Sein literarisches Gespür bewies wieder einmal Ulrich Rüdenauer, Kurator der Reihe „Literatur im Schloss“, als er mit Hausherrin Maike Trentin-Meyer die in Gerchsheim aufgewachsene Autorin und Sängerin Monika Zeiner zur letzten Lesung in diesem Jahr ins Deutschordensmuseum Bad Mergentheim einlud. Mit ihrem Debütroman „Die Ordnung der Sterne über Como“ wurde die 42-jährige Wahlberlinerin überraschend für den Deutschen Buchpreis nominiert, kam auf die Shortlist und verfehlte nur knapp die Sensation.
Das Studium der Romanistik und der Theaterwissenschaft in Erlangen und Berlin brachte Monika Zeiner weiter, doch was gut werden soll, braucht seine Zeit. Sechs Jahre schrieb Zeiner an der 607 Seiten starken Dreiecksgeschichte im Berlin der 90iger Jahre und in Neapel, für die sie im Frühjahr bereits auf einem der größten europäischen Literaturfestivals den Publikumspreis – den sogenannten Silberschweinpreis der „lit.Cologne“ in Köln gewann.
Wie in Köln eroberte die zweifache Mutter auch im „Roten Saal“ die Herzen des Bad Mergentheimer Publikums, weil sie nicht nur schreiben, sondern auch singen kann. Ganz und gar nicht wie eine Debütantin brachte sie mit ihrer melodiösen Altstimme „Love in Portofino“ das Publikum in Stimmung. Unter ihrem Künstlernamen Mona Stinelli ist sie schließlich regelmäßig mit der Italo-Swing-Band Marinafon unterwegs. Als exzellenter Klavierbegleiter für den Italo-Swing der 50er bis 60er Jahre entpuppte sich Andreas Hirche, den die Sängerin und Texterin nach Bad Mergentheim mitgebracht hatte. Der hatte seine helle Freude am Steinway-Flügel von 1962, „dem besten Klavier, das ich bisher spielen konnte“. Und die Akustik im Saal war – ganz im Gegensatz zu früher – dank kabelloser Headsets hervorragend. Ihr Faible für italienische Chansons unterstrich die Sängerin mit einem gefühlvoll vorgetragenen „Una rotonda sul mare“ und gewährte mit ihren musikalischen Beiträgen tiefe Einblicke in die Bilderwelt ihres Romans. Zuvor stand die Autorin dem renommierten Schriftstellerkollegen, Literaturkritiker und Essayist Helmut Böttiger Rede und Antwort. Böttiger fungierte in diesem Jahr als Sprecher der Jury des Deutschen Buchpreises und sprach mit Monika Zeiner über ihren Roman, die Musik und die Sehnsucht nach Liebe und die Melancholie. „Aus unbekannten Gefilden“ sei sie im Literaturbetrieb als unbeschriebenes Blatt aufgetaucht; als im kleinen Berliner Verlag Blumenbar im März ihr Roman erschien, folgten lediglich zwei, drei Rezensionen. Plötzlich gab es im August die Nominierung für die Longlist und einen Monat später für die Shortlist des Deutschen Buchpreises. Dies sei ein Werdegang einer Schriftstellerin „im Schnelldurchlauf“ gewesen, so Helmut Böttiger. Wie sie denn realisiert habe, plötzlich im Herbst eines der sechs bekanntesten Autorinnen in diesem Jahr geworden zu sein? Sie sei sich vorgekommen, so Monika Zeiner, als sei sie plötzlich in einen falschen Film geraten. „Mir ist sehr bewusst, dass es eine absolute Glücksache ist und es sehr wahrscheinlich viele andere Bücher gibt, die auch diese Wahrnehmung verdient hätten“. Mit dem Beginn der Lesung der ersten beiden Kapitel ihres Romans, die sie nicht aus dem Buch, sondern aus losen Manuskriptseiten vortrug, wechselte auch ihre Sprache; ihre Lesestimme wurde schneller und tauchte immer tiefer in die Geschichte von Tom Holler und Marc Baldur im Berlin der 90er Jahre ein. Zwei Männer, die beide Betty Morgenthal lieben; eine junge Frau, hin- und hergerissen zwischen ihrer Begabung als Sängerin und den Erwartungen ihrer Eltern, einem Arztehepaar, das ein Medizinstudium für sie geplant hat. Erstaunt zeigte sich Böttiger von ihrem Schreibstil mit langen Sätzen und der Vergangenheitsform. Besser als mit „atemlosen“ kurzen Sätzen könne sie manche komplexe Situationen eher mit langen Sätzen erfassen, meinte die Autorin, die von Thomas Mann in ihrer Jugendzeit geprägt worden sei.