist in Landgrafs Augen das tradierte Denken vieler Rhöner: „Essen darf nix kosten.“
Entscheidend sei es, „die Leute dort abzuholen, wo sie sind“. Im Bereich regionale Waren habe die Dachmarke beispielsweise mit einem freiwilligen Anreiz-System auf viele Gastronomiebetriebe einwirken können, ihren Anteil an regionalen Waren deutlich zu erhöhen. Etwas Ähnliches wäre im Bio-Bereich denkbar. Für die Optimierung des Bereichs Handel sei eine Qualifizierung der Betriebe der Region unabdingbar. Weiter brauche es mehr professionelle Verarbeitungsstrukturen und schlaue Kooperationen.
Ein ökologischer Kreuzberg?
An konkreten Ideen, wie man eine Öko-Modellregion Rhön-Grabfeld voranbringen könnte, mangelte es am Auftaktabend nicht. An die Politik gewandt, sprach sich Bio-Landwirt Karl-Heinrich Weber für eine Bioheumilch aus der Rhön aus. Biolandwirt Hans Schöneberg forderte einen „ökologischen Kreuzberg“ sowie eine „ökologische Verköstigung beim Museumsfest Fladungen“.
„Die Grenze des Machbaren ist die Wirtschaftlichkeit“, antwortete Landrat Thomas Habermann bezüglich der Molkerei-Idee. Der Kreuzberg sei auch in seinen Augen ein „Paradeunternehmen für einen ökologisch einwandfreien Betrieb“. Doch Aufgabe des Landrats sei es, nur zu „moderieren und Menschen zusammenzubringen“. Das wolle er allerdings bei genannten Anregungen tun.
Was der Verbraucher will
Um Auskünfte über die Verbraucherseite wurde bei der Podiumsdiskussion Gastwirt Claus Vorndran vom Bischofsheimer Gasthof „Dickas“ gebeten. „Der Verbraucher will Nachweise und Kontrollen“, stellte Vorndran erst einmal fest. Was den Biopreis angeht, sagte er: „Die Gäste zahlen es gern und wollen mehr.“
Eine Erfahrung, die Franziska Hartung vom Dorfladen Wargolshausen so nicht teilt. „Bei mir kommen die Kunden nach wie vor nicht. Wie kriegen wir die, die sich nicht interessieren?“ Mit der Ökomodellregion könne man nicht von heute auf morgen Umsatzzuwächse generieren, so Kai Schmidt, Projektmanager der Öko-Modellregion. Er lud Hartung zum Arbeitskreis „Gemeinsam die Region gestalten“ ein, um an einer Lösung mitzuwirken.
„Aber wie viel Bio verträgt nun die Rhön?“, wiederholte ein Besucher zum Abschluss die Auftaktfrage – offensichtlich unzufrieden mit dem unkonkreten Verlauf der Diskussion.
„Auf jeden Fall mehr wie jetzt!“, so Bio-Berater Schwab. Auch wenn er eigentlich keine Zahlen nennen wollte, sagte er letztlich doch: „25 bis 30 Prozent Bio sind keine Illusion.“ Habermann gab sich da weniger bescheiden. „100 Prozent verträgt die Rhön!“ Dafür brauche es allerdings Geduld und Konsequenz. Und kein Gegen-, sondern ein Miteinander der Akteure.