
Die Gehaltspolitik an den Theatern in Baden-Württemberg sorgt für Ärger (wir berichteten). Die meisten öffentlichen Theater wollen die Führungsgagen nicht offenlegen, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab. Dagegen regt sich immer mehr Widerstand.
„Häuser, die mehr als zwei Drittel ihres Etats durch Steuergelder finanziert bekommen, sollten Gehälter generell offenlegen müssen“, sagte der Leiter des Stuttgarter Theaterhauses, Werner Schretzmeier. „Ich finde diese augenblicklich bekannten Summen katastrophal, da suggeriert wird, dass die Welt der Kulturschaffenden keinen Deut besser ist als die Selbstbedienungsmentalität der Finanzwelt.“
Transparenz fehlt
Auch der Bund der Steuerzahler forderte eine Offenlegung und eine stärkere Anlehnung der Gehälter an Erfolgskriterien. „Hier fehlt es an Transparenz, weil nicht nachvollziehbar ist, wie die Gehälter zustande kommen“, sagte der Landesvorsitzende Wilfried Krahwinkel. „Offensichtlich ist, dass die festgestellten Gehälter das Gefüge der sonst üblichen steuerfinanzierten Vergütungen im öffentlichen Bereich sprengen.“
Die „Stuttgarter Zeitung“ hatte Mitte des Monats eine Rüge des Landesrechnungshofs für die Spitzengagen am Stuttgarter Staatstheater öffentlich gemacht. Die Intendanten in Schauspiel, Ballett und Oper bekamen demnach zwischen 173 000 Euro und 204 000 Euro. Rund 240 000 Euro soll im Jahr 2008 der Generalmusikdirektor Manfred Honeck bekommen haben.
Der Deutsche Bühnenverein, der Arbeitgeberverband der Theater im Land, lehnt die Debatte ab. Gehälter seien personenbezogene Daten. Eine Veröffentlichung sei nur angebracht, wenn die Bezüge problematisch hoch würden, sagte der geschäftsführende Direktor Rolf Bolwin. Dies sei in Stuttgart nicht gegeben, die Gehälter seien marktüblich. „Viele Intendanten haben eine 60/65-Stundenwoche“, betonte Bolwin. Mit der Situation von Politikern sei ihre Arbeit nicht zu vergleichen: „Alle haben befristete Verträge, wer da nicht reüssiert, ist raus.“
Zukunftsaussichten wichtiger
Die Intendantin des Landestheaters Tübingen, Simone Sterr, sagte, die Diskussion über die Top-Gehälter einiger Intendanten gehe an der Situation in den meisten Häusern vorbei. „Sicher gibt es Theaterleiter und Theaterleiterinnen, die über den Abstand ihres Gehaltes zu dem ihrer Künstler und Künstlerinnen nachdenken sollten“, räumte sie ein. „Denen unter uns, die von einem lebendigen Stadttheater als innovativem gesellschaftlichen Ort beseelt sind, und das sind meiner idealistischen Hoffnung nach die meisten, geht es nicht um hohe Einzelgehälter, Dienstwagen und ähnliches.“
Wenn alle Gehälter der Intendanten in Baden-Württemberg veröffentlicht würden, hätte sie dagegen keine Einwände, betonte Sterr. Die finanzielle Ausstattung eines Hauses und verlässliche kulturpolitische Zukunftsaussichten seien im Wettbewerb um Spitzenkräfte ohnehin viel wichtiger als das Gehalt: „Die Attraktivität eines Hauses für einen Intendanten hat weniger mit der Möglichkeit des persönlichen finanziellen Wohlstandes zu tun als mit der Chance, kreative, künstlerische Impulse auf hohem Niveau in eine Stadt hineinzutragen.“
Der Intendant in ULM, Andreas von Studnitz, kritisierte die Debatte mit den Worten: „Bedeutet ein steuerfinanzierter Arbeitsplatz automatisch, dass die Leute deswegen weniger verdienen sollen?“ Auf die Frage, ob die Gagen gerechtfertigt seien, erklärte von Studnitz: „Bezüglich der Maßstäbe befrage man die Stadt, die ihm die Gage angeboten hat.“
Individuelle Verträge
Keinen Kommentar zu den Gagen wollten die Macher am Theater Konstanz und am Theater Freiburg abgeben. Es handelt sich nach Angaben einer Sprecherin des Freiburger Rathauses um individuelle Verträge, die zwischen Stadt und der jeweiligen Führungskraft ausgehandelt werden. Der Gemeinderat muss für den Vertrag seien Segen geben. Mit einem Gehalt von zusammen rund 228 000 Euro für die beiden Führungskräfte bewege sich Freiburg im normalen Umfeld.
Kunstministerin Theresia Bauer (Grüne) hatte sich kürzlich eine Offenlegung der Gehälter vorstellen können. Möglicherweise könne mit den Betroffenen das Einverständnis dafür erzielt werden. Aus Wettbewerbsgründen müsse das dann aber bundesweit gemacht werden. Die Höhe der Gehälter hatten Bauer und Finanzminister Nils Schmid (SPD) verteidigt. Bei der Suche nach Intendanten könne man nicht aus Hunderten von Bewerbern auswählen, sagte Bauer. Schmid ergänzte: „Das ist keine triviale Angelegenheit und nicht vergleichbar mit der Besetzung einer Beamtenstelle. Die Vergütung der Intendanten ist angemessen für den Job, den sie tun und in jeder Hinsicht vertretbar.“