Weshalb stellt ein Autofahrer wegen eines 2000-Euro-Schadens an seinem Pkw bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt, wenn leicht herauszufinden ist, dass er den Schaden selbst verursacht hat?
Die Frage konnte auch beim Amtsgericht Wertheim in einer Verhandlung wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort und Vortäuschung einer Straftat nicht geklärt werden. Auf Grund der besonderen Umstände des Falls und wegen geringer Schuld stellte das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Zahlung einer Buße von 800 Euro zu Gunsten von Kindern mit Herzschwäche ein.
Der Angeklagte hatte nach eigenen Angaben am 5. November 2019 um 18.30 Uhr sein Auto in Freudenberg auf städtischem Gelände abgestellt. Am 8. November erschien er bei der Polizei Wertheim und verwies auf einen Schaden an seinem Wagen. Er erklärte, das sei passiert, als der Wagen drei Tage abgestellt war, und stellte Anzeige gegen Unbekannt wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort.
Polizei entdeckt am "Tatort" beschädigte Treppenstufen
Die Polizei fuhr zum "Tatort" und entdeckte an einer Treppe, dass dort Stufen aus Stein verrückt waren, geschätzter Schaden: 300 Euro. Diese Auffälligkeit passte genau zum Schadensbild am Pkw. Da der Mann ausschloss, dass eine andere Person seinen Wagen gefahren hatte, war klar: Er selbst muss durch unvorsichtiges Rangieren beide Schäden verursacht haben.
Nun wurde er selbst angezeigt und sollte per Strafbefehl eine Strafe zahlen, wogegen er Einspruch einlegte. Im Vorfeld der Verhandlung erkundigte sich das Gericht bei der Stadtverwaltung Freudenberg nach der beschädigten Treppe, aber außer Kratzern sei an den Stufen kein Schaden entstanden.
In der Verhandlung blieb der Mann jedoch dabei, dass er nicht unredlich Anzeige erstattet habe, da er keinen Anstoß bemerkt habe. Der Verteidiger erklärte, in dem Fall wäre die Vortäuschung einer Straftat fahrlässig und straffrei.
Fahrer hätte den Anstoß merken müssen
Staatsanwalt und Gericht wussten aus anderen Fällen und eigener Erfahrung: Der Anstoß war zu hören, zumindest zu spüren. Man könne zur Beantwortung auch einen Sachverständigen beauftragen, was aber ins Geld gehe. Die Richterin wandte sich an den Beschuldigten: "Wenn Sie den Anstoß nicht merkten, stellt sich die Frage, ob damals Fahrtüchtigkeit vorlag bzw. allgemein vorliegt."
Schließlich einigten sich alle Beteiligten auf eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Bußgeldzahlung.