Sie ist eine von nur noch drei Oktogon-Kirchen im Taubertal: die Sigismundkapelle in Oberwittighausen. Der Legende nach soll sie ein Bauwerk von zurückkehrenden Kreuzfahrern gewesen sein, hat also romanische Wurzeln.
Wie Heimatforscher Karl Endres in seinem Buch "Die Sigismundkapelle von Oberwittighausen", das vor zwei Jahren mit Mitteln des Leader-Förderprogramms und des Kulturvereins Wittighausen aufgelegt wurde, beschreibt, gehen einige Forscher davon aus, dass es sogar Templer gewesen sein könnten, die für die Gründung der Kapelle verantwortlich sind.
Ursprünglich waren es sogar vier Oktogon-Kapellen (der Name stammt von der achteckigen Grundform) im Taubertal. Doch von der vierten in Gaurettersheim fehlte bis vor kurzem der Nachweis, so Karl Endres bei seiner Kirchenführung anlässlich der offiziellen Begrüßung der neu gegossenen zweiten Glocke in Oberwittighausen. Diesen Beweis konnte er mit viel Recherche-Arbeit erbringen, berichtete er voller Stolz.
Die Sigismundkapelle, wahrscheinlich die älteste der vier Oktogon-Kapellen, war mehrfach renoviert worden, zuletzt von 1968 bis 1974, berichtete Endres. In seinem Buch beschreibt er, dass bereits seit 1595 zwei Glocken im Turm dieser Kapelle nachgewiesen sind. Im Jahre 1917 wurde die größere Glocke abgenommen und für Kriegszwecke eingeschmolzen – ohne bisher wieder für Ersatz zu sorgen.
Feier jetzt nachgeholt
Der Kulturverein Wittighausen hat dies im Jahr 2022 zum Anlass genommen, um mit Förderung über Leader diesen Verlust zu beheben. Ende November 2022, rechtzeitig vor Ablauf der Abrechnungsfrist, erhielt die neue Glocke zusammen mit der von der Kirchengemeinde im Auftrag gegebenen restaurierten vorhandenen Glocke wieder den Platz im Glockenstuhl.
Da die Glockenweihe und -installation aus Termingründen kurzfristig anberaumt werden musste, holte der Verein jetzt mit dem feierlichen Geläut zum Gottesdienst am 1. Mai dies in einer Feier in und um die Kapelle nach.
Mit Unterstützung der Architektin Barbara Lurz von Brunn, Wittighausen, der Seelsorgeeinheit Grünsfeld-Wittighausen, Oberbaurat Hanno Roters vom erzbischöflichen Bauamt Heidelberg sowie Alfred Beetz, Vorsitzender der Aktionsgruppe Badisch-Franken, gelang es trotz mancher Widrigkeiten (Corona, Lieferengpässe und Terminvorgaben), die Anschaffung der neuen Glocke zu verwirklichen, berichtete die Vorsitzende des Kulturvereins Margarete Geßner.
Kleine Glocke restauriert
Nicht untätig blieb die Kirchengemeinde und gab die Restaurierung der vorhandenen, kleineren Glocke sowie notwendige Sicherungsarbeiten im Obergeschoss, am Aufgang zum Turm sowie in der Glockenstube durch Firma Aeckerle-Holzbau aus Lauda-Königshofen in Auftrag.
Der Glockenguss erfolgte am 27. Oktober 2022 bei Firma Rincker in Sinn bei Wetzlar. Bei einem Durchmesser von 37 Zentimetern beträgt das Gewicht 35 Kilo Glockenbronze (rund 78 Prozent Kupfer, 22 Prozent Zinn und andere Bestandteile).
Am Glockenhelm ist die Umschrift "Hl.Sigismund, Kronensymbol, V.Burgund" aufgetragen, während im Kranz der "Kulturverein Wittighausen" als Stifter und in der Mitte das Emblem der Glockengießerei Rinker mit der Jahreszahl "2022" vermerkt sind.
Alte Einkerbung wieder benutzt
Die Restaurierung der vorhandenen Glocke mit neuem Klöppel, neue Joche für beide Glocken, neue Seile und die Montage vor Ort führte die Firma Dürr aus Rothenburg ob der Tauber fachgerecht aus. Im Glockenstuhl war noch die Einkerbung der ehemaligen vorhandenen zweiten Glocke sichtbar und wurde wieder genutzt. Fertig montiert war das Geläut am 30. November und kündet seitdem weithin von der kleinen Kapelle.
Der Zugang zum Turm ist nur durch eine schmale Treppe im Innern der Außenmauer möglich. Wie schmal, konnte man bei einer Besichtigungstour erleben, die mehrfach angeboten wurde.
Musikalische Begleitung
Im Kirchenschiff fand am Ehrentag sowohl ein Gottesdienst mit Pfarrer Oliver Störr statt, begleitet von den Wittighäuser Musikanten, dem Gesangsensemble "4tuosus" (Wilfried Bauch, Harald Beck, Sabine Steinmetz, Elke Thimm), von Henriette Christoffel mit ihrem Dudelsack und einem Konzert der Schule für Musik und Tanz im Mittleren Taubertal (Lauda-Königshofen) mit dem Blockflötenquartett (Romy Schmieg, Kristin Hornung, Heike von Brandenstein, Leiterin: Tina Zaß) und dem Querflötentrio und -duett (Antonia Koke, Nele Maxima Sigl, Stefanie Helmer, Leitung: Stefanie Helmer).
Und auch außerhalb der Kirche war viel geboten an diesem Tag.