
Wenn Egon Sturm und seine Tochter Tamara Räder im Protokollbuch des katholischen Burschenvereins Wegfurt blättern, wird Geschichte lebendig. Denn dort ist der folgende Eintrag zu lesen: "Am 23. und 26. Dezember spielten Mitglieder unseres Vereins Theater. Der Verein ließ sich für die Auftritte Kostüme aus München schicken, was 45 Goldmark kostete. Trotz der hohen Auslagen flossen der Kasse noch 25 Goldmark zu, wofür der Verein bestens dankt." Es liegt zwar die Vermutung nahe, dass in Wegfurt bereits vorher Theater gespielt wurde, jedoch ist der vorgenannte Eintrag der erste schriftliche Nachweis hierfür. Diesen Eintrag hat der damalige Vorstand Otto Ewald vorgenommen, der sinnigerweise auch der Großvater von Egon Sturm ist.
Ein wertvolles Relikt aus dieser Zeit ist eine Fotografie der Theatergruppe mit ihrem Vorstand in der Mitte. Gespielt wurde jeweils um die Weihnachtszeit im Ewalds-Saale. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Theatergruppe in die heimische DJK eingegliedert und man spielte überwiegend alpenländische, aber auch zeitgemäße Stücke.
Das Interesse ließ deutlich nach
Mit dem Fernsehzeitalter ließ Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre das Interesse für das Theaterspiel deutlich nach. Werner Gutmann und Erhard Scheuring gelang es schließlich 1973, junge Leute wieder für das Theaterspiel zu begeistern. Die erste Aufführung mit der "Jungen Gruppe" fand im Ewalds-Saal statt und das Hauptstück hieß "Der Schmied von Hohenwart". Die folgenden jährlichen Theaterabende bestanden in der Regel aus einem ernsten Hauptstück und einem lustigen Einakter. Von diesen "73ern" sind heute noch die Urgesteine Walburga "Burgl" Manger und Alfred Mölter sowie auch Egon Sturm aktiv.
Warum immer in bayerischer Mundart oder Umgangssprache spielen, sagten sich die Akteure und so gab es 1989 mit "Dräeg es gesaund" von Gunda Krieger für das Wegfurter Theaterspiel eine einschneidende Änderung. Erstmals spielte man in der heimischen Mundart. Das brachte einen damals ungeahnten Erfolg, denn es gab Gastspiele in Bad Neustadt, Schweinfurt, Würzburg und in Kronach.
Mit dem Dreiakter-Lustspiel "Däer fast zebroche Kruch" begann eine Serie von Egon Sturm geschriebenen Stücken. Neben vier weiteren Stücken waren dies auch die beiden historischen Freilichtspiele "Däer Streitmichl" und "Däer Geisfürst". Um diese Zeit wurde in Wegfurt auch Kindertheater gespielt und die damals 14-jährige Tamara Sturm schrieb für die Nachwuchsgruppe ein eigenes Theaterstück mit dem Titel "Die Vewandschoft".
Heimische Mundart erhalten
Die Wegfurter Mundart korrekt auszusprechen sei gar nicht so einfach, weil sie heute kaum noch gesprochen wird, sagt Tamara Räder. Dem heute noch aktiven Spielleiter Egon Sturm ist es deshalb ein großes Anliegen, die heimische Mundart durch das Theaterspiel zu erhalten. Mit dem 100. Jubiläum schließt sich auch ein besonderer Kreis, denn der eingangs erwähnte Otto Ewald ist nicht nur der Urahn der Theatergruppe, sondern auch der Urgroßvater der heutigen Spartenleiterin Tamara Räder. Auch heute noch spielen die Wegfurter in ihrem heimischen Dialekt und dies zeigt, wie wertvoll die Mundart ist, "denn sie ist ehrlich, echt und ein Stück Heimat", sagen Egon Sturm und seine Tochter Tamara.
Kommersabend in der Geisfürsthalle


