Reiner Kröhnert, in den 90er Jahren als Parodist bundesweit bekannt geworden, hat beim Tauberbischofsheimer Kunstverein erste Meriten erworben. Das ist freilich schon einige Zeit her. Nach mehr als zehn Jahren hat er sich hier wieder einmal die Ehre gegeben – im Rahmen des nun schon traditionellen vorweihnachtlichen Kabarettnachmittags im Foyer des Matthias-Grünewald-Gymnasiums.
Es war eine interessante Begegnung mit einem Künstler, der auf seinem Spezialgebiet so ziemlich konkurrenzlos dasteht. Parodien öffentlicher Personen gehören heutzutage ja zum täglichen Brot des Kabarettisten, doch eben nur als ein Element unter anderen und in der Regel als grelle und grobe Moment-Karikaturen vor einem schenkelklopfenden Publikum.
Wer jedoch wie Kröhnert seit über zwei Jahrzehnten eine ganze Vorstellung damit bestreitet, muss schon etwas mehr bieten: Parodie als psychologische Entlarvung des Originals und Bewusstmachung von Wesenszügen und Charaktermerkmalen, die ansonsten verborgen blieben, zumindest nicht bewusst wahrgenommen würden.
Da muss dann freilich alles stimmen: Bei Angela Merkel etwa, einer von Kröhnerts Lieblings- und Paraderollen, wofür er nichts weiter als eine blonde Perücke und natürlich die richtige Körpersprache benötigt, die leicht hochgezogenen Schultern, der wiegende, gewissermaßen sich windende Oberkörper, abwartende Blick, die skeptisch nach unter zuckenden Mundwinkel, die matte, farblose Sprechweise usw. eben alles, was in diesem Fall Abwehr, Ausweichen, Vermeiden, Konfliktscheu signalisiert und zugleich die Gabe, auf nebulös-verschlungenen Umwegen dann doch zum Ziel zu gelangen...
In Reiner Kröhnerts aktuellem Programm, worin er zwischen Mario Basler und Hans-Jochen Vogel, Rita Süßmuth bis Daniela Katzenberger schätzungsweise an die zwanzig Objekte aufs Korn nimmt, gibt es natürlich stärkere und schwächere Momente.
Zu den schwächeren zählten etwa die A....kriecher - Auslassungen von Peter Hintze und Ronald Pofalla, breit getretener Quark mit Verlaub. Auch die recht langatmige Aufzählung von Merkels politischer Trophäensammlung wirkte zu Beginn etwas ermüdend. Überhaupt neigt der Kritiker im Parodisten Kröhnert immer mal wieder dazu, den satirischen Bogen zu überspannen, z.B. seine an und für sich brillante Charakterstudie des väterlich-salbungsvollen und selbstgefälligen Bundespräsidenten durch eine einmontierte, überflüssige Hitler-Parodie ungewollt abzuschwächen.
Auf der anderen Seite standen dann wieder die schon das Geniale streifenden Nummern, so wenn er unter dem Motto „Intellekt hat viele Gesichter“ den guten Boris Becker zwerchfellerschütternd im Austausch mit Rüdiger Safranski philosophieren, Wolfgang Schäuble in aller Gemütlichkeit und Seelenruhe über „Wachstumshormönle“ oder „Chlorhühnle“ bzw. Beckenbauer mit gewohnt heiterer Nonchalance über die Zustände in Katar schwadronieren ließ.
Umwerfend auch der schon Alzheimer überschattete Stammtisch der drei Parteisenioren Genscher, Vogel(SPD) und Süßmuth, zu dem ein von dem bereits im Schattenreich weilenden Duo Erich Honecker und Gerhard Stoltenberg ausgefochtener Disput wohl die einzig mögliche Steigerung bildete. Spätestens hier jedoch begann dieser ausgesprochen leise Kabarettnachmittag unter dem verhaltenen Lachen des Publikums schon den Charakter einer Geisterbeschwörung anzunehmen, der man gebannt beiwohnte, die man aber auch mit einer gewissen Erleichterung wieder verließ.