Im Fall des behinderten Jungen Henri gibt es vorerst eine Lösung - doch der Streit um die Integration behinderter Schüler geht weiter. Die Eltern des Jungen mit Down Syndrom erklärten, ihr Sohn werde im kommenden Schuljahr die vierte Klasse der Grundschule in Walldorf wiederholen. Bislang wollten sie ihn aufs Gymnasium schicken, stießen aber auf Ablehnung.
Die Lehrergewerkschaft GEW bezweifelt, ob ein neues Schulgesetz solche Konflikte verhindern kann. Die von Kultusminister Andreas Stoch (SPD) angekündigte Reform zugunsten der Inklusion steht noch aus. Die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz sagte am Samstag der Nachrichtenagentur dpa: „Vermutlich hofft die Familie, dass es nächstes Jahr eine gesetzliche Regelung gibt, die den Familienwillen stärkt.“
Ähnlich äußerte sich ein Abgeordneter der grün-roten Regierungsfraktionen in der „Rhein-Neckar-Zeitung“: „Möglicherweise wollen sie warten, bis das neue Schulgesetz verabschiedet ist und das Kind dann doch noch auf das Walldorfer Gymnasium schicken.“ Auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) äußerte sich ähnlich. Kultusminister Stoch hatte vor zwei Wochen angekündigt, „in Kürze“ Eckpunkte für ein neues Gesetz zur Inklusion - also der Integration Behinderter in den Unterricht - vorlegen zu wollen.
Darin werde etwa festgelegt, dass die Eltern zwischen dem Besuch ihres behinderten Kindes in einer Sonderschule oder einer Regelschule wählen können, ohne dass sie sich eine bestimmte Schule aussuchen könnten. „Ich vermute, dass darin kein echtes Elternrecht drin stehen wird“, sagte Moritz. „Dann läuft es letztlich wieder auf eine Machtfrage hinaus, ob sich die Eltern oder die Schule durchsetzen.“
„Per Federstrich kann man nicht verordnen, ab heute wird Inklusion gemacht“, sage der stellvertretende VBE-Landesvorsitzende, Michael Gomolzig, der dpa. „Eine Inklusion auf Biegen und Brechen ist vielleicht nicht das Richtige. Das kann auch zulasten der Kinder gehen.“ Vor allem wäre es dann notwendig, dass stets zwei Lehrer in einer solchen Klasse mit behinderten Schülern seien. Das sei aber wohl kaum bezahlbar, meinte der VBE-Landesvize.