Kaum ein Thema wird derzeit durch Corona so geprägt wie die Kinderbetreuung und die Schule. Kein Wunder also, dass eine Videokonferenz mit der baden-württembergischen Kultusministerin Susanne Eisenmann viele Pädagogen und Elternbeiräte aus dem Main-Tauber-Kreis an den heimischen PC lockte. Dabei waren es viele unterschiedliche Probleme, deren sich die Ministerin entgegensah.
Auf Einladung des CDU Fraktionsvorsitzenden im Landtag Professor Wolfgang Reinhart sprachen über 100 Teilnehmer mit der Ministerin. Homeschooling bedeutet für viele Familien eine enorme Umstellung, aber auch für die Lehrerinnen und Lehrer. Unterschiedliche Programme beim Lernen und für die Wissensvermittlung sorgen nach wie vor für Kopfschütteln bei vielen Eltern. Eisenmann begründete die Probleme mit den datenschutzrechtlichen Vorgaben. Schließlich handelt es sich um Daten von Schülern und Lehrkräften.
Oberstes Ziel soll nach wie vor die schnelle Wiederöffnung mit Präsenzunterricht sein, so die Ministerin. "Das digitale Lernen kann das gemeinsame Lernen in der Schule nicht ersetzen." Aber es müsse gewährleistet sein, dass der Unterricht sicher ist. Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, sieht die Ministerin einer Beschulung in der Schule positiv entgegen. Sie verwies darauf, dass das Land in den letzten Monaten große finanzielle Unterstützung beim Aufbau einer digitalen Infrastruktur gegeben hat. Gut 22 Prozent des bisherigen Haushaltsansatzes fließen mehr in die Bildung, welcher immerhin 25 Prozent des Gesamthaushaltes des Landes ausmacht.
Absoluter Lehrermangel
Trotzdem beklagen viele Schulleiter im Kreis absoluten Lehrermangel. So sei die mobile Reserve beinahe nicht mehr existent, weil zu wenige Lehrkräfte verfügbar sind, und auch bei den Fachlehrern, beispielsweise in Physik, gebe es große Mängel. Eisenmann verwies darauf, dass in den letzten Jahren die Anzahl der Studienplätze erhöht worden sei, aber es dauere nun mal mindestens vier Jahre, bis das Programm Wirkung zeigt. Sie versprach, dass sich die Situation ab dem kommenden Schuljahr spürbar verbessern wird.
Die Ministerin stellte auch klar, dass es nicht Aufgabe der Lehrkräfte sein kann, sich um die Hard- und Software der Schule zu kümmern. Früher konnte der Physiklehrer noch den Overheadprojektor bedienen, heute sei das Thema Digitalisierung viel komplexer geworden. Eisenmann plädierte dafür, eine Fachkraft für jede Schule einzustellen oder über die Landesmedienanstalten für die Wartung zu sorgen. Bei 300 000 angeschafften Tablets und Laptops für die Schülerinnen und Schüler, die durch ein Sonderprogramm angeschafft wurden, sei das dringend notwendig. Wenn man dann noch die in Kürze eintreffenden Laptops für die Lehrkräfte dazurechnet, gäbe es genügend Handlungsbedarf für einen Spezialisten.
Prüfungen nach hinten verlegt
Ministerin Eisenmann sprach sich gegen eine lokale Öffnung von Schulen aus je nach Inzidenzwert. Das müsse schon landesweit geregelt sein, zumal die Prüfungen ja auch landesweit geschrieben werden. Es gebe zudem feste Regeln für den Fernunterricht, die jede Schule auf der Homepage des Ministeriums nachlesen könne. Auch bei den Prüfungen in den Abschlussklassen wolle man so verfahren wie im letzten Jahr. Die Vorbereitung könne jederzeit in Präsenz stattfinden, und die Prüfungen wurden extra nach hinten verlegt, damit eine bessere Vorbereitung der Schüler möglich ist. Außerdem prüft das Ministerium erneut die Möglichkeit der freiwilligen Wiederholung einer Klasse für lernschwache Schüler. Dies habe sich im letzten Jahr bewährt ebenso wie Stoffvertiefungen in den Ferien.
Nicht einlassen wollte sie sich auf die Diskussion ob G8 oder G9. "Bei mir genießen alle Schulformen dieselbe Wertschätzung". Das schließe auch die Gemeinschaftsschulen ein: "Die Vielfalt der Schulen muss erhalten bleiben."
In Kürze kämen Corona-Schnelltests auf den Markt, die verlässlich seien. Damit, so hofft die Ministerin zum Abschluss des Gespräches, werde schnell wieder ein normaler Schulalltag möglich sein.