Ministeramt weg, Abgeordnetenmandat weg – und dann auch noch ein privates Liebes-Aus. Die Zeit um die Landtagswahl am 13. März gehört für Katrin Altpeter zu den ganz dunklen Stunden ihres Lebens. „Das war ein richtiger Schock“, sagt die frühere Sozialministerin insbesondere zu der Tatsache, dass sie in ihrem Wahlkreis Waiblingen stimmenmäßig auch noch vom Kandidaten der AfD überholt wurde.
Die SPD in ganz Baden-Württemberg holte nur 12,7 Prozent und flog aus der gemeinsamen Regierung mit den Grünen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) regiert nun bekanntlich mit der CDU.
Nach der Wahl stand den Sozialdemokraten der Schock ins Gesicht geschrieben. Teilweise flossen Tränen der Enttäuschung. Mittlerweile haben sich die Genossen einigermaßen gesammelt.
SPD-Landeschef Nils Schmid sagte jüngst beim SPD-Sommerfest, man dürfe nicht bei der Verbitterung stehenbleiben. Erstmals klang das Ziel an, 2021 wieder mitregieren zu wollen, „weil wir bewiesen haben, dass wir es können“.
Altpeter spricht von Familie und Freunden, die sich um sie gekümmert hätten. Sie komme jetzt klar, beteuert die 52-Jährige. „Das war eine demokratische Entscheidung“, sagt sie zum Ausgang der Landtagswahl. Finanziell ist Altpeter zunächst durch das Übergangsgeld abgesichert, dass ihr als Ex-Ministerin zusteht. Was sie beruflich machen wird, ist noch unklar. Theoretisch könnte Altpeter zurück in ihren alten Job an die Altenpflegeschule, als Lehrerin für Pflegeberufe. Da ist sie beurlaubt – schon seit 2001. Zu bereuen gibt es nichts. „Es war immer mein Wunsch, Sozialministerin zu sein. Das war ich, und jetzt kommt was anderes.“
Die Insignien der Macht fehlen ihr am allerwenigsten, beteuert die Ex-Ministerin. „Ich vermisse meinen Fahrer als Mensch, aber meinen Dienstwagen nicht.“
Nils Schmid, früher Vize-Regierungschef sowie Minister für Wirtschaft und Finanzen, zieht sich im Herbst auch als SPD-Landesvorsitzender zurück. Die Familie freue sich, dass er nun etwas mehr Zeit habe. Kürzlich war er mit seiner Tochter, die bald eingeschult wird, Schulsachen kaufen.
„Das waren fünf gute Jahre“, sagt er über seine Zeit als Minister. Er vermisse die politischen Gestaltungsmöglichkeiten, räumt Schmid ein, der nach wie vor als Abgeordneter für die SPD im Landtag sitzt.
Die frühere Integrationsministerin Bilkay Öney ist zurück in ihre Heimatstadt Berlin gegangen. Von da aus meldet sie sich gewohnt rege über Twitter zur aktuellen Politik zu Wort – ansonsten weiß man im Südwesten wenig darüber, wie es ihr geht.
Ex-Justizminister Rainer Stickelberger ist heute Vorsitzender des Finanzausschusses im Landtag. Und der frühere Kultusminister Andreas Stoch hatte nach eigenem Bekunden „keine Zeit“, um nach der Landtagswahl in ein Loch zu fallen. Er leitet jetzt die SPD-Fraktion im Landtag.
Vom Ministeramt direkt in die Opposition: Stoch räumt ein, dass das für ihn zunächst schwierig gewesen sei. „Opposition ist Mist“, sagte einst der SPD-Politiker Franz Müntefering – und Stoch stimmt dem durchaus zu. „Aber als Sozialdemokrat ist man es gewöhnt, mit Auf und Abs und Niederlagen umgehen zu müssen.“
Viel Arbeit hat er auch heute – aber sie ist anders gelagert. „Als Minister ist man verpflichtet, Entscheidungen zu treffen, die unmittelbar nach außen wirken.“ In der Opposition gehe es um gemeinsame Entwicklung von Strategien, deren Wirksamkeit erstmal begrenzt sei.
Als Minister fühlte sich Stoch nach eigenem Bekunden wie im Hamsterrad – verplant von morgens bis abends. Insofern kann er der Entwicklung auch etwas Positives abgewinnen: „In der Opposition habe ich mehr Freiräume, in denen ich selbst Entscheidungen treffen kann.“
Ex-Innenminister Reinhold Gall, der nun ohne Personenschützer aus dem Haus gehen kann, ist ebenfalls noch Abgeordneter und jetzt Parlamentarischer Geschäftsführer der auf 19 Leute geschrumpften SPD-Fraktion im Landtag. Langeweile habe er nicht. Dass er abends zu Hause sei, sei eine neue Erfahrung - für ihn und seine Frau.
Der frühere Innenminister beteuert, mit dem Amtsverlust nicht zu hadern. „Ich akzeptiere, dass es so ist.“ Wer in der Politik arbeite, habe einen Vertrag auf Zeit. Er tue sich etwas schwer damit, jetzt sein Auto selber fahren zu müssen. Früher habe er im Dienstwagen während der Fahrt gearbeitet.
Ex-Europaminister Peter Friedrich gibt die hauptamtliche Politik nach elf Jahren auf. Er knabberte heftig an dem SPD-Wahlergebnis und den damit verbundenen Veränderungen in seinem Leben. „Natürlich fällt man erst einmal in ein Loch“, räumt Friedrich ein. Früher arbeitete er oft 90 Stunden in der Woche.
Nach der Landtagswahl habe er viel Zeit für sich gehabt – auch, um zu grübeln, wie es zu dem Wahlergebnis kam. „Man hat erst einmal großen Frust, den man verarbeiten muss.“ Politik macht er jetzt nur noch ehrenamtlich.
Friedrich hat einen Job in der Wirtschaft gefunden. Er zieht vom Bodensee nach Stuttgart.