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Bad Mergentheim
Strategisches Herzstück der Bündnisverteidigung: Drehscheibe Deutschland im Fokus
Generalleutnant Martin Schelleis referierte beim 23. Ketterberg Dialog in Bad Mergentheim.
Foto: Stephanie Kozany | Generalleutnant Martin Schelleis referierte beim 23. Ketterberg Dialog in Bad Mergentheim.
Bearbeitet von Felix Röttger
 |  aktualisiert: 03.05.2024 02:43 Uhr

Mit Generalleutnant Martin Schelleis holte sich die Firma Würth einen hochrangigen Militär zum inzwischen 23. Ketterberg Dialog ins Reinhold Würth Haus nach Bad Mergentheim. Kurz zuvor hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius verkündet, dass im Zuge der Umstrukturierung der Bundeswehr General Schelleis als Inspekteur der Streitkräftebasis sowie der Inspekteur des Sanitätsdienstes, Generaloberstabsarzt Ulrich Baumgärtner, in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden.

Die Streitkräftebasis mit über 27.000 Soldatinnen, Soldaten und zivilen Bediensteten unterstützt als zentraler Dienstleister die Aufgaben von Heer, Luftwaffe und Marine und koordiniert die Auslandseinsätze. Sie wird künftig mit dem Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr zu einem Unterstützungsbereich Bundeswehr zusammengefasst.

Schelleis ist gelernter Pilot, kommandierte ein Jagdbombergeschwader und flog kurz vor seiner Berufung zum Inspekteur noch zum letzten Mal mit 55 Jahren den Eurofighter.

Würth-Geschäftsführer Rainer Bürkert begrüßte 175 Gäste im vollbesetzten Auditorium, darunter hochrangige Militärs, Vertreter der Politik, zahlreiche Bürgermeister und Wirtschaftsvertreter aus der Region zum Thema "Drehscheibe Deutschland als gesamtstaatliche Führungsverantwortung".

Vielfältige Aufgaben als Dienstleister

In seinem Impulsvortrag beleuchtete Martin Schelleis die zentrale Rolle Deutschlands bei der Koordinierung und Leitung staatlicher Ressourcen und erörterte Maßnahmen in militärischen Krisen- und Konfliktsituationen. Mit Folien stellte der Referent die neue Kommandostruktur der Streitkräfte mit einem zentralen Operativen Führungskommando und der Truppe für den Cyber- und Informationsraum (CIR) vor.  

Referent Generalleutnant Martin Schelleis mit Rainer Bürkert, Mitglied der Konzernführung der Würth-Gruppe.
Foto: Stephanie Kozany | Referent Generalleutnant Martin Schelleis mit Rainer Bürkert, Mitglied der Konzernführung der Würth-Gruppe.

Für die Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe und Marine kümmert sich die Streitkräftebasis um Logistik, Transport, Lagerung, Instandhaltung, Versorgung in den Einsätzen – auch im Ausland –, die ABC-Abwehr, die Militärpolizei und die zivil-militärische Zusammenarbeit.

Schnelle Reaktion nach russischer Invasion

Dreh- und Angelpunkt der Ausführungen des Referenten war die "Drehscheibe Deutschland". Dabei gehe es nicht nur um militärische Themen wie die Zusage gegenüber der NATO, zehn Prozent der benötigten Kräfte von rund 300.000 zu stellen. Aufgrund der zentralen geografischen Lage sei Deutschland nicht nur logistische Drehscheibe, sondern auch strategisches Herzstück der Bündnisverteidigung. Man müsse innerhalb weniger Tage für den schnellen Durchmarsch von Alliierten vorbereitet sein.

Bei weitem erfülle Deutschland aber noch nicht die der NATO gemachten Zusagen. Es war dem General ein Anliegen, dass nicht nur die Politiker und Behördenvertreter, sondern die Bevölkerung insgesamt den Ernst der Lage begreife. In Deutschland habe man seit 2014 den Krieg in der Ukraine mit mehreren tausend Toten nicht genügend zur Kenntnis genommen. Nicht unerwähnt blieben vom Referenten die Risiken hybrider Kriegsführung oder etwa nicht mehr beherrschbarer Migrationsströme. Internationales Krisenmanagement erläuterte Schelleis am Beispiel der Präsenz in der Ostsee und des Engagements in den baltischen Staaten. Die schnelle Reaktion nach dem 24. Februar 2022 habe Deutschland international viel Anerkennung verschafft. Unabdingbar als Konsequenz der Zeitenwende seien vermehrte Übungen der Bundeswehr mit den NATO-Partnern.

Zunehmende Personalnot

Was die Ketterberg Dialoge so spannend macht, ist die Möglichkeit, von ranghohen Militärs aus erster Hand über die aktuelle Situation der Bundeswehr, deren Reformen und aktuelle geopolitische Veränderungen und Strategien informiert zu werden. Wie sehr die Bundeswehr heute in Personalnöten steckt, belegt die Tatsache, dass im vergangenen Jahr über 20.000 Unteroffizier- und Offizier-Dienstgrade unbesetzt blieben. Die Anzahl der Soldatinnen und Soldaten hat sich seit 2013 von 184.000 um rund 3000 verringert.

Den schon 2017 errechneten Bedarf von 240.000 Soldatinnen und Soldaten sei mit einer Freiwilligenarmee nicht zu decken. Persönlich könne sich Schelleis eine allgemeine, gemeinnützig orientierte Dienstpflicht als Lösung vorstellen. Er hoffe insgesamt auf einen breiten gesellschaftlichen Konsens in allen drängenden sicherheitspolitischen Fragen, sodass die Politik auch "unangenehme" Entscheidungen treffen können.

 
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