Der Tod ist nicht das Ende: Diese tröstliche Botschaft vermittelte das Konzert am Volkstrauertag im Rahmen der „Musikkirche Tauberbischofsheim“. In der Stadtkirche St. Martin kamen Mozarts „Requiem in d“ (KV 626) und Johann Sebastian Bachs „Actus tragicus“ (BWV 106) zur Aufführung. Unter der Leitung von Bezirkskantorin Julia Kohler waren der Chor „camerata vocale“ und das Barockorchester „L’arpa festante“ mit Konzertmeister Christoph Hesse zu hören. Lisa Stöhr (Sopran), Julia Werner (Alt), Martin Höhler (Tenor) und Georg Benz (Bass) traten als Solisten auf.
„Der Volkstrauertag lässt uns die Vergänglichkeit des Daseins spüren“, erklärte Dekan Thomas Holler. In seiner Einführung verwies er auf den christlichen Umgang mit diesem Thema. Im bewussten Umgang mit dem Sterben verliere der Tod seinen Schrecken. Dadurch sei es möglich, ein intensiveres und erfüllteres Leben zu führen. Seine Hoffnung: „Am Ende stehen Versöhnung und Frieden.“
Trost spenden, Freude bereiten, Hoffnung schenken: Unter diesem Dreiklang stand auch das Konzert in der Martinskirche. Die Aufführung der beiden großartigen Kompositionen von Bach und Mozart war der vorläufige Höhepunkt der noch jungen, von Bezirkskantorin Julia Kohler initiierten Veranstaltungsreihe „Musikkirche Tauberbischofsheim“.
Dissonanzen als Sinnbild für Mühen im irdischen Leben
Den Auftakt bildete Johann Sebastian Bachs Kantate „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“, auch bekannt unter dem Namen „Actus tragicus“. Sie gehört zu den frühesten und gleichzeitig bedeutendsten Bachkantaten überhaupt. Bach-Experte Alfred Dürr nannte sie „ein Geniewerk, wie es auch großen Meistern nur selten gelingt“.
Bezirkskantorin Julia Kohler hatte den „Actus tragicus“ in der Bearbeitung von Moritz Hauptmann mit Chor und Orchester einstudiert. In der instrumentalen Einleitung der Kantate schufen die tiefen Streicher ein pulsierendes harmonisches Fundament für die singende Oberstimme der beiden Oboen, die weitgehend unisono spielten. Rhythmische Verschiebungen derselben Melodie ließen Dissonanzen als Sinnbild für Mühen im irdischen Leben entstehen. Das symmetrisch aufgebaute Werk thematisierte anfangs die Unausweichlichkeit des Sterbens, antwortete darauf mit der Gewissheit der Auferstehung, um in den Lobpreis der göttlichen Dreieinigkeit zu münden. Eine Schlüsselrolle fiel Sopranistin Lisa Stöhr zu, die brillant diesen entscheidenden Übergang modulierte.
Hauptmanns Fassung des „Actus tragicus“ arbeitet mit einer größeren Orchesterbesetzung aus Oboen, Klarinetten und Fagotten. Die solcherart veränderte Klangfarbe bereitete bestens auf das von Mozart nur mit tiefen Holzbläsern besetzte Requiem vor. Es zählt zum Besten und Bewegendsten, was die klassische Musik zu bieten hat.
Hoch konzentriert auch schwerste Passagen gemeistert
Hoffnungslos und hoffnungsvoll zugleich: Alle Emotionen, die den Menschen angesichts des Todes ereilen, trägt das Requiem in sich. Die Allgegenwart des Todes lässt das Leben umso fragiler und kostbarer erscheinen. Vielleicht ist es diese Einsicht, die in Mozarts Requiem durchschimmert und jene geradezu überirdische Schönheit hervorruft.
Diese berückende Erfahrung der Transzendenz ermöglichten Chor und Orchester unter der konzentrierten Leitung von Bezirkskantorin Julia Kohler. Kraftvolle Orchesterpartien, wuchtige Chor-Rufe und dramatische Solostimmen wechselten einander ab. Angst, Wut, Verzweiflung, Traurigkeit, aber auch Hoffnung und Trost: Den zahlreichen Zuhörern entfaltete sich ein Kaleidoskop menschlicher Empfindungsfähigkeit.
Am Ende eines Konzertabends voll spiritueller Kraft gab es langanhaltenden Applaus. Bezirkskantorin Julia Kohler war es gelungen, aus Chor und Orchester einen rund 70 Akteure umfassenden Klangkörper zu schaffen, der hoch konzentriert auf die schwersten Passagen meisterte. Das ausgezeichnete Solisten-Quartett vervollständigte die hervorragende Besetzung und machte die Aufführung von Mozarts Requiem zu einem Erlebnis von bleibender Erinnerung.