Um die extensive Beweidung von Kalkmagerrasen und die Pflege dieser seltenen Ökosysteme ging es vor kurzem beim baden-württembergischen Landschaftspflegetag. Dieser fand im Main-Tauber-Kreis statt. Die nachfolgenden Informationen entstammen einer Pressemitteilung des Landratsamtes Main-Tauber-Kreis.
Auch im Taubertal gibt es naturkundliche Besonderheiten wie extensive Kalkmagerrasen, Trockenmauern und Lesesteinriegel zu sehen. Sie sind beispielsweise in Werbach im geplanten Naturschutzgebiet Limbachsleiten, im Naturschutzgebiet Wormental und am Hirschberg zu finden. Fast 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Baden-Württemberg, die sich beruflich oder ehrenamtlich mit Naturschutz beschäftigen, nahmen an der Veranstaltung teil.
Eingeladen hatten die Akademie Ländlicher Raum Baden-Württemberg, die Koordinierungsstelle der Landschaftserhaltungsverbände Baden-Württemberg bei der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum, das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg sowie das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg. Als Kooperationspartner übernahm der Kommunale Landschaftspflegeverband Main-Tauber e.V. (KLPV) unter Leitung von Geschäftsführer Lorenz Flad den regionalen Teil der Veranstaltung.
Naturschutz muss sich für Bewirtschaftende rentieren
Das Programm startete am Vormittag mit Vorträgen in der Külsheimer Festhalle. Erster Landesbeamter Florian Busch hob die Bedeutung des Landschaftsschutzes und insbesondere die Arbeit des KLPV hervor. Lobende, aber auch nachdenkliche Worte fand Ministerialdirektor Michael Münter vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. "Der Main-Tauber-Kreis verfügt über einen unglaublichen Schatz abwechslungsreicher Lebensräume. Aber vielfältige Landschaft ist nicht einfach da, sie muss auch gepflegt werden", sagte Münter. "Dabei sind Landnutzung und Artenvielfalt eng miteinander verbunden", erläuterte Münter und ergänzte, dass "Naturschutz und Nutzungskonzepte sich für die Bewirtschaftenden rentieren müssen".
Aktuelle, wissenschaftliche Ergebnisse aus Offenhaltungsversuchen auf der Schwäbischen Alb und im Schwarzwald stellte Dr. Josef Simmel vom Büro für Botanik und Mykologie in Bad Abbach vor. Untersucht wurden beispielsweise die Artenzahlen der Gefäßpflanzen und die Entwicklung der Dauerflächen. Auch der Stabilitätsindex (Turnover-Rate) wurde ermittelt, indem man nach 50 Jahren die noch vorhandenen Pflanzenarten kartierte. Als wichtigstes Ergebnis nannte Simmel, dass sich die Vegetation auf den beweideten Magerrasen im Verlauf von 47 Jahren nicht wesentlich verändert hat. Die meisten Pflanzenarten seien bemerkenswert stabil. Wichtig bei der Offenhaltung sei die Fortführung der Landnutzung durch Beweidung, notfalls auch durch Mähen mit Abräumen oder Mulchen.
Den Abschluss der Vortragsreihe bildeten zwei Referate von Lorenz Flad, Agrarbiologe und Geschäftsführer des KLPV. Flad stellte die Natura-2000-Kulisse und die Arbeit des KLPV im Main-Tauber-Kreis vor. Sieben Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH) und zwei Vogelschutzgebiete befinden sich im Taubertal und seinen Seitentälern. Besonders einzigartig seien die sonnenexponierten Hanglagen der Muschelkalktäler mit ihren Kalkmagerrasen, Wacholderheiden, Kalkfelsen, Steinriegeln und als magere Mähwiesen die bunten Salbei-Glatthaferwiesen. Seltene Pflanzenarten wie das Wimper-Perlgras (Melica ciliata) und Tierarten wie die italienische Schönschrecke (Calliptamus italicus) seien hier noch in stabilen Gemeinschaften zu finden. Flad zeigte, wie im Main-Tauber-Kreis artenarme Flächen durch gezielte Pflege und Beweidung wieder in offene, artenreiche Lebensräume überführt werden.
Wanderung in das geplante Naturschutzgebiet Limbachsleiten
Mit dem Bus ging es nachmittags zur Exkursion nach Werbach. Die Wanderung ging zunächst in das geplante Naturschutzgebiet Limbachsleiten. Beispielhaft wurden dort verbuschte, artenarme Flächen gezeigt, die seit Jahren nicht mehr bewirtschaftet wurden. Schlehen, Brombeeren, Hartriegel und Rosen bilden ein undurchdringliches Gestrüpp, durchsetzt von viel zu dichten Schwarzkiefern. Lorenz Flad berichtete über die Erstpflege solcher Gebiete und über die Schwierigkeiten, Anforderungen und Ziele, aber auch Erfolge der Pflegemaßnahmen.
Über das Naturschutzgebiet Wormental ging es weiter zum Hirschberg, immer unterbrochen von Zwischenstopps mit Hinweisen zu besonderen Landschaftselementen, Pflegemaßnahmen oder Flora und Fauna. Wie die Beweidung in der Praxis aussieht und welche Anforderungen eine Koppelhaltung an Tiere und Tierhalter stellt, berichtete Schäfermeisterin Petra Schuck beim vorletzten Zwischenstopp im Pflegegebiet Hirschberg. Seit 2010 beweidet Schuck eigene Flächen und zahlreiche Flurstücke im Auftrag des KLPV. Von Lauda-Königshofen über Grünsfeld und Tauberbischofsheim bis Werbach ist sie zu Fuß oder seltener per Transporter mit ihren Tieren unterwegs.
Größere Wertschätzung und Akzeptanz erwünscht
Mit der Beweidung lasse sich kein Gewinn machen, bestätigten ihr auch andere Weidetierhalterinnen und -halter. Man habe viel Arbeit, wenige freie Tage und müsse sich darüber hinaus um Anrufe aus der Bevölkerung kümmern. Was sich die zahlreichen Rinder- und Schafhalterinnen und -halter seitens der Bürgerinnen und Bürger wünschten, seien eine größere Wertschätzung und Akzeptanz der Weidetierhaltung und die Bereitschaft, faire Preise für regionale Produkte zu bezahlen. Die Tierhaltung sei nicht nur Leidenschaft und Hobby, sondern ein Beruf, der sich rentieren müsse.