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STUTTGART
Nachtangelverbot erzürnt Hobby-Angler
Eine ruhige Angelegenheit: In der Nacht ist das Angeln aber in Baden-Württemberg verboten.
Foto: DPA | Eine ruhige Angelegenheit: In der Nacht ist das Angeln aber in Baden-Württemberg verboten.
lsw
 |  aktualisiert: 19.06.2013 17:25 Uhr

Viele Menschen zieht es in den Abendstunden ins Grüne. Egal ob Radler, Jogger oder Skater – alle lieben die Ruhe und frische Luft. Auch Angler genießen die abendliche Idylle an Gewässern und würden am liebsten die ganze Nacht dort sitzen. Doch genau das ist verboten.

Die „Verordnung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum zur Durchführung des Fischereigesetzes für Baden-Württemberg“ vom 3. April 1998 formuliert es unmissverständlich. Der Fischfang mit Angeln, so heißt es da unter Paragraf 3, sei nur „eine Stunde vor Sonnenaufgang bis eine Stunde nach Sonnenuntergang“ gestattet. In der Zeit dazwischen sollen die Fische vor den Anglern verschont bleiben.

Eine Vorschrift, die ambitionierte Hobby-Angler nicht lustig finden. „Spaziergängern oder Jägern ist es gestattet, sich bei Nacht an Gewässern aufzuhalten. Wieso nicht uns Fischern?“, heißt es auf einer Petitionsseite im Internet. Oder: „Sind die Fische in Baden-Württemberg wertvoller, dass man sie nachts nicht beangeln darf? Nein!“, schreibt ein verärgerter Mitstreiter. Grillende Menschen, Spaziergänger oder Hunde seien für die Tiere ein viel größerer Störfaktor als die Angler, findet ein anderer. Auf der Petitionsseite steht weiter: „Angler sind Naturfreunde und keine Feinde! Will die Regierung lieber betrunkene, randalierende Jugendliche? Oder solche, die durch ein Vereinsleben Sozialkompetenzen erlernen? Dann macht den Weg frei!“

Baden-Württemberg ist nach Angaben des Verbandes für Fischerei und Gewässerschutz (VFG) das einzige Bundesland, in dem das umstrittene Nachtangelverbot besteht. „Das macht keinen Sinn, es sei denn, wir sprechen von ausgewiesenen Naturschutzgebieten“, sagt Verbands-Vizepräsident Hans-Rainer Würfel. Viele Fische seien heute nachtaktiver als früher und könnten daher nur nachts gefangen werden.

Zudem sei es für die Angler eine Zumutung, ihre Utensilien zusammenzupacken, nur um sie wenige Stunden später wieder aufbauen zu können. Das sei eine viel höhere Belästigung für die Natur, sagt Würfel. „Dabei sind doch gerade die Angler ruhige Zeitgenossen – deshalb angeln sie ja auch, weil sie die Ruhe genießen möchten.“ Eine Nachtruhe für alle Tiere rund um die Gewässer fordert hingegen Claus-Peter Hutter. „Andere können ihrem Hobby auch nicht nachts nachgehen, also müssen es Angler doch auch nicht tun“, sagt der Präsident der Umweltstiftung Nature Life in Ludwigsburg. Er habe nichts gegen Angler, ein Nachtangelverbot mache aber Sinn. „Die Flora und Fauna ist den ganzen Tag so viel Unruhe und Lärm ausgesetzt – irgendwann muss doch auch mal Ruhe sein.“ Etwas entspannter sieht das der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Ob dieses Verbot Sinn macht, ist die Frage – gerade Angler verhalten sich leise“, sagt BUND-Sprecher Gergely Kispal. Naturschutz komme zustande, wenn sich alle Menschen ruhiger verhielten, vor allem nachts. „Die Gewässer stehen tagsüber unter großem Freizeitdruck, da sollten sich nachts alle zurückhalten.“

Das zuständige Agrarministerium hält sich unterdessen bedeckt. Derzeit werde das Fischereigesetz novelliert, anschließend kümmere man sich um die Verordnung. „Einen Zeitplan können wir nicht nennen, aber so schnell geht das nicht“, sagte Sprecher Ulrich Arzberger. Im Übrigen strebe das Ministerium keine Abschaffung des Verbotes an. „Die nächtliche Ruhezeit ist wichtig für den Tier- und Naturschutz, und schließlich haben die Angler innerhalb von 24 Stunden mehr als 18 Stunden Zeit zum Fischen“, betont Arzberger.

Eine Nachricht, die die Angler wenig freuen dürfte, auch im Hinblick auf die nächtlichen Kontrollen durch Gesetzeshüter. Denn jene Kontrollen, darin sind sich die Hobby-Fischer einig, bedeuten für die Fische mehr Aufregung als das Angeln selbst. Ein Verbotsgegner macht seiner Meinung im Internet Luft: „Die Kontrolleure sind laut und leuchten überall mit ihren Taschenlampen herum – das ist für die Natur stressiger als ein schnarchender Angler.“

 
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