Ein wertvoller Druck von Salvador Dalí, handsigniert von dem weltbekannten Hauptvertreter des Surrealismus, ergänzt nun die Sammlung des Ottmar-Mergenthaler-Museums in Hachtel. Das Bild mit dem Titel „Linotype“ stellt die gleichnamige Erfindung des Hachteler Heimatsohns dar, schreibt Markus Moll in einer Pressemitteilung. Er revolutionierte mit seiner Zeilensetzmaschine in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Druck und machte damit Massenauflagen von Tageszeitungen, Zeitschriften, Büchern sowie religiösen und wissenschaftlichen Schriften erst möglich. Pünktlich zu Mergenthalers Geburtstag, der am 11. Mai 167 Jahre alt geworden wäre, wurde das Bild dem Museum mit seinem Leiter Horst Wagner übergeben.
Der kunstinteressierte Hachteler Ortschaftsrat und Vereinsvertreter Karl Gerlinger hatte Dalís Grafik vor einigen Jahren in einer Ausstellung entdeckt. Es gehört zu einem zwölfteiligen Werk unter dem Titel „Hommage an Leonardo da Vinci“, in dem Dalí im Jahr 1975 die seiner Wahrnehmung nach wichtigsten Erfindungen der Menschheit darstellte. Dazu gehörten für ihn nicht nur Flugzeug und Automobil, Telefon und Glühbirne, Computerschaltung und Nähmaschine, sondern eben auch Mergenthalers Linotype. Als vollständiges Mappenwerk wurden die mehrfarbigen Radierungen mit Pochoir (Schablonen) auf Arches-Büttenpapier ab 1980 vertrieben.
Druck Nummer 35 aus der Erstauflage beschafft
Auf Karl Gerlingers Initiative hin beschloss der Ortschaftsrat des Bad Mergentheimer Stadtteils einstimmig, ein Exemplar der Linotype-Grafik zu erwerben. Nunmehr ist es gelungen, den Druck Nummer 35 aus der in einer Auflage von 60 Stück erschienenen Erstauflage zu beschaffen. Zu dieser kam später eine weitere Auflage mit jeweils 450 Exemplaren der zwölf Bilder hinzu.
Die Anschaffung des Dalí für das Ottmar-Mergenthaler-Museum wurde jeweils zur Hälfte von der Ortschaftsverwaltung und aus dem Budget des Dorfgemeinschaftshauses bzw. der Hachteler Vereine bezahlt, wie Reinhard Brand als Ortsvorsteher und Oskar Fritzmann für die Vereinsgemeinschaft erläuterten. Den hochwertigen Rahmen, der in der Bad Mergentheimer Manufaktur Sommerhaus angefertigt wurde, wurde durch eine Privatspende finanziert. Hinzu kommt noch eine Verglasung, so dass das Bild vor UV-Einstrahlung und anderen Einflüssen hervorragend geschützt ist.
„Indem uns diese Anschaffung gelungen ist, ist aus Surrealismus sozusagen Realität geworden“, sagte Ortsvorsteher Brand. Allein dadurch, dass sich ein so großer Künstler wie Dalí intensiv mit der Linotype befasst habe, werde deutlich, dass es sich um eine wirklich wichtige Erfindung handelte.
Linotype war weltweit im Einsatz
Als nächster großer Entwicklungsschritt nach Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks hat die Linotype die moderne Tageszeitung erst möglich gemacht. Sie war weltweit im Einsatz, bis sie durch den Fotosatz abgelöst wurde. „Und doch lässt sich die Gegenwart nicht ohne die Kenntnis des Vorangegangenen begreifen“, formulierte Karl Gerlinger.
In Dalís Werk ist die Linotype unten rechts und nicht im Zentrum abgebildet – wohl deshalb, „weil sie den Menschen dient“, vermutet er. Ein farbiger Wirbel unten links könnte das Chaos des Lebens symbolisieren, in dem erst die Entwicklung der Sprache und besonders der Schriftsprache Form und Gestalt brachten. Einzelne Buchstaben in dem Bild – zusagen von der Linotype gedruckt – stehen wohl für die von Dalí bewunderten Künstler Ernst Fuchs und Arno Breker (E und A), für Salvador Dalís Initialen und für Ottmar Mergenthaler (O). Die Sonnenstrahlen von oben dürften seinen Erfindergeist beschreiben.
Das Bild und eine Übersicht über alle zwölf Radierungen aus der „Hommage an Leonardo da Vinci“ werten nun den Eingangsbereich zum Museum im ersten Obergeschoss des ehemaligen Hachteler Rathauses deutlich auf und bilden einen besonderen Blickfang. Sobald es die Corona-Situation ermöglicht, wird das Museum wieder jeden ersten Sonntag im Monat von 13 bis 17 Uhr geöffnet sein und auf Anfrage auch individuelle Führungen für Gruppen anbieten. In diesem Rahmen erhalten Kunstinteressierte Zugang zu dem Werk.