Ganz so wie im echten Leben startete auch der "Digit@l Train" (digitaler Zug) im Rahmen der "WueWebWeek" bei der Firma Wittenstein SE mit Verspätung. Dies lag allerdings nicht am maroden Schienennetz oder am schlechten Zugmaterial, sondern eher an den Gesprächen, die schon im Vorfeld der Veranstaltung von den Besuchern im Digitalization Center der Innovationsfabrik rege in Anspruch genommen wurden.
So begrüßte Partrick Hantschel, Leiter Digitalization Center von Wittenstein, die Kollegen und Besucher mit rund zehn Minuten Verspätung. Vor allem Fachpublikum aus den Bereichen Softwareentwicklung und Digitale Welten wollte sich vor Ort informieren, wie aus einem Maschinenbauer ein Global Player der Mechatronik und Pionier der Digitalisierung wird.
Die große Herausforderung der Vernetzung
In den Produktionshallen werden jede Menge unterschiedliche Getriebe und Motoren gefertigt, teils als Konfektion, teils auch auf direkte Kundenanfrage. Die einzelnen Abteilungen und Maschinen miteinander zu vernetzen sei derzeit die größte Herausforderung. Das Ziel: Aus der Menge der Daten genau die herauszufiltern, die für den Fortgang des Entwicklungs- und Entstehungsprozesses notwendig und relevant sind.
Bei Wittenstein habe man sich bewusst gegen eine reine Produktion über Roboter entschieden, denn noch immer sei der Mensch das Maß aller Dinge. Trotzdem nutzt man im Unternehmen die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz, um noch effektiver zu arbeiten und näher am Kunden zu sein. Ein Beispiel für vernetztes Arbeiten von Maschine und Mensch zeigte Student Paul Schmidt. Er hat zusammen mit mehreren Kollegen ein vernetztes "Werkerassistenzsystem" entwickelt, das es mithilfe von optischen Anzeigen erlaubt, für einen speziellen Auftrag alle benötigten Teile nacheinander aus dem Vorrat zu nehmen. Bisher nutzte man dafür immer lange Teilelisten, nun übernimmt ein Touchscreen und eine intelligente Steuerung die Produktentnahme.
500 000 verschiedene Motoren
Das Bestellwesen ist vollständig über das Internet und die eigene Homepage abrufbar. Ein gedruckter Katalog wäre bei 80 000 verschiedenen Getriebemöglichkeiten und über 500 000 unterschiedlichen Motoren auch nicht sehr komfortabel. Der Anwender gibt seine Spezifikationen ein und erhält dann das gewünschte Produkt mit all seinen Daten angezeigt. Auch hierfür müssten Unmengen von Daten verarbeitet und aktualisiert werden.
Neue Wege in der Zusammenarbeit von Mitarbeitern gehe man mit dem "Design Thinking". Hier werde immer zuerst gefragt, was der Kunde oder Nutzer haben möchte. Dieses "kreative Chaos" lasse vollkommen neue Denkmöglichkeiten zu, sei aber kein Allheilmittel. Es soll den Produktionsprozess unterstützen und somit für eine noch bessere Anpassung an den Markt sorgen, so Dr. Peter Döppler.
Diese Ansätze der Firma Wittenstein lösten wie gewünscht viele Diskussionen unter den Besuchern mit Mitarbeitern aus. "Vernetzen sie sich", hatte Leiter Patrick Hantschel schon zu Beginn der Veranstaltung gesagt. Im kommenden Jahr soll der digitale Zug erneut in Igersheim halten. Dann allerdings wieder mit ganz anderen Ansätzen.