zurück
DISTELHAUSEN
Starbatty-Vortrag:„Der eingeschlagene Weg ist falsch“
Volles Haus: Rund 180 Bürgerinnen und Bürger verfolgten den Vortrag in der Alten Füllerei.
Foto: Heike Heise | Volles Haus: Rund 180 Bürgerinnen und Bürger verfolgten den Vortrag in der Alten Füllerei.
Heike Heise
 |  aktualisiert: 27.04.2014 16:19 Uhr

Markus Fischer aus Creglingen und Tobias Reinhart aus Aschaffenburg sitzen an einem der langen Tische in der Alten Füllerei in Distelhausen. Sie sind gespannt auf den Vortrag von Joachim Starbatty. Starbatty ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Tübingen, er klagt vor dem Verfassungsgericht gegen die Einführung des Euro, ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der Partei AfD (Alternative für Deutschland) und Kandidat für die Wahl des EU-Parlamentes.

So wie die beiden jungen Männer sind rund 180 Interessierte am Freitagabend gekommen, um von dem renommierten Wirtschaftspolitiker etwas über die Zukunft Europas zu hören.

„Sie sehen, wir schicken unsere Besten nach Brüssel“, mit diesen Worten kündigt Dr. Christina Baum, Vorsitzende der AfD im Main-Tauber-Kreis, den Redner des Abend an. „Es bedarf heute eines außergewöhnlichen Mutes, wenn man gegen den Mainstream seine Meinung vertritt“, so Baum weiter. Deutlich Worte findet sie für die ständigen Anfeindungen gegen die AfD. „Es ist höchste Zeit, dass solche Umstände beim Namen genannt und als nicht hinnehmbar kritisiert werden“, sagt sie und erhält dafür Bravorufe aus dem Publikum. Baum hofft auf einen Erfolg bei den anstehenden EU-Wahlen, „dann werden wir auch gehört und endlich ernst genommen“.

„Diese Anfeindungen sind normal. Denn kein Markt ist so umkämpft wie der Markt der Wählerstimmen, weil es dabei um Macht, Einfluss und Geld geht“, mit diesem Satz steigt Starbatty in seinen Vortrag ein. Als er sein Jackett ablegt, die Hemdsärmel leicht nach oben streift, weiß jeder im Saal, jetzt geht es zur Sache. Teilweise witzig, verständlich, Fachbegriffe erklärend, erläutert er die Situation in Europa insbesondere in Griechenland, Spanien und Portugal. Er zeigt Fehler auf, die seiner Meinung nach bereits bei der Währungsunion oder später bei der sehr schnellen Schnürung der Rettungspakte gemacht wurden und er kritisiert nicht nur das Staatsanleiheprogramm des Präsidenten der Europäischen Zentralbank Mario Draghi. „Draghi sieht die sinkenden Energiepreise als Zeichen der Deflation. Da frage ich mich doch, ist der krank?“

Für Starbatty ist es skandalös, dass der Präsident der Deutschen Bundesbank und Vorstandsmitglied der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel, Jens Weidmann, sich gegen Draghi wehren muss und die derzeitige Regierung hinter Draghi anstatt hinter Weidmann steht. Starbatty kritisiert den Bruch der Nichtbeistandsklausel durch die deutsche Regierung und erklärt, warum eine einheitliche Währung in Europa nicht funktionieren kann: „Der Wechselkurs der Währungen diente als Ventil für die unterschiedliche Politik und dieses Ventil haben wir nun nicht mehr“, so Starbatty. Über- und unterbewerteter Euro, geschäftsfähige Modelle für Länder wie Griechenland sind weitere Themen denen sich Starbatty in seinem Vortrag widmet. Aber er zeigt auch Lösungen auf, beispielsweise eine eigene Währung in den Krisenländern Europas. Mehrfach unterstreicht Starbatty, dass er leidenschaftlicher Europäer sei, aber die einheitliche Währung als Fehler ansehe. „Bei unveränderter Politik wird das alles schief gehen“, warnt er.

Am Ende seines Vortrags wirbt Starbatty für die EU-Wahl. Seine Prognose formuliert er so: „Wenn wir unser gesamtes Potenzial aktivieren, rechne ich mit einem Wahlerfolg von sieben Prozent. Auch acht Prozent halte ich nicht für ausgeschlossen, alles darüber wäre eine Sensation.“ Und er ergänzt: „Niemand kann sagen, ob wir, die AfD, in Brüssel etwas bewegen können. Doch vielleicht fallen manche unserer Meinungen auf einen Resonanzboden. Wenn wir aber nicht im Europaparlament vertreten sind, wird sich garantiert nichts ändern.“

Wie sach- und fachkundig die Besucher der Veranstaltung sind, zeigen allein schon die im Anschluss gestellten Fragen an Starbatty. Diese drehen sich beispielsweise um Target2-Salden, die Übertragbarkeit des isländischen Modells, die deutsche Immobilienblase und Exportrate oder eine mögliche Rückkehr zur Goldkernwährung.

„Der Vortrag war doch sehr zugespitzt auf die Geldwirtschaft. Aber ich konnte alles nachvollziehen, was er gesagt hat. Starbatty vertritt eine viel offenere Politik als andere Parteien“, wertet Tobias Reinhart den Abend in dessen Verlauf viele seine Fragen beantwortet wurden.

Auch Professor Jochen Starbatty ist sehr zufrieden mit der Veranstaltung: „Ich denke es war ein Erfolg, weil die Leute gemerkt haben worauf es mir ankommt, nämlich auf ein liebenswertes Europa und dass ich einfach skeptisch bin und unsinnige Politik ablehne.“

Signierstunde: Nach seiner Rede gab der Politiker Autogramme und signierte sein Buch.
Foto: Heike Heise | Signierstunde: Nach seiner Rede gab der Politiker Autogramme und signierte sein Buch.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Heike Heise
Alternative für Deutschland
Bank für Internationalen Zahlungsausgleich
Deutsche Bundesbank
Distelhausen
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Europawahlen
Europäische Zentralbank
Jens Weidmann
Joachim Starbatty
Mario Draghi
Vorträge
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top