
Zugegeben, für manche Menschen ist das Thema Kelten so prickelnd wie eine Verwaltungsvorschrift. Im Schulunterricht haben sogar die Römer oder Griechen bessere Karten. Andererseits umgibt die Kelten viel Mystik, Nebel und Ungewisses. Und genau das wiederum ist der Reiz, der von ihnen ausgeht.
So oder so, die Zeit der Kelten wirkt bis heute nach - etwa in unserer Sprache. Und nicht zuletzt durch die wohl berühmtesten Kelten: Asterix, Obelix und Druide Miraculix.

Das Oppidum war eine richtige Stadt...
Wer sich von diesen Comicfiguren abgesehen mit den Kelten intensiv beschäftigen will, steht oft vor zugewachsenen, unscheinbaren Hügeln irgendwo in der Landschaft. Man muss dann seine Fantasie schon sehr anstrengen, um zu erahnen, was rund um diese Grabhügel einmal war.
Auf freiem Feld unweit des beschaulichen Dorfes Finsterlohr (Main-Tauber-Kreis) geht das einfacher. Denn dort befindet sich ein Oppidum, das einst eine respektable Stadt mit ein paar tausend Kelten gewesen sein muss und heute ein kleines Freilichtmuseum ist. Ein Kleinod hoch über der Tauber, das sich als Start oder Ziel für Wanderungen anbietet.
...und hat eine riesige Fläche
Wobei Kleinod irgendwie der falsche Begriff ist: Das Bodendenkmal an der Landesgrenze zu Bayern hat die Fläche von gut und gerne 70 Fußballplätzen. Vieles davon ist Wiese, Acker oder Wald. Das hat Gründe: Zum einen waren diese befestigten Siedlungen ("Oppida", Einzahl: "Oppidum") der Kelten nicht komplett bebaut, Teile des Areals dienten als Weide- und Ackerland. Zum anderen sei in Finsterlohr noch längst nicht alles erforscht, sagt Angela Kopanitsak.
Die Creglingerin kümmert sich im Verein "Keltisches Oppidum Finsterlohr-Burgstall" um das Erbe aus den vier Jahrhunderten vor Christi Geburt und macht dort Führungen im Kelten-Gewand. Für weitere Forschungsarbeiten am Oppidum fehle schlicht und einfach das Geld, so Kopanitsak. Deshalb wisse sie mit Blick auf Ausgrabungen nicht, "ob da noch was kommt".
Spuren der Steinzeit
Erstmals freigelegt wurden Teile der Keltensiedlung 1903. Weitere Ausgrabungen folgten nach Vereinsangaben 1910 und 1973. Das Gelände muss freilich schon weit vor den Kelten für Menschen attraktiv gewesen sein: Forscher fanden dort auch Werkzeuge aus der Steinzeit.
Dass das Oppidum für die Kelten wichtig in puncto Verteidigung war, zeigt seine Lage: Das Hochplateau fällt im Norden und Osten steil ab ins Tal der Tauber, war von dort her also nur mühsam zu erobern. In den anderen Richtungen liegt flaches Feld, so dass dorthin Schutzvorrichtungen wichtig waren.
Warum das Oppidum wie eine Burg war
Davon zeugt im Oppdium Finsterlohr der Nachbau einer sogenannten Pfostenschlitzmauer, deren Eichenstämme im Original gut zwei Meter in die Erde reichten. Die Mauer soll bis zu sechs Meter hoch gewesen sein. Schon deshalb war das Oppidum für die außerhalb lebenden Kelten wie eine Burg und somit ein geschätzter Rückzugsort, wenn Feinde nahten.

Finsterlohr reiht sich ein in Dutzende von Oppida, die die Kelten einst in einem breiten Korridor von Westfrankreich bis ins heutige Tschechien als Handels- und Stammeszentren errichteten. Das war das Kerngebiet dieses Volkes, das sich auch bis auf die Iberische Halbinsel, die britische Insel, den Balkan sowie nach Italien und in die Türkei ausbreitete. Bekannt sowohl für ihre Trinkfreudigkeit als auch für ihren Schmuck und ihre Druiden, waren die Kelten andererseits gern genommene Söldner in griechischen und karthagischen Heeren.
Warum die Kelten wohl im Schatten stehen
Diese Mischung an Merkmalen seien es, die die Kelten mittlerweile für junge Menschen wieder interessant macht, hat Angela Kopanitsak bei ihren Führungen beobachtet. Die Buben interessierten sich für keltische Waffen und Kriegsführung, die Mädchen für Gewänder und Schmuck. Dass dennoch die Kelten im Gegensatz etwa zu den Römern nach wie vor im Schatten der allgemeinen Aufmerksamkeit stehen, liege daran, "dass sie in den Schulbüchern vernachlässigt worden sind".
Das Info-Angebot im Oppidum von Finsterlohr steuert dem ein Stück weit entgegen. Es gibt einen weit gefächerten Einblick in das Leben jenes Volkes. Ein Volk, das auch unsere Sprache geprägt hat: Leder hieß "letro", heilig "sakro" und drei "tri".