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Tauberbischofsheim
„Wir stehen an einer Epochenschwelle“
Cajus Wypior bei seinem Vortrag am MGG.
Foto: Ulrich Feuerstein | Cajus Wypior bei seinem Vortrag am MGG.
Ulrich Feuerstein
 |  aktualisiert: 21.03.2025 02:38 Uhr

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst allgegenwärtig. KI generiert Bilder, erstellt Texte, hilft beim Übersetzen, bearbeitet Videos, erzeugt Musik. Es gibt kaum noch einen Bereich, in dem KI nicht zum Einsatz kommt. Gilt das auch für die Bildung? Macht KI letztlich die Schule überflüssig? Mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigte das Lehrerkollegium des Matthias-Grünewald-Gymnasium sich beim Pädagogischen Tag in Kooperation mit dem Kreismedienzentrum.

„Wir stehen an einer Epochenschwelle“, erklärte Cajus Wypior. Er war der Hauptreferent des Pädagogischen Tages und verantwortet als Direktor am Seminar in Heilbronn den Bereich Gesellschaftswissenschaften. Seinen Angaben zufolge hat vor zwei Jahren eine „KI-Revolution“ eingesetzt. Die Leistungsfähigkeit der Künstlichen Intelligenz verdopple sich gegenwärtig alle drei bis vier Monate. KI spare damit tausende Jahre an Arbeit ein.

Was bedeutet dies für die Schule? Wypior verwies auf die Handlungsempfehlung der Kultusministerkonferenz vom letzten Herbst. Dort heißt es: „Die Länder sind sich darin einig, dass ein allgemeines Verbot von KI zur Bearbeitung von in häuslicher Arbeit anzufertigenden Produkten – unter Berücksichtigung der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler – weder zielführend, wünschenswert noch durchhaltbar ist.“ Als Konsequenz dessen seien die Lehrer zu befähigen, „sich der veränderten Funktion und Rahmenbedingungen bewusst zu sein.“

Wypior gab anschließend einen Überblick über die Entwicklung der KI und erläuterte deren Vorgehensweise. Dabei handele es sich um ein großes Sprachmodell (Large Language Model, LLM), das neben anderen Aufgaben auch Text erkennen und generieren kann. Die von einem LLM erzeugten Texte sind, so Wypior, nur statistisch erzeugte „Wort-Wolken“. Sie seien zwar syntaktisch korrekt, aber ohne jede Semantik. „Der Sinn muss erst vom Menschen hineingelesen werden“, betonte Wypior. Eine KI funktioniere wie ein Papagei, der munter drauflos plappere, aber nicht verstehe, was er sagt.

Cajus Wypior bei seinem Vortrag am MGG.
Foto: Ulrich Feuerstein | Cajus Wypior bei seinem Vortrag am MGG.

Dessen müssen Schüler und Lehrer sich laut Wypior bewusst sein: „KI weiß nichts, denkt nicht, versteht nichts. KI ist nicht intelligent oder gar intellektuell. KI ersetzt keine Suchmaschine. KI ist nicht zitierfähig. KI ist und hat keine Autorität.“ Was die KI als Ergebnis ausspucke, müsse nach wie vor kritisch überprüft werden.

Immanuel Kants These von der Aufklärung als Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit gewinnt dadurch, so Wypior, ganz neue Aktualität. „Der Ausgang aus Unmündigkeit besteht heutzutage auch darin, die KI-Outputs kritisch zu reflektieren, statt sie blind zu übernehmen.“ Die Schule diene dazu, die Schüler zur Bildung zu befähigen. Das gelte auch für den Umgang mit KI. „Die Dummen überlassen sich der KI. Die Gebildeten nicht.“

Nach dieser ebenso fundierten wie engagierten Einführung hatten die Pädagogen des MGG die Möglichkeit, im Rahmen verschiedener Workshops sich mit den Chancen und Risiken von KI näher vertraut zu machen. Dabei zeigten Verena Arndt, Michael Schurk, Karl-Christian Weber und Matthias Völzke vom Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) unter anderem, wie man richtig promptet. Das sind klar formulierte Anweisungen oder Fragen, die dazu dienen, spezifische Reaktionen oder Antworten von einer KI zu generieren. Anwendungsbeispiele in verschiedenen Fachbereichen lieferten den Pädagogen zudem Ideen für den eigenen Unterricht.

Am Ende des Pädagogischen Tages hatten die Pädagogen des MGG ein realistisches Bild von den Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz gewonnen. Der Einschätzung von Cajus Wypior stimmten alle zu: „KI kann nicht wirklich Neues denken, erschaffen oder kreativ sein.“ Demensprechend war man sich einig, dass KI die Schule nicht ersetzen kann. Sie aus der Schule zu verbannen, sei aber auch nicht sinnvoll. Um KI sinnvoll nutzen zu können, brauche es die kritische Auseinandersetzung in der Schule. Denn: „Gute Ergebnisse mit KI erfordern Wissen und Kompetenz und sind arbeitsintensiv!“

 
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