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Bad Mergentheim
Neue Forschungsergebnisse und viele Tipps für den Alltag beim 14. MS-Tag im Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim
Prof. Dr. Mathias Buttmann, Chefarzt der Klinik für Neurologie am Caritas-Krankenhaus, und Prof. Dr. Peter Flachenecker, Chefarzt des Neurologischen Rehabilitationszentrums Quellenhof in Bad Wildbad, beantworten Fragen der Besucher am MS-Tag im Caritas-Krankenhaus.
Foto: Tilman Englert | Prof. Dr. Mathias Buttmann, Chefarzt der Klinik für Neurologie am Caritas-Krankenhaus, und Prof. Dr. Peter Flachenecker, Chefarzt des Neurologischen Rehabilitationszentrums Quellenhof in Bad Wildbad, beantworten ...
Bearbeitet von Julia Graber
 |  aktualisiert: 03.11.2024 02:31 Uhr

Neueste Forschungsergebnisse zu MS-Medikamenten und viele Tipps für den Alltag mit Multipler Sklerose bekamen die rund 200 Besucherinnen und Besucher beim 14. MS-Tag im Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim. Die chronische Erkrankung des Zentralen Nervensystems ist zwar nicht heilbar, aber es gibt verschiedene neue Therapieansätze. Die folgenden Informationen sind einer Pressemitteilung der BBT-Gruppe Region Tauberfranken-Hohenlohe entnommen. 

Prof. Dr. Mathias Buttmann, Chefarzt der Klinik für Neurologie im Caritas-Krankenhaus und MS-Spezialist, stellte neueste wissenschaftliche Erkenntnisse vom weltgrößten MS-Kongress ECTRIMS vor, der vom 18. bis 20. September in Kopenhagen stattgefunden hat. "Die sogenannte BTK-Inhibitoren sind eine neue Substanzgruppe, die die Blut-Hirn-Schranke gut überwinden und direkt auf schädigende Mikrogliazellen im Gehirn wirken kann, die durch bisherige Medikamente nicht oder kaum erreicht wurden. In der Phase-3-Studie HERCULES reduzierte der BTK-Inhibitor Tolebrutinib bei Menschen mit einer sekundär progredienten MS ohne überlagerte Schübe das Risiko neuer bleibender Einschränkungen gegenüber einem Placebo um 31 Prozent, bei einem kleinen Teil der MS-Erkrankten haben sich die Einschränkungen sogar verbessert", so Prof. Dr. Buttmann.

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Bei etwa jedem zweihundertsten Studienteilnehmer wurden unter dem Medikament in den ersten drei Therapiemonaten ausgeprägte Leberwerterhöhungen beobachtet, die sich nach Absetzen des Medikaments allerdings wieder zurückbildeten, weshalb zu Therapiebeginnen laut Buttmann engmaschige Kontrollen der Leberwerte erforderlich sein werden. Mit einer wahrscheinlichen Zulassung von Tolebrutinib rechnet der Facharzt für Neurologie Ende 2025 oder Anfang 2026.

Verschiedenen Reha-Maßnahmen für Betroffene

Buttmann machte klar, dass es nicht das eine perfekte Medikament für alle gebe. Auch sogenannte Basistherapien hätten weiter ihre Berechtigung. "Entscheidend für die Wahl der Therapie bleibt eine fundierte individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung", machte er deutlich. Neben der verlaufsmodifizierenden Therapie mit Medikamenten spielt bei der MS die symptomatische Therapie eine wichtige Rolle.

Wie die Betroffenen von verschiedenen Reha-Maßnahmen profitieren können, stellte Prof. Dr. Peter Flachenecker in seinem Vortrag vor. Deutschland verfüge über ein weltweit einmaliges Reha-System, so der Chefarzt des Neurologischen Rehabilitationszentrums Quellenhof in Bad Wildbad. "Ziele der Reha bei der chronischen Erkrankung MS können eine Verbesserung, aber auch ein Erhalt alltagsrelevanter Funktionen sein."

Als konkrete Beispiele nannte Flachenecker eine individuell bedarfsorientierte Verbesserung der Gehfähigkeit, der Feinmotorik und des Sprechens oder auch der Aufmerksamkeit und der Fatigue. Diese äußerlich nicht sichtbare abnorme Ermüdbarkeit und Erschöpfbarkeit belaste viele Menschen mit MS. "Je nach individuellem Aufnahmebefund kommen Physiotherapie, Ergotherapie, Logotherapie oder auch Kunsttherapie zum Einsatz, meist in Kombination."

Besonders intensiv ging Flachenecker auf die Fatigue bei MS ein, zu deren Erforschung er wichtige Beiträge geleistet hat. "Fatigue ist nicht dasselbe wie eine Depression; man kann Fatigue behandeln, auch mit Dingen, die man selbst tun kann." Als Beispiele nannte er Kraft- und Ausdauertraining, die Erwärmung des Körpers vermeiden, etwa mit Kühlwesten und bewusst Pausen einlegen, bevor eine Erschöpfung eintritt.

Aufmerksamkeitstraining, Sport- und Bewegungstherapie

"In der Reha arbeiten wir darüber hinaus mit spezifischem Aufmerksamkeitstraining, Sport- und Bewegungstherapie sowie kognitiver Verhaltenstherapie." Grundsätzlich ist eine Reha alle vier Jahre möglich, bei medizinischer Notwendigkeit aber auch öfter. Dies bedarf dann einer medizinischen Begründung.

Dr. Waldemar Kafke, Oberarzt der Klinik für Neurologie im Caritas-Krankenhaus, informierte in seinem Vortrag über MS und Begleiterkrankungen und zeigte die Risiken und Chancen deren wechselseitiger Beeinflussung auf. "Häufige Begleiterkrankungen bei MS sind zum Beispiel Depressionen und Herzkreislauferkrankungen. Diese können die MS-Diagnosestellung und damit einen frühen Therapiebeginn verzögern oder den Verlauf und damit die Lebensqualität negativ beeinflussen."

Dr. Kafke empfahl daher eine möglichst frühe Diagnostik vor allem bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Und er hatte noch einen wichtigen Rat für alle Raucher mit MS: "Es ist nie zu spät, mit dem Rauchen aufzuhören. Der Effekt entspricht in der Stärke etwa einer Basistherapie."

Viele weitere Fragen, etwa zum Absetzen von Medikamenten oder zu Medikamenten in der Schwangerschaft und Stillzeit, beantworteten die Referenten sowie der in Bad Mergentheim niedergelassene Neurologe Dr. Herbert Hock in der offenen Fragestunde "Meet the Expert". 

Nach dem Erfolg des diesjährigen 14. MS-Tags am Caritas-Krankenhaus steht der Termin für den 15. MS-Tag bereits fest: Es darf der 18. Oktober 2025 im Kalender vorgemerkt werden.

 
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