Ein junger Mann, der seine Ex-Freundin mit einer Spionage-App überwacht hat, wird dafür vor Gericht verurteilt. Doch App-Anbieter werben gezielt, dass möglicherweise untreue Partner leicht ausgespäht werden können.
Er wusste, wo sie war, wem sie WhatsApp-Nachrichten schrieb und welche Bilder sie auf dem Handy hatte: Ein 20-Jähriger hat seiner ehemaligen Freundin eine Spionage-App auf ihr Handy gespielt – ohne dass die Frau davon wusste. Mindestens drei Monate lang soll er sie auf Schritt und Tritt überwacht haben.
Nun hat das Amtsgericht Heilbronn den Geständigen wegen des Abfangens von Daten zu einer milden Jugendstrafe von 30 Arbeitsstunden verurteilt. Er hatte zugegeben, dass seine Tat „schon ziemlich krank“ gewesen sei.
Spionage-Apps lassen sich mit wenigen Klicks auf ein Smartphone herunterladen – doch wer sie nutzt, bewegt sich in einer rechtlichen Grauzone. Wer sie ohne Zustimmung des Telefonbesitzers installiert, kann vor Gericht landen.
Den App-Anbietern scheint das egal zu sein – sie sprechen gezielt misstrauische Menschen an: „Haben Sie sich schon mal Sorgen gemacht, dass Ihr Partner sie betrügt?“ Damit werden die Kunden auf dünnes Eis gelockt, rechtlich und moralisch. „Das ist die nächste Eskalationsstufe des Nachstellens neben Stalking“, sagte die Landesbüroleiterin der Opferorganisation Weißer Ring, Claudia Beck, in Stuttgart. Fotos beträfen die Intimsphäre einer Person. „Das verstärkt beim Opfer das Gefühl, ausgeliefert zu sein“, sagt Beck.
Der junge Mann, der jetzt vor Gericht stand, hat die App nach eigenen Angaben in einem kurzen unbeobachteten Moment installiert, wie ein Gerichtssprecher mitteilt. Seine Freundin sei eifersüchtig gewesen, das habe auf ihn aubgefärbt, sagte er vor Gericht. Die Software firmiert als Diebstahls-App, mit der etwa ein verloren gegangenes Handy zu orten ist.
Auf dem Handy ist sie nach Angaben des Anbieters nicht durch die typische quadratische App-Schaltfläche zu erkennen, sondern wird als „Device-Management“ aufgeführt – damit wird womöglich der Eindruck erweckt, es handle sich um eine systemrelevante Software. Der IT-Sicherheitsexperte Ronald Eikenberg aus der Redaktion der Computerzeitschrift c't kennt diese Masche. Die Spionagesoftware benutze zur Verschleierung manchmal Namen wie Browser oder Facebook, sie könne aber auch als Spiel getarnt sein.
Bei der Aufforderung eines Bekannten, das Spiel zu installieren, dächten sich viele nichts. Das andere Programm läuft im Hintergrund, ohne dass es jemand merkt. Wer befürchtet, Spionagesoftware auf dem Handy zu haben, dem empfiehlt Eikenberg, das Gerät mit einem Antivirenprogramm zu scannen. Dabei werde sie wahrscheinlich entdeckt.
Wenn Partner einander ausspionieren, kommt eine moralische Komponente hinzu: „Das ist ein Mega-Vertrauensbruch, das geht natürlich gar nicht“, sagte Simone Janssen, Präsidentin des Gesamtverbandes der Ehe- und Partnervermittlungen. Wenn so wenig Vertrauen da sei, dass jemand den Partner überwache, sei das keine Basis für eine Beziehung, meinte die Expertin. Sie zitierte eine Umfrage, nach der jeder Zehnte schon einmal heimlich SMS, Briefe oder E-Mails seines Partners gelesen hat. Früher hätten misstrauische Ehefrauen in den Anzugstaschen ihrer Männer nachgeschaut, ob sie Hotelrechnungen für zwei Personen finden. Spionage gehe aber eindeutig zu weit.
Allerdings wendet Janssen selbst eine Spionage-App an: auf dem Handy ihres zehnjährigen Sohnes. „Damit ich wüsste, wo er ist, wenn er nicht nach Hause kommt.“