Ein lauer Sommerabend, volle Ränge mit froh gestimmten Zuschauern vor der Bühne der Badischen Landesbühne auf dem Schlossplatz in Tauberbischofsheim und ein Ensemble in Spiellaune; prächtige Bedingungen also für die Komödie „Don Camillo und Peppone“ in der Bühnenfassung von Gerold Theobalt. Die Aufführung lebt von den beiden liebenswerten Raubeinen Don Camillo, dem sozialistischen Priester und seinem Kontrahenten Peppone, dem gläubigen Kommunisten.
Wehende Fahnen und Kampflieder
Für die Bühne adaptiert hat Theobalt den Roman „Mondo Piccolo Don Camillo“ von Giovannino Guareschi, der schon für die erfolgreichen Filme mit Fernandel und Gino Cervi als Vorlage diente. Das Stück spielt in der Nachkriegszeit mitten im „Kalten Krieg“ in einem italienischen Dorf in der Poebene. So tragen die Hauptfiguren die weltanschauliche Auseinandersetzung zwischen einer Demokratie nach amerikanischem Vorbild und dem Marxismus-Leninismus sowjetischer Prägung hitzköpfig gerne auch mit einer handfesten Prügelei aus.
Dem in der Emilia-Romagna 1908 ausgerechnet an dem später als „Kampftag der Arbeiterbewegung“ ausgerufenen 1. Mai geborene und bereits mit 60 Jahren verstorbene italienische Journalist, Karikaturist und Schriftsteller Guareschi erweist Regisseur Arne Retzlaff in seiner Inszenierung mit den bekannten Parolen, Kampfliedern und wehenden roten Fahnen seine Referenz. Doch so wie nicht nur die Sowjetunion Anfang der 1990er Jahre wie ein Kartenhaus einstürzte, blieb auch von der Heilslehre des Kommunismus wenig übrig.
Plädoyer für die Humanität
So hat sich im Laufe der Jahrzehnte auch auf die amüsante Komödie reichlich Staub gelegt, den alle Akteure deshalb kräftig aufzuwirbeln versuchen. Dazu wird auch der gesamte Schlossplatz bespielt, wenn zu Demonstrationen, Prozessionen oder dem Generalstreik aufgerufen wird. Gleich zum Auftakt fährt Stefan Holm als Don Camillo mit wehender Soutane mit dem Fahrrad in seine Kirche; ausgestattet ist diese mit mehr als schiefen Fenstern und einem mannshohen Kreuz, an das sich David Meyer als Jesus aus eigener Kraft aufhängt und mit souveräner Milde und beeindruckender Menschenkenntnis das Geschehen begleitet.
Don Camillo besitzt die beneidenswerte Gabe, mit ihm in der Dorfkirche verbal kommunizieren zu können. Doch der Herr Jesus holt ihn immer dann auf den Boden der Tatsachen zurück, wenn sich der Priester im Kleinkrieg mit Peppone als Sieger fühlt. Den Kontrahenten spielt Markus Hennes starrköpfig und voller Leidenschaft für den Sozialismus. Nächstenliebe ist schließlich das höchste Gebot und außerdem standen beide früher gegen die Faschisten in einem gemeinsamen Lager.
Sohn soll Lenin getauft werden
Die Geschichte beginnt damit, dass sich der Kommunist Peppone darauf versteift, seinen Sohn auf den Namen Lenin taufen zu lassen, was Don Camillo selbstredend nicht akzeptieren kann. Als Peppone dann zum Bürgermeister des Ortes gewählt wird, ist die Konfrontation mit Don Camillo und vor allem dem Großgrundbesitzer Pasotti unvermeidlich. Den verkörpert Hannes Höchsmann mit ausgesprochen schwach ausgeprägten Sympathien für die Lohnansprüche der Arbeiter. Dumm ist nur, dass dessen von Sina Weiß gespielte Tochter Gina (fast) unsterblich in Mariolino verliebt ist, den Martin Behlert in herziger Schlichtheit als Sohn des verarmten Bauern Bruciata (Markus Wilharm) auf die Bühne bringt.
Weitere Nebenrollen spielen Elena Weber als energische Ariana, die Angetraute Peppones, die ihrem Mann auch schon einmal gehörig den Kopf zu waschen versteht, sowie Tobias Kern als Smilzo.
Anrührende Schlussszen mit Dorflehrerin
Was diese Komödie wieder sehenswert macht, verdeutlicht Irmgard Hetz als Signora Christina, die alte Dorflehrerin in der anrührenden Schlussszene, in der diese den Streithammeln Don Camillo und Peppone vor ihrem Ableben noch das Versprechen abringt, zum Wohle des Dorfes die Streitaxt endgültig zu begraben.
Die in der Komödie propagierten Gebote der Humanität und Nächstenliebe werden heutzutage in der politischen Auseinandersetzung mehr denn je mit Füßen getreten. Und schließlich ist die Welt auch ohne einen staatlich verordneten Sozialismus um nichts friedlicher oder vernünftiger geworden.