
Die vier ehrenamtlich tätigen Naturschutzbeauftragten des Main-Tauber-Kreises und die Mitarbeiter der Naturschutzbehörde beim Landratsamt Main-Tauber-Kreis haben sich kürzlich zum jährlichen Fachaustausch getroffen. Die Naturschutzbeauftragten Günter Ehrmann, Winfried Müller, Dieter Thomann und Jürgen Weihmann sowie der zuständige Gebietsreferent des Regierungspräsidiums Stuttgart, Rainer Kühner, unternahmen eine Exkursion zu einer Baustelle des Kommunalen Landschaftspflegeverbands Main-Tauber (KLPV) in Igersheim. Dort entsteht am Fuße des Altenberges eine Trockenmauer neu.
Bürgermeister Frank Menikheim erläuterte die immense Bedeutung einer Trockenmauer, einerseits als kulturhistorisch prägendes Landschaftselement und als charakteristisches Wahrzeichen im Tauberland, andererseits als Lebensraum für eine Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten. Vielerorts sind sie aus dem Landschaftsbild fast völlig verschwunden. Der Bürgermeister freute sich, dass es in Zusammenarbeit mit dem KLPV gelungen ist, die Sanierung und den Wiederaufbau umzusetzen. 70 Prozent der Investitionsmittel werden vom Land Baden-Württemberg übernommen, 24 Prozent von der Stadt und sechs Prozent vom Landkreis. Die Maßnahmen werden durch den KLPV über die Landschaftspflege-Richtlinie beantragt sowie fachlich begleitet und umgesetzt.
KLPV-Geschäftsführer Lorenz Flad erläuterte die Durchführung der handwerklich anspruchsvollen Arbeiten. Der Trockenmauerbau erfolgt ohne die Verwendung von Mörtel und ist Schwerstarbeit. Er sei froh, dass hier Spezialisten des Maschinenrings Östlicher Tauberkreis am Werke sind, die über die entsprechende Erfahrung verfügen. Unterstützt werden die Arbeiten von Mitarbeitern des Igersheimer Bauhofes.
Die Trockenmauern haben eine besondere Bedeutung für den Natur- und Artenschutz und sind als Biotope gesetzlich geschützt. Vergleichbar einem natürlichen Felsstandort wachsen hier viele hochspezialisierte, an Trockenheit und Wärme gebundene Pflanzenarten wie der Streifenfarn und der Edelgamander. Auf den Mauerkronen gedeihen das Wimpernperlgras, die Deutsche Schwertlilie und der gelb blühende Scharfe Mauerpfeffer. Unter den Reptilien nutzen Zauneidechsen und Schlingnattern die sich schnell aufheizenden Mauern zum Wärmen und Sonnenbaden. Die Ritzen und Spalten werden als Versteck und Rückzugsräume aufgesucht. So überwintern hier beispielsweise der Zitronenfalter und etliche andere Insektenarten. Verschiedene Wildbienen nutzen die Trockenmauer zur Eiablage.
Nach der Praxis ging es zum Theorieteil ins Landwirtschaftsamt nach Bad Mergentheim. Amtsleiter Meinhard Stärkel informierte über aktuelle Themen der Landwirtschaft. Der Fachaustausch wurde von Erstem Landesbeamten Ulrich Derpa moderiert.
Stefanie Schüttler von der unteren Wasserbehörde im Umweltschutzamt erläuterte die ökologische Bedeutung des Gewässerrandstreifens und die gesetzlichen Regelungen hierzu. Zum Schutz vor stofflichen Einträgen und Erosion gibt es besondere Regelungen zum Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sowie zur ackerbaulichen Nutzung.
Über die Schwerpunktthemen der Herbsttagung der Naturschutzverwaltung berichtete Stephan Zöller als Hauptamtliche Naturschutzfachkraft bei der unteren Naturschutzbehörde. Der Umgang mit Konfliktarten wie Biber, Kormoran und Wolf erhitze die Gemüter, gerade die Einwanderung des Wolfes ist mit sehr vielen Emotionen verbunden. Im Rahmen des länderübergreifenden Wolfsmanagements hat das Umweltministerium die Förderung von Präventionsmaßnahmen zum Schutz vor Schäden durch den Wolf auf den Weg gebracht. Sie sollen zur Akzeptanzförderung für diese streng geschützte Art dienen.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Erkenntnisse zum „Insektensterben“ und zum Artenschwund hat die Landesregierung das „Sonderprogramm zu Stärkung der biologischen Vielfalt“ mit einem Haushaltsvolumen von 30 Millionen Euro aufgelegt. Auch der Main-Tauber-Kreis profitiert von diesem Programm. Heike Plönnigs von der unteren Naturschutzbehörde berichtete, dass in diesem Jahr 85.000 Euro für die Sanierung von artenschutzfachlich bedeutsamen Feuchtgebieten beantragt und bewilligt wurden. Die Mittel werden derzeit für die Auflichtung und das Ausbaggern von 53 Feuchtgebieten im gesamten Kreisgebiet verwendet. Eine Fortsetzung im Jahr 2019 ist vorgesehen.
Schließlich erläuterte Karlheinz Geier von der unteren Naturschutzbehörde die Verwendung der „Windkraftgelder“. Für den erheblichen Eingriff in das Landschaftsbild müssen die Betreiber der Anlagen Ersatzzahlungen an die Stiftung Naturschutzfonds beim Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg leisten. Die Gelder werden den vom Bau der Windkraftanlagen betroffenen Kommunen und Kreisen auf Antrag zur Verfügung gestellt, und zwar zur Förderung von Projekten, die dem Natur- und Artenschutz sowie der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen zugutekommen. Im aktuellen Haushaltsjahr 2018 der Stiftung Naturschutzfonds stehen für den Main-Tauber-Kreis knapp 600.000 Euro bereit, die schwerpunktmäßig in Freudenberg, Ahorn und Boxberg eingesetzt werden.