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Tauberbischofsheim
Paranoia-Parodie mit Musik
Welche Folgen ein Filmriss nach durchzechter Nacht haben kann, zeigte die Badische Landesbühne mit Eugene Labiches Komödie „Die Affäre Rue de Lourcine“.
Foto: Felix Röttger | Welche Folgen ein Filmriss nach durchzechter Nacht haben kann, zeigte die Badische Landesbühne mit Eugene Labiches Komödie „Die Affäre Rue de Lourcine“.
Bearbeitet von Felix Röttger
 |  aktualisiert: 30.01.2025 02:41 Uhr

Die Badische Landesbühne präsentierte in der Tauberbischofsheimer Stadthalle mit einem Schauspieler-Quintett das Theaterstück „Die Affäre Rue de Lourcine“ von Eugène Labiche. Die 1857 in Paris uraufgeführte Komödie mit Musikeinlagen der dazu immer wieder aus ihren Rollen heraustretenden Protagonisten amüsierte das Publikum, auch wenn herzhaftes Lachen nur bedingt angesagt war.

Komödien am Fließband

Labiche war ein äußerst produktiver Autor und verfasste zusammen mit anderen französischen Schriftstellern in der großbürgerlichen Ära des 19. Jahrhunderts über 170 Bühnenwerke der Gattung „Boulevardkomödie“ , die stets mit einem Happy End endeten. Die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek hinterfragte in ihrer deutschen Übersetzung von 1988 die oberflächliche Moral der wohlhabenden Bourgeoisie; sicherlich ein Grund dafür, dass dieses eigentlich völlig aus der Zeit gefallene Stück immer wieder auf die Spielpläne gesetzt wurde.  

Sehr spartanisch war das Bühnenbild von Colin Walker mit einem auf zwei Seiten offenen und drehbaren Kubus mit einem Sofa als Bettersatz, zwei Wandleuchten und dem an der Wand innen angebrachtem Kühlschrank und einem Waschbecken außen. Nichts erinnerte an die großbürgerliche, französische Wohnkultur zu Lebzeiten des Autors.

Das intendierte Wechselspiel zwischen hektischem Aktionismus und gesanglichem Innehalten beförderte Hausdiener Justin (Paul Fuchs), der sich als Kulissenschieber der Drehbühne und nur scheinbar unterwürfiger Bediensteter hervortat.

Devise: Ungeschoren davonkommen

Der Plot ist einfach gestrickt: Am Morgen nach einer Sauftour erwacht der Rentier Lenglumé (Frank Siebers) und ist völlig perplex, dass er das eigene Bett mit dem alten Schulfreund Mistingue (Tobias Gondolf) geteilt hat, der ebenfalls bei einem Klassentreffen am Vorabend dabei war und sich ebenfalls nur bruchstückhaft an das Geschehene in der Nacht erinnern kann. Beiden brummt gewaltig der Kopf.

Aufgeschreckt durch eine Zeitungsmeldung und einige Indizien glaubt das Duo, im Suff eine Kohlenhändlerin ermordet zu haben. Denn sie finden Kohlenstücke in ihren Hosentaschen und am Tatort wird ein Regenschirm mit Affenkopfknauf gefunden, den Lenglumés Vetter Potard (Hannes Höchsmann) vermisst. Als dann noch am Bett eine Locke, ein Damenhäubchen und ein Frauenschuh gefunden wird, scheint die Indizienkette lückenlos zu sein.

Der Versuch, den vermeintlichen Mord zu vertuschen, führt immer tiefer in die Bredouille. 
Foto: Felix Röttger | Der Versuch, den vermeintlichen Mord zu vertuschen, führt immer tiefer in die Bredouille. 

Jetzt geht es nur noch darum, die grausame Tat vor Lenglumés Frau Norine (Nadine Pape) und dem Diener Justin geheim zu halten, koste es, was es wolle. Selbst eine Beseitigung von Mitwissern oder Zeugen scheint immer wahrscheinlicher zu werden, je stärker sich das Duo in abenteuerliche Ausreden zu flüchten versucht. Panik bricht aus, als der Kohlenstaub selbst nach intensivem Waschen wie Blut an den Händen kleben bleibt.

Hartnäckiger Kohlenstaub

Nach weiteren Vertuschungsmanövern inklusive Mordversuchen stellt sich heraus, dass die Zeitung, die über den Kriminalfall berichtet, schon viele Jahre alt ist. Dies hat bereits zuvor der Hausdiener Justin angemerkt und dem Publikum verraten, dass Lenglumés Frau Norine als Empfängerin der zerknitterten Ausgabe sowieso nur die Überschriften liest. Doch diesmal weckt der Bericht über den Kriminalfall ihre Neugier.

Für das Quintett auf der Bühne gab es vom dankbaren Publikum für die ansprechenden schauspielerischen Leistungen und die gute Unterhaltung reichlich Beifall.

 
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