Malerei klar, Bildhauerei natürlich auch. Aber Video? Lange haben die Künstler an der Kamera darum gekämpft, ernst genommen zu werden. Wie sie es schafften, zeigt eine Ausstellung im Karlsruher ZKM. Retro-Räume, Retro-Träume und der Blick zurück in die Videokunst der frühen Jahre – das Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) zeigt „Vidéo Vintage 1963-1983“. Die Ausstellung widmet sich von diesem Samstag an den ersten zwei Jahrzehnten der Videokunst, zutage gefördert aus den Archiven des Pariser Centre Pompidou, das seinerseits die umfassendste Sammlung von Videokunst überhaupt beherbergt. Die 72 im Karlsruher ZKM versammelten Videos von 52 Künstlern sind extrem, dramatisch, intensiv, militant und zeichnen die Geschichte dieser Ausdrucksform nach: „Video als Werkzeug, als 'art tool'“, sagte am Donnerstag Mit-Kuratorin Florence Parot. Am Anfang der in drei Abschnitte gegliederten Schau steht Video-Pionier Nam June Paik, der seine ersten Videoexperimente unter anderem in einem Wuppertaler WDR-Studio unternahm. Der amerikanische Künstler benutzte die erste tragbare Videokamera und filmte sich selbst. Die sogenannte Portapak von Sony ermöglichte es ihm und anderen Künstlern erstmals, Videos „on the road“ zu drehen oder für Performances mitzunehmen.
Die Zuschauer können auf Originalmöbeln der 60er und 70er Jahre lümmeln und sich die Videos anschauen – in Originallänge zwischen fünf und vierzig Minuten. Auch die Vorführgeräte sind original - zumindest von außen. Innen laufen die Filme nach neuester Technik auf Chips gespeichert ab. Die Originale befinden sich in Paris, wo die Schau im Februar gezeigt wurde.
Es entstanden in den ersten beiden Jahrzehnten zwischen 1963 und 1983 verstörende Werke wie Paul McCarthys „Upside Down Spitting - “Bat““, in der er nackt und mit abwechselnd gespreizten und wieder aufgeklappten Beinen nackt im Leeren schaukelt. Seine nackten Glieder schlagen klatschend gegen die Wand. In „Shoot“ von Chris Burden aus dem Jahr 1971 lässt Burden sich tatsächlich in den linken Arm schießen und verkörpert damit die extremste Form von „Body Art“.
Auch die Extremkünstlerin Marina Abramovic ist mit einem frühen Werk vertreten, in dem sie nackt zu hypnotischer Musik einen verzerrten Tanz hampelt. Wer sich die Videos anschauen will, kann weder vor noch zurückspulen. „Wir wollten, dass sich jeder hinsetzen kann und sich Zeit nehmen muss“, so Parot. „Video Vintage 1963-1983“ ist bis 13. Januar zu sehen.