
"Schafseuterle" kennen nur noch wenige. Wie gut sie schmecken, das wissen die Bischemer seit kurzem wieder: Eine Pop-Up-Bäckerei erweckte den Innenhof der ehemaligen Bäckerei Gehrig für drei Tage aus dem Dornröschenschlaf. Hinter dem pfiffigen kulinarischen Event steckten einige junge kreative Tauberbischofsheimer, die gerade einen Verein gründen und noch mehr vorhaben.
Unter dem Dach des Kunstvereins Tauberbischofsheim und der Bundesstiftung Baukultur bringt der Architekt und gebürtige Tauberbischofsheimer Johannes Sack seit dem vergangenen Jahr mit seiner Veranstaltungsreihe "Kaleidoskop Tauberbischofsheim – Gespräche zur Baukultur" Experten und Bürger zusammen, bislang coronabedingt nur virtuell. Dabei geht es auch darum, Impulse von außen zu setzen, um "Leerstände mit Potenzial" mit ungewöhnlichen Konzepten zu neuem Leben zu erwecken – beispielsweise das seit den 90er Jahren leerstehende Gebäudeensemble der ehemaligen Bäckerei Gehrig, in prominenter Innenstadtlage, in Sichtweite des Schlossplatzes mit dem Bischemer Wahrzeichen, dem Türmersturm.
Von der Theorie zum temporären Reallabor
Einfach mal ausprobieren, dachten sich Johannes Sack, Julian Dittmann, Florian Bach und Luise Schneider, junge, gebürtige Tauberbischofsheimer, die eigentlich in Berlin, München oder Wien leben, die aber ihre Heimatstadt lieben und sich für sie und in ihr engagieren wollen. Ihr gerade in Gründung befindlicher Verein "Wirklich gut" will Initiativen fördern, die die Lebensqualität durch die Themen Kulinarik, Regionalität, Kultur und Architektur steigern.
Zum Auftakt brachten sie Bau- und Backkultur zusammen und stellten in den Innenhof der ehemaligen Bäckerei einen mobilen Holzbackofen. Der brachte dann nicht nur wunderbar duftende Sauerteigbrote und butterweiche Schafeuterle hervor, eine Spezialität der früheren Bäckerei, sondern dank der enormen Restwärme im Anschluss auch leckere Schmorgerichte – alles selbst zubereitet aus regionalen Produkten, zum Selbstkostenpreis, auf Spendenbasis und in Kooperation mit der benachbarten Vinothek.
Baukultureller Stadtspaziergang mit der Bürgermeisterin
Dass diese genussvolle Premiere (auch Dank des Gebäudebesitzers Gerhard Baumann, der den Innenhof zur Verfügung stellte) mehr als gelungen war, darüber freuten sich nicht nur Veranstalter und Besucher, sondern auch Bürgermeisterin Anette Schmidt und Vertreter der Bundesstiftung Baukultur. Denn letztere machte am Samstagvormittag im Rahmen ihrer Sommerreise durch Deutschland Halt in der Kreisstadt und bezog neben der Kurzzeitbäckerei einen Infostand. "Wir schauen auf Konzepte, wie Innenstädte und Fußgängerzonen neu bespielt werden können", so Julian Latzko von der Stiftung.
Nach einem Stadtspaziergang mit Bürgermeisterin Anette Schmidt, die aktuelle und in Planung befindliche Sanierungsprojekte vorstellte, gab er diesen Tipp: "Die Potenziale sind auf jeden Fall da. Wichtig ist jedoch, dass betroffene Anwohner von Anfang an in einen Dialog mit der Stadtverwaltung einbezogen werden." Und Architekturjournalistin Mariella Schlüter, die mit Johannes Sack die Kaleidoskop-Reihe verantwortet, ergänzte: "Das Interesse ist da, das haben die Gespräche mit Passanten am Rande des Rundgangs soeben gezeigt. Im Grunde ist die Stadt ja gebaut. Jetzt geht es darum, mittels zeitgenössischer Angebote mit dem umzugehen, was da ist."

