Seit einem furchtbaren Erdbeben im Januar 2010 in Haiti konzentrieren sich die Arbeiten und Aktivitäten des „Taubertäler Hilfsgemeinschaft e.V.“ auf Hilfe für dort lebende Menschen und speziell für ein dortiges Schulprojekt, durch das seit Oktober 2011 rund 320 Kinder den Unterricht besuchen können. Derzeit befindet sich der Vereinsvorsitzende Jürgen Schmitt erneut für einige Wochen in Haiti, um sich vor Ort um Hilfsmaßnahmen zu kümmern.
Zwar war die Reise bereits länger geplant gewesen, jedoch hat sie aufgrund der Zerstörungen durch den jüngsten Hurrikan „Matthew“ besondere Aktualität und Dringlichkeit erfahren, sagte Schmitt am vergangenen Wochenende in einem Zwischenfazit nach rund zweiwöchigem Aufenthalt. Zudem beschrieb er in einem aktuellen Lagebericht aus Haiti die gegenwärtige Lebenssituation vieler Menschen als „erbärmlich“ sowie als „oft ein Leben im Dreck neben der Straße, inmitten gewaltiger Abgaswolken, ein Leben in Verschlägen, die weder ausreichenden Schutz vor Regen und Hitze bieten, noch vor Eindringlingen aller Art, sei es Tier oder Mensch“. Menschen ohne Einkommen, die versuchten mit ein bisschen Handel am Straßenrand zu überleben, beschrieb der Hilfsgemeinschafts-Vorsitzende die Situation.
Während Haitis Hauptstadt Port-au-Prince nicht so stark von dem Wirbelsturm betroffen gewesen sei, stelle sich die Situation im Süden des Landes, in dem der Zyklon unmittelbar gewütet habe, erschreckend dar, teilte Schmitt aus der im Süden der Insel Haiti gelegenen Küstenstadt Port Salut mit. Dort seien die meisten Palmen und anderen Bäume abgeknickt oder umgerissen sowie oftmals auf Häuser gefallen. Statt tropischer Vegetation sehe die Landschaft „apokalyptisch“ aus. Nicht eines der sowieso schon armseligen Unterkünfte habe sein Dach behalten, vielfach seien sie ganz eingestürzt. „Ich habe schlimme Geschichten gehört, wie ganze Familien schutzlos über viele Stunden betend hinter einer wackligen Hauswand ausharren mussten“, schilderte Schmitt von ihm in Erfahrung gebrachte Geschehnisse. Diesen Menschen sei lediglich die Hoffnung aufs Überleben geblieben, weil ihnen der Zyklon das wenige Hab und Gut genommen habe. Mehr als 800 Menschen hätten den Hurrikan „Matthew“ nicht überlebt. „Viele Menschen müssen hungern, die „staatliche“ Lebensmittelverteilung funktioniert überhaupt nicht“, berichtete der Vorsitzende weiter.
Der Frust, gepaart mit Hunger und den Traumata des Erlebten, habe sich am vergangenen Donnerstag in der ebenfalls im „Departement Sud“ gelegenen Hafenstadt Les Cayes in gewalttätigen Demonstrationen mit brennenden Barrikaden entladen. „Zwei Menschen sollen durch Schüsse ihr Leben verloren haben“.
Immerhin hat die von der „Taubertäler Hilfsgemeinschaft“ erbaute Schule in Carrefour, der im Arrondissement von Port-au-Prince liegende, zweitgrößte, Stadt Haitis, das Unwetter schadlos überstanden. „Das erfüllt uns mit Stolz, haben wir doch offensichtlich ein solides Gebäude errichtet, in dem Menschen, deren Hütte zerstört wurden, Schutz finden können“, berichtete Schmitt voller Stolz.
„Wir haben bereits damit begonnen, für einige Familien neue gemauerte Häuschen zu errichten“, erläuterte er die derzeit besonders dringliche Aufgabe. Zunächst für die Ärmsten der Armen, kinderreiche Familien, alleinstehende Mütter, mittellose Senioren oder Familien, in denen ein Mitglied gehandicapt ist, erklärte Schmitt als wesentliche Kriterien für eine Priorisierung der Hilfsmaßnahmen. „Dennoch bleibt es für unsere haitianischen Partner eine äußerst schwere Aufgabe, eine Auswahl zu treffen“, betonte er.
Auch in der Schule in Carrefour gebe es großen Investitionsbedarf. „Wie in jeder Schule mit lebhaften Kindern die Regel, geht auch hier immer wieder etwas kaputt“, so der Vorsitzende. Hinzu komme die exponierte Lage in einer klimatisch schwierigen Region. „Wir werden die notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen auf den Weg bringen. Wir werden für die Kinder auch das neben der Schule befindliche Grundstück einebnen und als Schulhof nutzbar machen“, kündigte er an.
Als besondere Wünsche der Kinder nannte Schmitt ein Karussell und eine Schaukel. „Ich habe es noch nicht zugesagt, aber ich glaube, dass sie schon gemerkt habe, dass mein Zögern nicht von langer Dauer sein wird“, meinte Schmitt. „Wir haben auch den ersten „ PAUL“ (Portable Aqua Unit for Livesaving) in den Probebetrieb genommen. Wir wollen damit das Zisternenwasser zu trinkbarem Wasser aufbereiten“, erwähnte er als ein weiteres aktuelles Projekt. „Die ersten Erfahrungen sind gut und machen Hoffnung, dass es gelingt“, zeigte sich der Vorsitzende der Taubertäler Hilfsgemeinschaft zuversichtlich, der möglichst bald erneut nach Haiti reisen möchte, um die Hilfe weiter zu koordinieren.