Die Menschen würden Weltliteratur lesen wollen, erklärte Übersetzerin Karin Betz im Gespräch mit Beatrice Faßbender, seien sich aber oftmals nicht im Klaren darüber, welcher Aufwand hinter der Übersetzungsarbeit stünde. Zuweilen würde die Recherche und Tiefgründigkeit sogar von den Verlagen selbst unterschätzt und zu wenig gewürdigt, merkte sie an. Kulturelle Gepflogenheiten, Sprachrhythmik, das Auslegen von Wörtern und Schriftzeichen oder das korrekte Zitieren seien nur einige Beispiele und Hürden, die das Übersetzen zu einer kreativen und aufwendigen Kunst machen würden, so Karin Betz, die zumeist aus dem Chinesischen ins Deutsche übersetzt.
Bei ihrem Gespräch bei der sechsten Bad Mergentheimer "Winterlese" erinnerten die beiden Übersetzerinnen beziehungsweise Lektorinnen vor allem an ihre Kollegin Dr. Anne Emmert. Die aus Creglingen stammende Übersetzerin war Anfang dieses Jahres bei einem tragischen Verkehrsunfall verstorben. Anne Emmert hatte seit 1996 etwa 150 Titel aus dem Englischen übersetzt, vor allem Sachbücher. Posthum wurde sie mit dem Übersetzerpreis "Rebekka" vom Freundeskreis zur Förderung literarischer und wissenschaftlicher Übersetzungen e.V. auf der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. Die Nachricht zu dem Preis hatte sie noch erreicht und gefreut.
Büchermarkt kleiner, unabhängiger Verlage
Das Gespräch zwischen Beatrice Faßbender und Karin Betz zur Übersetzungskunst und in Gedenken an Anne Emmert war eines im Lesungsprogramm der "Winterlese", die in diesem Jahr – bei ihrer sechsten Auflage – erstmals im evangelischen Gemeindezentrum in Bad Mergentheim stattfand – und wieder von zahlreichen Literatur-Interessierten besucht wurde. Die "Winterlese" ist ein Büchermarkt kleiner, unabhängiger Verlage aus ganz Deutschland, an dem sich heuer 18 Verlage beteiligten. Sie stellten neue Sachbücher und Romane, Reiseliteratur, Gedichtbände und Kinderbücher vor. Die Ausstellung bot wieder Gelegenheit, mit Verlegerinnen und Verlegern ins Gespräch zu kommen und Bücher zu erwerben.
Parallel zur Verlagsausstellung liefen Lesungen und Gespräche. Unter anderem präsentierte Buchpreisträger Frank Witzel sein neues Buch "Die Möglichkeit einer Micky Maus" (Verbrecher Verlag), das vom Abschiednehmen handelt, und Kafka-Experte Hans-Gerd Koch sprach über sein jüngstes Buch "Kafkas Familie. Ein Fotoalbum". Auch für Kinder ab vier Jahren gab es ein abwechslungsreiches Programm: Die "Buchserviererinnen" lesen aus spannenden, lustigen, fantasievollen Kinder- und Bilderbüchern vor.