(dpa/lsw) Fachleute stellen der Polizeireform in Baden-Württemberg nach einer Auswertung insgesamt ein gutes Zeugnis aus - empfehlen aber Nachbesserungen. Die zuständige Spezialistengruppe schlägt vor, die Zahl der Polizeipräsidien um zwei auf 14 zu erhöhen. Dies würde mindestens 120 Stellen und 30 Millionen Euro kosten, wie das Innenministerium am Dienstag in Stuttgart bekannt gab.
Dabei bilden der Kreis Esslingen und der Rems-Murr-Kreis ein regionales Präsidium ebenso wie die Kreise Pforzheim, Calw und und Freudenstadt ein Präsidium Nordschwarzwald. Bei der im Januar 2014 in Kraft getretenen Polizeireform wurden die vier Landespolizeidirektionen Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen mit 37 Polizeipräsidien und -direktionen zu zwölf regional zuständigen Polizeipräsidien verschmolzen.
Der im September 2016 eingesetzte Lenkungsausschuss hatte in seinem am Dienstag vorgelegten Bericht eine modifizierte Zwölfer-Lösung sowie ein 13er- und das favorisierte Modell mit 14 Präsidien vorgeschlagen. Auch ein Modell 14 plus mit einem Neuzuschnitt im Raum Stuttgart ist demnach denkbar. Dadurch soll verhindert werden, dass die regionalen Zuständigkeiten der derzeit zwölf Polizeipräsidien den Grenzen von Regierungs- und Gerichtsbezirken sowie geografischen Besonderheiten zuwiderlaufen.
Grün-Rot hatte die Reform des damaligen Innenministers Reinhold Gall (SPD) vor drei Jahren eingeführt. Grüne und SPD unterstrichen, dass die Evaluierung entscheidende Verbesserungen durch die ursprüngliche Polizeireform bestätige. SPD-Fraktionsvize Sascha Binder nannte etwa den sogenannten Kriminaldauerdienst, das Präsidium Einsatz sowie die Bündelung von Aus- und Fortbildung unter einem Dach.
Grünen-Innenexperte Uli Sckerl lobte die erhöhte Polizeipräsenz infolge der Reform und mahnte, eine Ausweitung der Verwaltungsstandorte dürfe personell nicht zulasten der Reviere vor Ort gehen. Innenminister Thomas Strobl (CDU) wird mit den Vorschlägen am Montag in den Koalitionsausschuss und am Dienstag in die Regierungsfraktionen gehen. Vor den Sommerferien soll die Entscheidung über die Strukturveränderungen fallen.
Aus Sicht des Ministeriums ist es wichtig, aus den Fraktionen von CDU und Grünen Signale zu erhalten, ob sie die möglichen Kosten für die Reform der Reform mittragen. Für die Landtags-FDP geht der 14er-Vorschlag in die richtige Richtung. „Der Zuschnitt einzelner Polizeipräsidien und der Rückzug aus der Fläche konnten nie überzeugen“, betonte Fraktionschef Hans-Urlich Rülke.
Hans-Jürgen Kirstein, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, hätte sich eine spätere Evaluation gewünscht. Denn die ursprüngliche Reform sei noch gar nicht ganz umgesetzt.
Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, betonte indes: „Ich habe die deutliche Erwartungshaltung an die Politik, dass sie die Empfehlungen des Lenkungsausschusses auch beachtet und der Bericht nicht in der Schublade verschwindet. Wir können in einigen Bereichen einfach nicht mehr so weiterwurschteln.“
Als weitere Veränderung schlagen die Experten vor, dass die Verkehrsunfallaufnahme nicht mehr wie bislang bei den zwölf Präsidien angesiedelt ist, sondern bei den Polizei- und Autobahnpolizeirevieren andockt. Ausnahmen wären die Ballungsräume Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Freiburg und Heidelberg. Die bisherige Lösung hat aus Sicht des Lenkungsausschusses zu langen Wartezeiten am Unfallort geführt.