Was bewegte die Menschen in Tauberbischofsheim Stadt vor 100 Jahren? Es waren die Reichspräsidentenwahlen, die Landtagswahlen in Baden, das kulturelle Leben in der Stadt, Sportveranstaltungen und Jubiläen.
Stadtoberhaupt war im Jahr 1925 Eugen Diebold, der bereits seit 1923 sein Amt innehatte. Er war gleichzeitig, der letzte gewählte Tauberbischofsheimer Bürgermeister der Weimarer Republik. Die Stadt hatte damals 3672 Einwohner. Es gab eine katholische Gemeinde (3270 Personen), eine evangelische Gemeinde (287 Personen) und eine jüdische Gemeinde (111 Personen) sowie Einwohner ohne Religionszugehörigkeit (vier Personen).
Günstige Schuhe kauften die Tauberbischofsheimer und Tauberbischofsheimerinnen im Schuhhaus von Jakob Levy in der oberen Hauptstraße. Im Januar 1925 warb er in seiner Anzeige für Lackschuhe für die Ballsaison. Die neueste Mode gab es beim Kaufhaus Firsching für fertige Kleider aus reiner Wolle zahlte die Dame damals 11,50 Reichsmark – einen Kostüm-Rock bekam sie schon 3,25 Reichsmark. Bei der Milchzentrale in Tauberbischofsheim gab es ein Pfund Tafelbutter ab 1,70 Reichsmark. Emil Weihrauch verkaufte im Kaiser Kaffeegeschäft den günstigsten Kaffee für 2,45 Reichsmark das Pfund. Die Herren mussten für einen halben Liter Bier in den zahlreichen Gaststätten der Stadt 35 Reichspfennig bezahlen. Der Durchschnittsmonatslohn eines Arbeiters oder Angestellten betrug damals 126 Reichsmark. Zum Baden ging es am Wochenende in die Städtische Badanstalt mit Wannenbad, geöffnet war freitags und samstags.
In der Stadt gab es damals nur den Autohändler Emil Weihrauch. Er bot vier Fahrzeugmodelle an: Den viersitzigen Brennabor-Wagen 6/20 PS (5200 Reichsmark), den sechssitzigen Brennabor-Wagen 8/24 PS (6800 Reichsmark), den zweisitzigen Opel -Wagen 4/14 PS (4000 Reichsmark) und den Opel-Wagen 4/16 PS (4600 Reichsmark). Michael Weinig verkaufte in Tauberbischofsheim landwirtschaftliche Maschinen darunter eine Sack`sche Sämaschine und gewährte hierzu weitgehendste Zahlungsziele.
Nach dem Tod von Reichspräsident Friedrich Ebert wurden am 29.März 1925 die Reichspräsidentenwahl durchgeführt. Beim ersten Wahlgang gab es keinen eindeutigen Sieger und so wurde ein zweiter Wahlgang mit nur drei Kandidaten festgesetzt. Am 27.April stand schließlich das Wahlergebnis fest. Im Reichsgebiet fielen 14,6 Millionen Stimmen an Paul von Hindenburg (Reichsblock), 13,7 Millionen Stimmen an Wilhelm Marx (republikanischer Volksblock / Zentrum) und 1,9 Millionen Stimmen an Ernst Thälmann (KPD). In Tauberbischofsheim beteiligten sich von den 2256 Wahlberechtigten 1923 Bürger an den Wahlen. Gegenüber dem deutschlandweiten Trend bekam hier Wilhelm Marx (Zentrum) 1499 Stimmen, Paul von Hindenburg (Reichsblock) 368 Stimmen und Ernst Thälmann (KPD) 23 Stimmen. Bei den Landtagswahlen in Baden am 25.Oktober 1925 wurde die Zentrumspartei im Bezirk Tauberbischofsheim mit 10.014 Stimmen die stärkste Partei – erstmals tauchte die im Februar 1925 neu gegründete NSDAP in den Wahllisten auf, blieb jedoch im Tauberbischofsheimer Wahlbezirk mit 29 Stimmen unbedeutend. Nur acht Jahre später beendete diese Partei die Demokratie in Deutschland.
Im Jahr 1925 gab es ein lebendiges kulturelles Leben in der Stadt mit zahlreichen Veranstaltungen, dieses fand auch in der Turnhalle in der Schmiederstraße statt. Besonders beliebt war das Kino "Fränkische Lichtbühne", ab 1927 Vaters Lichtspiele. Die Blockbuster im Jahr 1925 waren "Die geheimnisvollen Vier", ein amerikanischer Abenteuerfilm von 1924 (Januar 1925), der Monumentalfilm "Quo Vadis" mit Emil Jannings von 1924 (Juni 1925) und der Monumentalfilm "Krimhilds Rache" von 1924 von Fitz Lang – allesamt noch als Stummfilme. In dieser Turnhalle wurden auch regelmäßig Operetten aufgeführt wie im Juli "Die Rose von Stambul".
Auch sportlich war in unserer Stadt einiges geboten. Beim TSV fanden verschiedene Fußballspiele der 1921 gegründeten Fußballabteilung statt. Am 8. März 1925 und 23. September 1925 spielte die 1. Mannschaft des TSV gegen die Würzburger Kickers und am 5. April 1925 gegen eine Auswahl des Infanterie-Regiments 21. Vom 2. Mai bis zum 5.Mai feierte der TSV sein 5. Stiftungsfest mit Sportwettkämpfen.
Im August 1925 konnte das im Ersten Weltkrieg beschlagnahmte Schlagwerk am Rathaus wieder angebracht werden. Die Glöckchen wurden von der Glockengießerei Gebrüder Bachert in Karlsruhe aus Bronze hergestellt. Es gab in diesem Jahr auch mehrere Vereinsgründungen wie die des Radioclubs und die Gründung des Verkehrsvereins Tauberbischofsheim, zuständig für den Tourismus und Verkehr in und um die Stadt. 1925 gab es auch zahlreiche Jubiläen in der Stadt zu feiern. Im August 1925 feierte die Tuberania ihr 40-jähriges Stiftungsfest am Bismarckturm. Am Sonntag, dem 23. Dezember 1925, begann der beliebte Dekan Wilhelm Epp sein silbernes Jubiläum als katholischer Stadtpfarrer in Tauberbischofsheim.
