"Eine Stiftung zu gründen, diesen Gedanken habe ich sicherlich schon mehr als 20 Jahre mit mir herumgetragen", sagt Unternehmer Manfred Wittenstein. Im Gespräch über die Ideen und Hintergründe der vor wenigen Monaten gegründeten Wittenstein Stiftung erklärt er das so: "Denn es ist eine komplexe Entscheidung, einen Teil des Aktienvermögens in eine Stiftung zu übertragen." Dann aber war es soweit. Neue Stiftungsgesetze und die Entwicklungen innerhalb der Familie bildeten einen stimmigen Rahmen: Die Wittenstein Stiftung wurde realisiert.
Worin sieht Wittenstein, Stifter und Kuratoriumsvorsitzender, den Stiftungszweck? "Die Motivation ist: Wir als Familie wollen einen Beitrag zur erfolgreichen Gestaltung der Zukunft leisten, besser verstehen, worauf es ankommt. Doch ist es ein gemeinsames Anliegen und wir wollen ermuntern, sich als Region damit auseinanderzusetzen, welche Richtung die Gesellschaft einschlägt."
Bewusstsein schaffen für Zukunftsthemen
Das meine, Bewusstsein zu schaffen für Zukunftsthemen und zum Diskurs darüber anzuregen. Passiert ist das bereits in ersten Veranstaltungen der "enter the future"-Reihe, die überwiegend in der Tauberphilharmonie in Weikersheim stattfand sowie für Interessierte auch via Livestream übertragen wurde. Mitte November waren beispielsweise Hans-Joachim Schellnhuber und Hans-Werner Sinn zu Gast zum Thema "Klimaschutz - zwischen gut gemeint und gut gemacht". Im Frühjahr 2022 ist der nächste Termin geplant, dabei soll es um unterschiedliche Kultur- und Gesellschaftsräume gehen, wie den asiatischen und den abendländischen.
Auch Bildwelten, wie mit der "outer space"-Ausstellung des Fotokünstlers Michael Najjar begonnen, sollen ein Weg sein, den gesellschaftlichen Diskurs anzustoßen. Weiter sind Vorträge, Veranstaltungen an verschiedenen Orten und die Vergabe von Stipendien angedacht, die sich mit dem Themenkomplex der Stiftung beschäftigen.
Programmlinien definieren im Fünf-Jahres-Plan
Sascha von Berchem, seit rund 15 Jahren für das Unternehmen Wittenstein in Igersheim-Harthausen tätig, ist Geschäftsführer der Wittenstein Stiftung. Er verweist darauf, dass im Februar ein Strategie-Workshop mit den Kuratoriumsmitgliedern und der Familie Wittenstein anstehe und man einen Fünf-Jahres-Plan entwerfen wolle. "Erklärtes Ziel ist bei diesen Überlegungen, keine Einzelmaßnahmen aneinanderzureihen, keine Strohfeuer abzubrennen, sondern Programmlinien zu definieren. Und zu schauen: Was sind die richtigen Formate, um den Stiftungszweck bestmöglich zu erreichen?" Den Verantwortlichen ist wichtig, dass die Stiftung nicht "als Oberschlaumeier" auftrete, "sondern als Gastgeber, Provokateur im positiven Sinne."
"Wir als Familie haben uns dazu entschlossen, keine Familienstiftung, sondern eine Stiftung der Familie umzusetzen", so Wittenstein. Das bedeute in der Folge, die Stiftung habe keine Funktion, die Familie zu unterstützen, sondern gemeinnützige Aufgaben. Deshalb auch die Trennung von Unternehmen und Stiftung. Zehn Prozent des Aktienkapitals würden in die Stiftung gehen, "also ein entsprechender Vermögensanteil der Familie", erklärt Wittenstein. "Zum Vorteil der Stiftung gibt es dabei eine Vorzugsdividende, aber das Aktienpaket ist stimmrechtslos. Stiftung ist Stiftung. Unternehmen ist Unternehmen."
Das Potenzial der Region aufzeigen und fördern
Die Stiftung ist für Wittenstein und Berchem auch eine Wertschätzung an die Region. Sie möchten sich künftig mit ähnlichen Stiftungen, Instituten, Organisationen oder Einzelpersonen aus Tauberfranken und Hohenlohe zu Projekten zusammentun. Insgesamt sind die beiden dankbar und offen für Themen-Input von außen und freuen sich über "Multiplikatoren, Menschen, die mit einem ehrlichen und substanziellen Interesse" beteiligt sind.
Bisher waren die Veranstaltungen mit prominenten Personen hochklassig besetzt. Wird auch überlegt, Menschen der Region, die nicht so bekannt sind, eine Plattform zu bieten? Wittenstein erklärt: "Mich hat stets bewegt, das Potenzial der Region aufzuzeigen und zu fördern. Deshalb wollen wir die Region einbinden. Doch wir setzen gleichzeitig auch ein Signal, indem wir Top-Leute als Kuratoriumsmitglieder und Referenten, Experten auf ihrem Gebiet, von außerhalb hier in die Region holen. Wir verdeutlichen, ‚da muss was sein‘, die Region ist reizvoll." Gewünscht sei ein Austausch mit diesen Fachleuten auf Augenhöhe: "Nicht von oben herab, sondern im Dialog miteinander."