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TAUBERBISCHOFSHEIM
Radiomoderator Stefan Siller liest beim Kunstverein: Von Adorf über Schröder bis Merkel
Radiomoderator mit sonorer Stimme: Stefan Siller las aus seinem Buch „Neugierig (auf Leute und die ganze Welt)“ beim Kunstverein in Tauberbischofsheim.
Foto: Ulrich Feuerstein | Radiomoderator mit sonorer Stimme: Stefan Siller las aus seinem Buch „Neugierig (auf Leute und die ganze Welt)“ beim Kunstverein in Tauberbischofsheim.
Thomas Hess
 |  aktualisiert: 25.01.2016 03:53 Uhr

Der ebenso bekannte wie populäre Journalist und Radiomoderator Stefan Siller (geb. 1950 im westfälischen Herford) hat seinen Ruhm in erster Linie der vormittäglichen Sendung „Leute“ im SWR (vormals SDR) zu verdanken, in der er zusammen mit seinem Kollegen Wolfgang Heim dreißig Jahre lang namhafte und weniger prominente oder auch mal namenlose, aber interessante Zeitgenossen aus den Politik, Sport oder Kultur ausfragte. Daneben war Siller seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts auch als kundiger Pop-Moderator (SDR 3), Talentsucher, -entdecker und -förderer sowie Konzertveranstalter im südwestdeutschen Raum erfolgreich.

Illustrierende Videos

Dies alles kann man in seinem jüngst erschienenen Buch „Neugierig (auf Leute und die ganze Welt)“ nachlesen und konnte es auf der jüngsten Kunstvereins-Veranstaltung im gut besuchten Engelsaal aus dem Munde des Autors – ergänzt durch einige aufgezeichnete, illustrierende Videos – persönlich vernehmen.

Stefan Siller ist äußerlich geradezu die Personifikation des Understatements, ein leicht zu unterschätzender Buchhaltertyp mit Brille, schmal, hager und kahlköpfig mit der trockenen, asketischen Miene des Berufs-Rechercheurs, zugleich mit einer auffallend tiefen und sonoren, raumfüllenden Stimme, die einen unwillkürlich in ihren Bann schlägt.

Fesselnder Vortrag

Sein Markenzeichen war und ist die nüchterne Sachlichkeit, Ruhe, Gelassenheit und sanfte Beharrlichkeit, mit der es ihm in seinen Sendungen immer wieder gelang, auch misstrauischen, widerstrebenden Gästen mehr von sich zu offenbaren, als sie wohl ursprünglich beabsichtigten. Sein Vortragsstil im Engelsaal war frei und lebendig, durchweg fesselnd.

Eine gelinde Enttäuschung war an diesem Abend also nicht der Autor selbst, sondern nur die Auswahl der hier präsentierten Geschichten und Anekdoten aus immerhin drei Jahrzehnten.

Gab es unter den insgesamt 3000 (!) Gästen der Sendereihe wirklich keine interessanteren als etwa die sattsam bekannten „Stammgäste“ Harald Schmidt und Roger Willemsen (von dem ein ebenso selbstgefälliges wie überflüssiges Schnipsel eingeblendet wurde), gehobene und vor allem gehoben bezahlte Kultur-Entertainer, deren Beruf es schließlich ist, bei jeder Gelegenheit mehr oder weniger spontan und schlagfertig zu sein?

Glaubte Siller der Erwartungshaltung des „Engelsaal“-Publikums schuldig zu sein, umständlich zu referieren, wie sich der gleichfalls nicht mehr ganz unbekannte Seniorendarsteller Mario Adorf in Altherrenmanier über das Thema „Seitensprung“ ausließ?

Lisa Müllers Bekenntnisse

Oder dass eine auffallend blonde, blutjunge Ex-Anschafferin mit dem Allerweltsnamen Lisa Müller (nicht ganz unerwartet Spitzenreiterin auf der inoffiziellen Hitparade des „Leute“-Internetangebots und hier gleichfalls eingespielt) nach Absturz und Bekehrung treuherzig versichert, dass solch ein Job trotz hoher Einkünfte doch nicht ganz das Richtige für kleine Mädchen ist? Geschenkt.

Das sollte wohl als Auflockerung dienen, und immerhin vernahm man im Lauf dieses Leseabends ja auch noch das eine oder andere interessante und ernste, auch betroffen machende Beispiel, nur dass Stefan Siller eben all zu oft der Neigung nachgab, sich (auf zugegeben unterhaltsame Weise) im Glanz allgegenwärtiger Promis zu sonnen – heißen sie nun Heiner Geißler oder Helmut Schmidt, Manfred Rommel, Gerhard Schröder oder Angela Merkel – Leute also, von denen man ja aus vielen Quellen sowieso schon das meiste weiß...

Schließlich erfuhr man auch einiges (nur leider zu wenig) vom Werdegang und den Jugendjahren dieses Vollblut-Journalisten in den 70er und 80er Jahren mit Blitzlichtern auf den damaligen aufmüpfigen Zeitgeist, vom redaktionellen Alltag, von aufschlussreichen Sender-Interna, den neuen Erfahrungen und Wechselfällen, Pannen und Erfolgserlebnissen in diesem manchmal aufreibenden Beruf, so wie sie sich in Sillers Buch in Hülle und Fülle finden. Am Ende war es dann doch kein verlorener, jedenfalls ein sehr unterhaltsamer Abend.

 
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