Bereits seit über 100 Jahren gibt es den Weltfrauentag. Am 8. März wird auch in diesem Jahr weltweit auf die (Un-)Gleichbehandlung von Frauen hingewiesen. Dazu die Nachfrage in der Region Main-Tauber bei Unternehmen, Landratsamt und Hochschule – was passiert hier beim Thema "Frauen und Beruf"?
"Wir bei LAUDA wünschen uns definitiv mehr Frauen in Führungspositionen in unserem Unternehmen. Gerade in unserer Branche eine Herausforderung, die wir aktiv angehen wollen, denn bei uns arbeiten rund 70 Prozent Männer", erklärt Claudia Haevernick, Leiterin der Unternehmenskommunikation. "Frauen müssen stärker an ihre Fähigkeiten glauben und sich von den klassischen Rollen-Berufen lösen." Deshalb unterstütze man unter anderem die "Futurelabs", die jungen Menschen dabei helfen, ihre Stärken und Kompetenzen zu schulen, ob in der Werkstatt oder im Bereich Design Thinking. "Auch Weiterbildung von jungen, weiblichen Führungskräften ist ein wichtiger Punkt oder die Möglichkeit Familie und Führungsposition unter einen Hut zu bekommen. Die Entweder-oder-Frage muss überflüssig werden."
Als Gesellschafter der Wirtschaftsregion Heilbronn-Franken GmbH (WHF) ist der Landkreis Main-Tauber an der Finanzierung der Kontaktstelle "Frau und Beruf Heilbronn-Franken" beteiligt. "Außer an den Standorten Heilbronn, Künzelsau und Schwäbisch Hall werden auch im Main-Tauber-Kreis, genauer in Tauberbischofsheim, kostenfreie Beratungen für Frauen angeboten, die insbesondere vor der Herausforderung stehen, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren", erklärt Pressesprecher Markus Moll.
Beraterinnen mit langjähriger Erfahrung
"In den Beratungsgesprächen wird je nach Bedarf auf Themenschwerpunkte eingegangen, wie eine flexible Arbeitszeitanpassung, qualifikationsgerechte Beschäftigung, Existenzgründung und Selbstständigkeit. Tun sich Frauen beim Wiedereinstieg in den Beruf nach der Familienphase schwer, möchten sie sich persönlich und beruflich weiterentwickeln oder umorientieren oder mit einer Geschäftsidee den Schritt in die Selbstständigkeit wagen, so stehen ihnen die Beraterinnen mit langjähriger Erfahrung zur Seite", so Moll.
Das Portfolio der "Kontaktstelle Frau und Beruf" umfasse zudem verschiedene Coaching- und Qualifizierungsangebote sowie Netzwerkveranstaltungen. Ein übergeordnetes Ziel sei die Gleichstellung von Frauen im Beruf. Für das Angebot sei man landesweit mit Weiterbildungsträgern, Arbeitsagenturen, Wirtschaftsorganisationen und Unternehmen in engem Kontakt.
Silke Diehm ist Beraterin der "Kontaktstelle Frau und Beruf Heilbronn-Franken" in Tauberbischofsheim. Sie erläutert: "Frauen bilden ein großes Fachkräftepotenzial und sind in der Arbeitswelt unverzichtbar. Die Kontaktstelle Frau und Beruf Heilbronn-Franken leistet mit ihrem Beratungs- und Veranstaltungsangebot einen Beitrag zur Chancengleichheit." Die Kontaktstelle unterstütze Frauen in verschiedenen Phasen ihres Berufslebens: "Wir helfen Frauen, ihre Gedanken zu sortieren und Orientierung zu geben. Damit können sie dann Entscheidungen für ihre Zukunft treffen und den Weg mutig und selbstbewusst gehen."
Hilfestellung für Frauen mit Migrationshintergrund
Im jährlich durchgeführten Mentorinnen-Programm für Migrantinnen würden Frauen mit Migrationshintergrund Hilfestellung bei ihren beruflichen Schritten erhalten. "Außerdem informiert und unterstützt die Kontaktstelle Unternehmen bei der Gewinnung und Bindung weiblicher Fachkräfte."
Jasmin Wild aus Bad Mergentheim ist Mentorin für Führungskräfte. Sie fragte sich: "Wie Baby und Business vereinen? Davon hatte ich vor der Geburt meines ersten Kindes vor rund einem Jahr keine Vorstellung. Mein Ziel war kein ,Entweder-oder', sondern ein ,Sowohl-als auch'." Ein Jonglieren zwischen "schlaflos Windeln wechseln" und "Brei füttern" habe sich nicht bewahrheitet. "Unschlagbarer Vorteil und zugleich ein entdecktes Privileg ist meine Großfamilie. Gemeinsam mit ihr leben wir das Motto ,Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf'."
Workshops mit Baby in der Trage gehalten
Schon vier Monate nach der Geburt ging es für Jasmin Wild aufgrund ihrer Selbstständigkeit auf Kundenbesuche. "Tagsüber gab ich Workshops und Mentorings mit Babytrage oder Kinderwagen. Abends zeigte sich der neue Vorteil: In Hotels schlief ich nicht mehr allein, sondern mit Sohn und einem familiären Babysitter. Als Familienmensch für mich viel schöner als zuvor. Ein Dank geht an alle Kunden für ihre Familienfreundlichkeit." Sie ist mit ihrem zweiten Kind schwanger und weiß: "Baby und Business ist nicht nur machbar – nein, es ist sogar noch viel schöner. Nichtsdestotrotz ist mein Vorsatz diesmal: ein bisschen mehr Ruhe."
Prof. Marthe Kaufholz ist die Örtliche Gleichstellungsbeauftragte der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach, zu der auch der Campus Bad Mergentheim gehört. Sie sagt: "Ein konkretes Ziel der Gleichstellung der DHBW ist die Erhöhung der Anzahl exzellenter Professorinnen. Obwohl seit 100 Jahren Frauen in Deutschland Professorinnen werden dürfen, sind wir leider noch sehr weit weg von einer paritätischen Besetzung. In Mosbach beträgt der Anteil der Frauen im Kollegium nur 17 Prozent – Tendenz langfristig fallend. Bei den Neubesetzungen der Stellen – vor allem im Bereich Technik – bewerben sich fast nur Männer. Und einige Professorinnen an der DHBW Mosbach werden in den nächsten Jahren in Ruhestand gehen."
Frauen für den Job als Professorin begeistern
Um dem entgegenzusteuern, sei seit einigen Jahren das "Active Recruitment" gesetzlich vorgeschrieben. Das bedeute, dass Professorinnen und Professoren verpflichtet sind, aktiv Frauen zu suchen und für den "Traumjob Professorin" zu begeistern. "Aber diese Frauen zu finden, erweist sich als schwierig – da im Verlauf der akademischen Ausbildung immer mehr von ihnen der Wissenschaft und Lehre den Rücken zukehren. An der DHBW Mosbach versuchen wir dem entgegenzusteuern, indem wir junge Talente suchen und auf dem Weg zur Professur unterstützen."
Weshalb bemühen sich so wenige Frauen? "Dazu könnte man einen ganzen Artikel schreiben – das ist vielschichtig." Als Beispiele nennt die Gleichstellungsbeauftragte fehlende Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Stereotype, dass Frauen angeblich nicht in Führungspositionen gehören, die Wettbewerbssituation, die in der Wissenschaft herrscht, die Unattraktivität der Arbeitsstellen aufgrund des Wissenschaftsarbeitszeitgesetzes, Unwissenheit oder ein falsches Bild vom Beruf Professorin oder dem Beamtentum. Auch "Unconscious Bias" in Förderungs- oder Berufungsverfahren, also sich unbewusst zu fragen: Bekommt die Frau das hin?, sowie fehlende Vorbilder würden eine Rolle spielen. Was dagegen tun? "Aufklären, Vorbild sein, sichtbar sein – immer und immer wieder."