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Tauberbischofsheim
Schulzeitstreckung: Schule und Leistungssport in Einklang
Bastian Kappus (Bildmitte) nimmt am Matthias-Grünewald-Gymnasium in Tauberbischofsheim als erster Schüler am Modell der Schulzeitstreckung teil: 'Ich bin sehr motiviert und freue mich auf die neue Schul- und Fechtsaison.' Mit im Bild: MGG-Sportlehrer Tobias Link (links) und MGG-Oberstufenberater Thomas Heinrich .
Foto: Ulrich Feuerstein | Bastian Kappus (Bildmitte) nimmt am Matthias-Grünewald-Gymnasium in Tauberbischofsheim als erster Schüler am Modell der Schulzeitstreckung teil: "Ich bin sehr motiviert und freue mich auf die neue Schul- und ...
Ulrich Feuerstein
 |  aktualisiert: 15.12.2020 02:14 Uhr

Schule und Leistungssport: Sie unter einen Hut zu bringen, ist nicht einfach. Bastian Kappus kann es. Der Fechter nimmt am Matthias-Grünewald-Gymnasium als erster Schüler am Modell der Schulzeitstreckung teil.

Mit dem neuen Modell will es das Kultusministerium jungen Leistungssportlern erleichtern, eine duale Karriere mit Training und Schule in Einklang zu bringen. Hierfür sollen junge Leistungssportler die Schulzeit strecken können. Ziel ist es, den Schülern die für eine Spitzensportkarriere notwendige Zeit zur Verfügung zu stellen.

Abitur nach drei statt nach zwei Jahren ablegen

In der gymnasialen Kursstufe kann deshalb mit der individuellen Schulzeitstreckung das Abitur nach drei statt nach zwei Jahren abgelegt werden. Dieses Modell ist für einzelne Schüler interessant, die Sportarten mit besonders hohen Trainingsumfängen ausüben. Wie etwa Fechten.

Die strukturelle Schulzeitstreckung kann nur von Elite- oder Partnerschulen mit Sportprofil angewendet werden, die von vergleichsweise vielen Spitzensporttalenten besucht werden. Damit sie im Schulalltag umgesetzt werden kann, stellt das Kultusministerium diesen Schulen zusätzliche Deputatsstunden zur Verfügung.

Bastian Kappus lernt am Matthias-Grünewald-Gymnasium

Das Matthias-Grünewald-Gymnasium erfüllt diese Voraussetzungen. Sieben Landes- und Bundeskader-Fechter gehen aktuell hier zur Schule. Einer davon ist Bastian Kappus. Der 16-Jährige gehört dem Nachwuchskader des Deutschen Fechterbundes an und steht mit dem Florett auf dem ersten Platz der nationalen Rangliste bei den U17-Junioren. Die Belastung für Spitzenfechter wie ihn ist enorm.

"Rund um das Wochenende verpasste ich viel Unterricht aufgrund von Turnieren."
Bastian Kappus, Schüler und Fechter

Die Saison dauert von September bis Mai. Von 36 kalendarischen Wochenenden in diesem Zeitraum – sieht man einmal von den Einschränkungen wegen Corona ab – verbringen die Athleten in der Regel 32 Wochenenden bei Wettkämpfen, dem Stützpunkttraining oder bei Lehrgängen. Rechnet man die kirchlichen Feiertage ab, ist fast jedes Wochenende mit Fechten belegt.

Leistungssport verlangt viel Zeit und Disziplin

„Die Schulzeitstreckung ist eine tolle Sache“, sagt Bastian Kappus. Der Leistungssport verlange ihm viel Zeit und Disziplin ab. So sei es in der Vergangenheit oft vorgekommen, dass Schule und Sport kollidierten. „Rund um das Wochenende verpasste ich viel Unterricht aufgrund von Turnieren. Auch die Regelmäßigkeit der Trainingseinheiten litt manchmal unter Lernstress“, erinnert er sich. Durch die Schulzeitstreckung gewinne er freie Zeit. „Die kann ich dazu nutzen, um zu trainieren oder zu lernen.“

Am Matthias-Grünewald-Gymnasium haben sich Sportlehrer Tobias Link und Oberstufenberater Thomas Heinrich für die Schulzeitstreckung eingesetzt. „Wir wollen diejenigen bestmöglich unterstützen, die erfolgreich sind und Leistung erbringen wollen“, versichert Tobias Link. Er ist am MGG zugleich Koordinator der Eliteschule des Sports. Seiner Meinung nach hat Bastian Kappus die besten Voraussetzungen.

Das besondere Augenmerk liegt auf der Oberstufe

„Mit der Schulzeitstreckung ist es möglich, das Abitur nach dem Modell 6 plus 3 zu machen“, erklärt Heinrich. Das besondere Augenmerk liege auf der Oberstufe, die in drei statt zwei Jahren absolviert werden kann. „Das ist beim regulären G9 nicht der Fall“, so der Oberstufenberater. Viel Zeit hat er darauf verwendet, für Bastian Kappus eine sinnvolle Kurswahl in Verbindung mit einem geeigneten Stundenplan zu erstellen. „Wir sind so weit wie möglich auf die Bedürfnisse des Athleten eingegangen“, sagt Heinrich. Deutlich habe man die Stundenzahl pro Woche verringert. 24 statt 36 Stunden verbringt Kappus jetzt am MGG. Die eingesparte Zeit nutzt er, um seinen Sport professionell auszuüben.

„Die Schulzeitstreckung steigert die Attraktivität des Matthias-Grünewald-Gymnasiums.“
Sigrid Böhrer, Studiendirektorin

„Der Bundesstützpunkt Tauberbischofsheim mit Voll- und Teilinternat ist außerordentlich dankbar für die Initiative, unseren Spitzenfechtern eine Schulzeitstreckung anzubieten“, betonen Reinhard Berger und Emil Kappus. Bundesstützpunktleiter und Internatsleiter weisen in einer Stellungnahme darauf hin, dass in der Vergangenheit viele Athleten nach der zehnten Klasse auf das Wirtschaftsgymnasium oder das Technische Gymnasium in Tauberbischofsheim wechseln mussten, um die Abiturvorbereitung mit den Anforderungen des Spitzensports verbinden zu können. Den meisten Schülern sei es schwergefallen, nach der qualitativ hochwertigen und anspruchsvollen Ausbildung, insbesondere in Sprachfächern wie Latein, das Matthias-Grünewald-Gymnasium verlassen und auf das bereits erworbene, fundierte Wissen verzichten zu müssen.

Zusatzbelastung für die Schulleitung und das Kollegium

„Eine Schulzeitstreckung bedeutet eine Zusatzbelastung für die Schulleitung und das Kollegium.“ Dessen sind sich Reinhard Berger und Emil Kappus bewusst. Umso dankbarer sind sie für das Engagement und die Unterstützung vonseiten des Gymnasiums. Der Vorteil der Schule liegt in ihren Augen darin, dass der Wechsel von Spitzenfechtern auf G9-Gymnasien nach der zehnten Klasse deutlich reduziert und eine kontinuierliche Fortsetzung der gymnasialen Ausbildung sichergestellt werden kann.

„Die Schulzeitstreckung steigert die Attraktivität des Matthias-Grünewald-Gymnasiums.“ Davon ist Studiendirektorin Sigrid Böhrer überzeugt. Die stellvertretende Schulleiterin weist darauf hin, dass alle schulischen Gremien hinter der Entscheidung stehen. Innerhalb kurzer Zeit sei es deshalb möglich gewesen, dass der Antrag vom Kultusministerium genehmigt worden ist.

Bastian Kappus: "Das war die richtige Entscheidung"

Bastian Kappus ist glücklich und zufrieden mit seiner Situation. Er konnte am Gymnasium in der vertrauten Umgebung bei seinen Schulkameraden bleiben. Gleichzeitig kann er sich seiner liebsten Freizeitbeschäftigung, dem Fechten, mit größerer Intensität widmen. Für Bastian Kappus ist klar: „Das war die richtige Entscheidung. Ich bin sehr motiviert und freue mich auf die neue Schul- und Fechtsaison.“

 
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