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Großrinderfeld
Strukturwandel ermöglichte umfangreiche Modernisierungen
Oskar Bach lebt seit 60 Jahren auf seinem Aussiedlerhof, heute ist er damit beschäftigt die Grünflächen frei zu halten.
Foto: Klaus Reinhart | Oskar Bach lebt seit 60 Jahren auf seinem Aussiedlerhof, heute ist er damit beschäftigt die Grünflächen frei zu halten.
Klaus Reinhart
 |  aktualisiert: 17.05.2020 02:10 Uhr

Das Wirtschaftswunder in der Bundesrepublik Deutschland in den 50er und  60er Jahren schlug auch voll auf die Landwirtschaft durch. Für viele Bauern war es räumlich unmöglich, die Viehbestände in ihren Betrieben in der engen Ortslage aufzustocken. Vor 60 Jahren entschlossen sich mutige zukunftsorientierte Landwirte zur Aussiedlung ihrer Betriebe.

Ihre Hofstellen im Ortskern von Großrinderfeld entsprachen von der Fläche, den Gebäuden und Zukunftsentwicklungen her einfach nicht mehr den Anforderungen einer modernen Landwirtschaft. Eugen Stolzenberger, Julian Bach, Julian Kleinhans und Richard Bäuschlein errichteten rund 600 Meter südwestlich der Ortslage nach Beratung durch die Gesellschaft für Innere Kolonisation (GFK) und in enger Zusammenarbeit mit dieser Gesellschaft ihre neuen Hofstellen.

Flächen leichter zu bewirtschaften

Die Förderung (Eigenkapital, Zuschuss, Darlehen) erfolgte über den „Grünen Plan“, einem Programm der Bundesrepublik Deutschland. Ziel war es, Strukturen im ländlichen Raum zu schaffen, die sich leichter bewirtschaften ließen, um die Bevölkerung sicher mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Die Aussiedler sollten mindestens zehn bis 15 Hektar bewirtschaftete Fläche haben, wenn möglich weitere Pachtflächen.

In der Flurbereinigung Großrinderfeld, die vom Flurbereinigungsamt in Tauberbischofsheim durchgeführt wurde, waren mit der Besitzeinweisung 1955 schon größere Bearbeitungsflächen entstanden. Mehr oder weniger zufällig hatten die vier Aussiedlungswilligen im Gewann Schwarlachergrund/Beunth schon Grundbesitz für die geplante Maßnahme, der durch weiteren Tausch von Flächen mit anderen Landwirten auf die erforderliche Größe für eine zweckmäßige Hofgröße von rund 40 Ar erweitert werden konnte.

Unterstützung mit staatlichen Programmen

Eugen Stolzenberger konnte auf die doppelte Fläche zurückgreifen. Alle vier Wohnhäuser wurden in der gleichen Weise gestaltet, drei davon mit Altenteil. Im Altenteil sollte nach der Hofübergabe an die nächste Generation der „Altbauer“ mit Frau wohnen. Die ausführenden Baufirmen waren Deckert, Schönfeld und Spörer, Böttigheim. 1960 wurde mit der Bauausführung begonnen, ein Jahr später war alles bezugsfertig.

Die für Aussiedlerhöfe anfallenden Kosten, die von der Gemeinde Großrinderfeld für Straßenbau, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und Stromanschlüsse zu tragen waren, wurden durch weitere staatliche Programme größtenteils abgedeckt.

Die vor 60 Jahren errichteten Aussiedlerhöfe. Im Hintergrund die Ortslage von Großrinderfeld.
Foto: Klaus Reinhart | Die vor 60 Jahren errichteten Aussiedlerhöfe. Im Hintergrund die Ortslage von Großrinderfeld.

Bis Ende der 60er Jahre vergrößerten sich die anfänglichen Viehbestände bei allen Aussiedlern kontinuierlich. Auch änderte sich die Tierhaltung rasant. Von Anfangs Milchvieh mit Nachzucht und Schweinehaltung stellte ein Betrieb auf reine Schweinezucht und –mast um, andere auf Bullenmast. Die Zahl der Tiere auf dem Hof nahm stetig zu. Zwei Höfe gaben ihre Betriebe mangels Hofnachfolge schon Ende des 20. Jahrhunderts auf und verpachteten ihre Flächen an aufstockungswillige Landwirte. Bei einem anderen Betrieb, wo der Jungbauer 1967 den Hof übernommen hatte, fand die Betriebsaufgabe mit Verpachtung 2007 statt.

Ein Hof wird noch landwirtschaftlich betrieben

Heute betreibt noch der Sohn eines Aussiedlers intensiv Landwirtschaft, jedoch ohne Viehhaltung und bewirtschaftet über 100 Hektar. Zwei Aussiedlerhöfe sind heute reine Wohnplätze, ein anderer beherbergt inzwischen einen Pferdehof, der auch Plätze für Therapiepferde hat. Zwei Wohnhäuser wurden im Laufe der Jahrzehnte durch Aufstockung vergrößert. Typisch für die Großrinderfelder Aussiedlerhöfe waren die rund acht Meter hohen Rundsilos, die von den Einheimischen gerne als "Krautständer" bezeichnet wurden.

In der Anfangszeit nach 1960 arbeiteten die Familien der Aussiedler noch beim Milchabliefern und bei Fahrten ins Dorf (Kirchgang, Einkauf, Schulabholung der Kinder usw.) eng zusammen. Dies ließ nach, als sich die Betriebsstrukturen veränderten und die Motorisierung stark zunahm und man nicht mehr so aufeinander angewiesen war. Die vier Gründungsmitglieder der Aussiedler sind inzwischen alle verstorben. Auf drei Höfen leben Nachkommen, Oskar Bach als Hofnachfolger ist heute 82 Jahre alt.

Die Wohnbauflächen des Ortskerns von Großrinderfeld sind den vier Aussiedlerhöfen schon nahe gekommen. Der Bauhof der Gemeinde liegt noch 200 Meter entfernt. Weitere Wohnbauflächen sind dort aber nicht mehr vorgesehen.

 
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