Ein verheerendes Erdbeben auf Haiti war 2010 der Grund, dass sich der Verein Taubertäler Hilfsgemeinschaft in dem Land engagierte. Zehn Jahre danach erinnert sich der Vereinsvorsitzende Jürgen Schmitt an die Anfänge und zieht eine Zwischenbilanz.
Bei dem verheerenden Erdbeben starben nach offiziellen Angaben mehr als 300 000 Menschen und wohl ebenso viele wurden teils schwer verletzt. Viele Menschen verloren ihre Bleibe sowie ihr ganzes Hab und Gut. Dies war der tragische Anlass, warum sich der 1997 gegründete Verein Taubertäler Hilfsgemeinschaft bis heute dort engagiert.
Hilfe beim Wiederaufbau
Die humanitäre Arbeit habe unmittelbar nach dem Erdbeben begonnen. "Aufgrund der furchtbaren Bilder und Berichte in den Medien bekamen wir Spenden, ohne dazu aufgerufen zu haben", sagt er. Daraufhin hätten sie Kontakte zu anderen Hilfsorganisationen gesucht und sich schließlich auf eine Zusammenarbeit mit der Haiti Kinder Hilfe in Aichach konzentriert.
Nach kurzer Zeit fragten die Aichacher in Lauda-Königshofen an, ob jemand mit französischen Sprachkenntnissen und Organisationstalent bereit sei, nach Haiti zu reisen. Die Kinderheime der Organisation seien vom Erdbeben schwer beschädigt worden.
Nach dem Beben nach Haiti
Kurzerhand reiste Schmitts Ehefrau Luzia mit einer Würzburger Ärztin nach Haiti. "Der Aufenthalt im Katastrophengebiet ohne funktionierende Infrastruktur war nicht ohne Risiko und reisetechnisch sowie medizinisch eine Herausforderung", erinnert sie sich.
In einem schwer vom Erdbeben betroffenen Armenviertel in Carrefour, Haitis zweitgrößter Stadt, trafen sie auf ihre heutigen Partner, deren Wunsch es war, mit einer Schule den traumatisierten Kindern einen regelmäßigen Tagesablauf zu ermöglichen.
Mit den Spenden der Taubertäler Hilfsgemeinschaft konnten Eltern und Lehrer in Eigeninitiative einen provisorischen Bau errichten. Das sei "ein erster und ganz wichtiger Schritt" gewesen, sagt Schmitt. "Nur wenige Wochen nach dem Erdbeben konnte die Schule wieder beginnen." Jedoch war der aus Holz und Wellblech bestehende Schuppen schnell zu klein.
Eine Schule für 400 Kinder
Deshalb bauten die Helfer ein gemauertes und möglichst erdbebensicheres Gebäudes. Nur 14 Monate nach dem Erdbeben feierte Schmitt vor Ort gemeinsam mit mehreren Partnern das Richtfest für das Schulhaus. Inzwischen gehen dort rund 400 Kinder zur Schule.
"Wir haben sie mit einem Anbau erweitert, so dass in neun Klassenzimmern und allen Klassenstufen Unterricht angeboten werden kann", sagt Schmitt. Dazie einen Kindergarten für 80 bis 90 Kinder und eine Küche, um Kinder täglich mit einer warmen Mahlzeit zu versorgen.
Mittlerweile habe sich die Schule zum Mittelpunkt der lokalen Gemeinschaft entwickelt. Man feiere sonntags gemeinsam den Gottesdienst, Hochzeiten, Trauerfeiern und halte Versammlungen aller Art ab.
Arbeit für Handwerker vor Ort
"Wir halten die Schulbildung in einem Land, in dem über die Hälfte der Menschen nicht lesen und nicht schreiben kann, für den Schlüssel in eine bessere Zukunft", betont Schmitt. "Darüber hinaus haben wir mit unseren Investitionen in den Bau und Unterhalt der Schule für viele Menschen Arbeit und Einkommen generiert." Mit diesen Aufträgen seien die Handwerker vor Ort gestärkt worden.
Im vergangenen Jahr weihte Schmitt in Haiti neben der Schule eine Gesundheitsstation ein.
Denn in Haiti gebe keine staatliche Gesundheitsversorgung, so dass viele Menschen keinen Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung hätten. "Aus Spendengeldern finanzieren wir an drei Tagen in der Woche einen Arzt und an vier Tagen in der Woche eine Krankenschwester", sagt Schmitt. Die Station werde von Patienten überrannt, verdeutlicht er den enormen Bedarf. In der Station gebe es auch eine kleine Apotheke mit wirksamen Medikamenten.
Halbe Million Euro investiert
Schmitt zieht eine Zwischenbilanz der Hilfe in Haiti in den vergangenen zehn Jahren: Der Verein habe "etwas mehr als eine halbe Million Euro in unsere Entwicklungshilfe in Haiti gesteckt". Er lobt die zuverlässigen Partner vor Ort: Er kenne die Lehrer und viele Kinder. Mit dem Schulleiter und seiner Familie sei er freundschaftlich verbunden.
Für Schmitt ist diese enge, persönliche Zusammenarbeit wichtig: "Das macht eine Arbeit ohne jede Korruption möglich, so dass kein Geld in dunklen Kanälen verschwindet." Denn letztlich seien es die vielen Spender, die Projekte erst ermöglichen. Obwohl ihm bewusst sei, dass dies keine Dauerlösung sei, hofft er, dass sein Verein noch lange vor Ort helfen könne.